Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Generation A

Generation A

Titel: Generation A Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
mir nicht sicher. Ein Transsexueller, als Frau geboren, nun ein Kerl, höchstwahrscheinlich. Können Vögel an einer Störung der Geschlechtsidentität leiden?«
    »Es könnte der erste nachgewiesene Fall sein. Was für eine Art Vogel soll Tweety überhaupt sein?«
    »Ein Kanarienvogel?«
    »Ein Kanarienvogel, klar - wenn man voll auf Peyote ist.“
    »Tweety hat jedenfalls einen Wasserkopf. Und dann noch dieses Stimmchen ...«
    Julien versuchte es nachzumachen, und das war kein Vergnügen.
    »Tweety ist einfach rundum unheimlich«, meinte ich.
    Wir starrten noch ein bisschen auf die Zahnpastatube. Dann sagte Julien: »Biologisches und soziales Geschlecht sind eigentlich irrelevant bei Tweety, ihn oder sie kann man sich sowieso nicht beim Sex vorstellen.«
    »Wilder rotärschiger Affensex.«
    »Sex mit Toys.«
    Es war ein schöner Moment. Ein verbindender Moment. Und so tranken wir den Löwenzahnwein aus, und Julien begann über irgendeinen japanischen Sci-Fi-Kult zu palavern, auf den er steht, Kampfstern Tomato. Mein Blick trübte sich. Dann fing er an, mir diese Internetwelt zu erklären, nach der er süchtig ist, was meinen Vollrausch noch schneller herbeiführte. So was hatte ich schon lange nicht mehr gemacht, und es war ein Riesenspaß.

HARJ
    Oh, wie war ich verbittert, dass mir die Gelegenheit zu sinnlicher Erfüllung mit Andrea entging! Und oh, wie schockiert, festzustellen, dass die Craigs farblich abgestimmte Solon-Konsumenten waren. Ich purzelte aus dem Fenster im ersten Stock in die Überreste einer abgestorbenen Magnolie, nur um dann plop auf so einem Poolspielzeug, einem Werbegeschenk einer mexikanischen Biermarke, zu landen, das kaum noch Luft hatte. Durch ein Fenster sah ich, dass das Haus voller Nicht-Craigs war, während der Klang von Sirenen und Hubschraubern mir ankündigte, dass sich meine Situation nur noch verschlimmern konnte. Also hielt ich auf das Wäldchen hinterm Haus zu, was mich seltsamerweise an einen Spaziergang durch den Gomarankadawela-Park beim alljährlichen Mangustenfest erinnerte.
    Glücklicherweise bin ich schnellfüßig und kam nach wenigen Stunden an der Interstate 71 heraus, die, wie ich von Google-Maps wusste, in Louisville, Kentuckys berühmtem »Spaghettiknoten«, begann und gut dreißig Kilometer südlich von Cincinnati endete.
    Kentucky - wieder etwas Neues zu entdecken.
    Es war eine herrliche Wanderung. Tief in der Nacht verstrichen Stunden, ohne dass ein Auto vorbeifuhr. Ich ging mitten auf der Überholspur, wo ich die neugeborenen Grashalme fühlte, die durch das Pflaster brachen - sie kitzelten den Saum meiner Jeans. Gelegentlich sprang ein aufgeschreckter Hirsch davon, und ich konnte eine oder zwei Zikaden hören. Ich hatte das Gefühl, erst jetzt richtig in Amerika zu sein und dass meine Zeit bei den Craigs nur ein Traum gewesen war, einer von der Art, wie ich ihn träumte, wenn ich eines der überwürzten Schmorgerichte von Hemeshs untalentierter Frau gegessen hatte.
    Was erwartete mich noch an schlimmen Folgen, weil ich den niederen Weg gewählt hatte? Wo würde er mich auf lange Sicht hinführen? Was würde ich anfangen? Um hier Entscheidungen treffen zu können, brauchte ich eine Verschnaufpause. Ich entfernte mich ein Stück von der Straße, krabbelte in das wuchernde Gras und schlief ein. Was mich weckte, war das seltsame Zusammenspiel von greller Sonne und einem recht heftigen Regen - und dem Geräusch eines Gewehrs, das gespannt wurde, im Ohr.
    »Okay, Schläferzelle, dann mal hopp-hopp.«
    »Es tut mir unendlich leid, Sir, aber Sie haben die falsche Person.
    Mein Name ist Harj Vetharanayan, aber die Leute rufen mich meistens Apu.«
    »Auch noch Komiker, was?« Mit einem flinken Ruck rammte er mir seinen Gewehrkolben in die Brust wie einen Schlagbohrer.
    Sein Gesicht war melonenrund, aber schweinchenrosa. Ein Tröpfchen Spucke traf meinen linken Wangenknochen. »Wir haben ihn, Jungs!« Die Kollegen des Bewaffneten sammelten sich um ihn. »Ich bin Sheriff Clancy Wiggum, und heute ist ein herrlicher Tag, um ein bisschen Terror zu machen, hmm, Schläferzelle?«
    »Wer ist diese Person, die ich angeblich sein soll? Ich bin das nicht.«
    »Nun sag doch mal, Zellenbruder, welcher von beiden hat dir besser gefallen - der Nordturm oder der Südturm?“
    »Bitte was?«
    Chief Wiggum schikanierte mich weiter mit absurden Beschuldigungen, während die anderen mich in Handschellen legten und mich auf den Rücksitz eines viertürigen Sheriffsautos bugsierten, das in

Weitere Kostenlose Bücher