Generation A
Bodenschätze unter dem eigenen Grundstück, aber nicht der Luftraum darüber.«
»In dem Moment, in dem das Biest hier auf unserer Schwester Schandmaul gelandet ist«, meinte Mitch, »war es nicht mehr in der Luft und ist damit mein Eigentum.«
»Nur wenn Sie Dianas Körper auch besitzen«, konterte Erik.
»Aber Sklaverei ist derzeit illegal. Also gehört die Biene Diana.«
Eriks Frau sah sich das Insekt genau an. »Ich hatte ganz vergessen, wie klein die sind. Wenn man bedenkt, dass man Angst vor ihnen hatte. Und guckt mal, sie hat Pollen gesammelt. Seht ihr? Ihre kleinen Höschen sind ganz voll.«
Mir schwante, dass ich gehen sollte, bevor Mitch seine Raffgier nicht mehr zügeln konnte, daher summte ich in einer Schwänzelgeraden (ja! Ein Wortspiel! Ich weiß, Wortspiele sind unlustig, aber ich liebe sie! Das kommt wahrscheinlich vom Tourette) in meinen Bienenstock, wo ich die Küchentür hinter mir zumachte und abschloss, während Mitch, Erik und Eriks Frau ein dummes Gesicht zogen. Ich wischte etwas Zimt und Zucker beiseite, Reste vom Frühstückstoast, und legte die Biene auf einem weißen Blatt Papier auf den Küchentisch.
Wir alle wünschten uns die Bienen zurück, aber tief im Herzen glaubte keiner von uns, dass wir ihre Wiederkehr verdienten und ich muss dann ausgerechnet eine totschlagen. Meine Schläfen pochten wie wild. Ich gab mir die Schuld, dass dieses Lebewesen nun tot war, weil ihm eingefallen war, mich zu stechen. Mir war klar, dass ich die Behörden informieren musste.
Ich fing schon an zu beten, da fiel mir wieder ein, dass ich nicht nur gestochen, sondern kurz zuvor auch exkommuniziert worden war.
Ich ließ die Hände sinken und dachte über den Akt des Betens nach. Gehen beim Beten Wellen von meinem Körper aus wie bei einem Handy? Oder sende ich permanent Wellen aus, selbst beim Spülen? Werden diese Wellen durch gezieltes Beten einfach nur verstärkt? Wie funktioniert es physikalisch, wenn Gebete »erhört« werden?
Ich wollte beten, konnte mich aber nicht dazu überwinden. Tierquälerei, Exkommunikation und ein Stich von der ersten Biene in Kanada seit Gott weiß wann, nicht zu vergessen der abhanden gekommene Glaube an die Macht des Gebets - das war eine halbe Stunde gewesen, die es in sich hatte. Und es war noch nicht vorüber. Während ich noch die Biene auf dem weißen Blatt anstarrte, begann Mitch gegen die Tür zu hämmern. »Gib mir meine Biene zurück, du verrücktes Aas!« Die Tür wackelte, und ich bezweifelte, dass sie einem massiven Mitch-Angriff würde standhalten können, daher nahm ich die Biene und zog mich in den Schutzkeller zurück, den ich von innen verriegelte. Das war keine Feigheit; ich dachte einfach nur praktisch, ich wollte ja nicht, dass meinem Exemplar etwas zustieß. (Einige Wochen später sollte ich mir auf Archivmaterial aus den Fernsehnachrichten ansehen, wie Mitch auf dem Rasen vor meinem Haus von der Polizei überwältigt wird, sein Gesicht in den Löwenzahn und Sauerampfer gedrückt, seine Arme mit berückendem Kraftaufwand auf den Rücken gedreht und in Handschellen gelegt. Ahhh ... exzessive Polizeigewalt. Daran könnte ich mich gewöhnen.)
Etwa fünf Minuten später klopfte es an der Tür. Zu meiner großen Erleichterung war es die Polizei in ABC-Schutzanzügen. Ein bisschen viel des Guten? Durch ihr Plastik verlangten sie: »Geben Sie uns die Biene. Geben Sie uns die Biene.« Das tat ich. Sie wurde in eine kleine Schachtel gelegt, so eine wie für Eheringe. Als ich meine Kellertreppe hochkam, musste ich feststellen, dass mein Haus in weiße Polypropylenfolie gehüllt war. Draußen wurde die gesamte Nachbarschaft damit eingepackt. Zum ersten Mal in meinem Leben kam mir die Zukunft futuristisch vor.
Ich glaube, ich verkaufe mich hier als Frau mit Eiswasser in den Adern, wenn ich das ganze Mitch-und-Kayla-Debakel, meinen Bienenstich und die Brutalinskis in ihren Schutzanzügen anspreche, als schriebe ich eine Hausarbeit über die Kongokrise 1962. Ich bin wirklich eine furchtbare Heuchlerin.
Ich habe noch nicht erwähnt, dass während der gesamten Bienenstichepisode ein Viertel meines Gehirns ausschließlich mit der Frage beschäftigt war, wie ich es anstellen konnte, ein Vier-Sterne-Tranchiermesser von Zwilling in die perlenkettengeschmückte Kehle von Eriks Frau zu rammen, damit sie meiner Vernarrtheit in ihn nicht mehr im Weg stand - ein weiteres Viertel aber auch Erik zum Lake Nipissing zerren und ihn darin ersäufen wollte, weil er
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