Generation A
gesprüht hatte.
Mein Haus selbst war unverschlossen und alles darin in Stapeln oder Reihen aufgestellt und mit Permanentmarkern numeriert. Viele Gegenstände befanden sich in verschließbaren Plastikbeuteln selbst ein uralter Flyer vom Pizzaservice, den ich, wie mir wieder einfiel, am Morgen des Stichs weggeworfen hatte. Heilige Scheiße das alles wieder an seinen Platz zu stellen, war eine Aufgabe, die mir unlösbar schien. Andererseits hatte meine Bude noch nie so aufgeräumt und sauber ausgesehen wie jetzt.
Ich setzte mich in einen Sessel, der in ein dickes, durchsichtiges Plastikkondom gehüllt war. Ich hatte Hunger. Ob irgendwas Essbares im Schrank war? Ich fand achtundvierzig von diesen Dosen mit Flüssignahrung, die Senioren so gerne zu sich nehmen. Welche Freude. Das Erste, was ich als freier Bürger tun würde, wäre, zur Bank zu gehen, etwas Geld abzuheben und mir einen Apfel zu kaufen, egal wie viel sie dafür haben wollten. Ich brauchte was, in das ich reinbeißen konnte, dass es krachte.
Einen Schokoladen-Boost trinkend, schlenderte ich ins Gästezimmer (in Wirklichkeit der Raum, in dem ich meine Hanteln und meinen kaputten Hometrainer aufbewahrte) und entdeckte einen Berg von Postsäcken. Heilige Scheiße! Ich schnappte mir einen und zog einen x-beliebigen Brief heraus. Er stammte von einer Großmutter aus Michigan, die mir ein Gedicht über Bienen geschrieben hatte. Sie hatte einen Memorystick beigelegt, der ihre Zeilen in vertonter Form enthielt. Ich lernte schnell, dass Fanpost unglaublich komisch und zugleich unglaublich langweilig war.
Ich war gerade bei meinem dritten Boost und meinem zehnten Brief, als mein Handy klingelte. Ich hatte vergessen, dass ich überhaupt eins besaß. Der Klingelton war »Africa« von Toto: Onkel Jay.
»Du solltest doch erst morgen ankommen, nicht heute, Schwachkopf.«
»Ich weiß nicht mal, was für einen Tag wir heute haben. «
»Es ist Samstag.«
»Wer hat dir gesagt, dass ich morgen ankommen würde? «
»Diese Frau von der Seuchenkontrollbehörde. «
Man beachte das Fehlen einer Begrüßung. Onkel Jay ist die Herzenswärme in Person.
»Danke, mir geht's gut, Onkel Jay. Und selbst? «
»Klugscheißer.«
Ich fragte: »Und was passiert jetzt? «
»Was meinst du?«
»Was soll ich jetzt anfangen? Den ganzen Tag mit meiner Wii rumhängen?« Jedenfalls keinen Ackerbau - das stand fest. Ein Brief von Monsanto Corn hatte mich wissen lassen, dass sich immer noch renitente Genspuren auf meinem Grund und Boden fanden.
»Wie wär's, wenn du was anderes als Mais anbauen würdest?«
»Mais hält immer noch diesen Staat am Laufen. Du weißt, dass daraus nichts würde.«
»Da sagst du was Wahres«, meinte Jay. »Mir scheint, du verfügst nun über die schönste und schlimmste Sache auf Erden zugleich.«
»Und das wäre was?«
»Zu viel freie Zeit.«
»Ich hatte gerade einen ganzen Monat frei, davon hab ich für immer die Nase voll.«
Auf dem Tisch lag ein Stapel Wellbutrin-Post-it-Zettelchen.
Während ich sie anstarrte, merkte ich, wie sehr ich Logos und Markennamen vermisst hatte.
»Du bist doch nicht ansteckend oder so was?«
»Leck mich, Jay.«
»Das sagt man nicht.« Dann meinte er: »Wenn ich dich in einer einzigen Talkshow sehe, wenn du irgendwas Abartiges ins Internet stellst oder ich sonst irgendeine publicitygeile Aktion mitkriege, dreh ich dir den Hahn zu. Berühmtsein macht nur Ärger.«
»Kapiert.«
Im Fernsehen zu sein ist witzig. Fernsehproduzenten lieben mich, weil ich anders als die meisten Menschen kein Blatt vor den Mund nehme. Was ich denke oder empfinde, spreche ich auch aus. Außerdem tun Fernsehproduzenten nichts lieber, als heimlich meine leeren Getränkedosen aus dem Müll zu stehlen: DNS-Trophäen.
F: Glauben Sie, die Biene hat Sie angegriffen?
A: Ich glaube nicht, dass Bienen Menschen angreifen.
F: Haben Sie sich als Kind für Insekten interessiert?
A: Klar. In der zweiten Klasse hat Justin Di Marco behauptet, ich war ein Schisser und würde mich nicht trauen, eine tote Feuerameise zu essen. Der Penner, ich hab eine lebende gegessen.
F: Wie hat die geschmeckt?
A: Knusprig. Salzig. Im Grunde macht's keinen großen Unterschied, ob man nun einen Hummer isst oder ein Insekt. Der Hummer ist bloß größer. Fliegende Insekten betrachte ich als Flughummer.
F: Sie sind selbst Landwirt. Das macht sicher viel Arbeit.
A: Ja und nein. Normalerweise bin ich sogar zu faul, die Shift-Taste zu drücken, wenn ich schreibe, aber
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