Genesis Secret
helfen?«
»Es ist kein geläufiges Wort. Es taucht meines Wissens nur ein einziges Mal in der englischen Literatur auf. Und das ist der springende Punkt. Denn die Passage, in der es vorkommt, befindet sich in Joyces erstem Meisterwerk, Ein Porträt des Künstlers als junger Mann. Und wenn mich nicht alles täuscht, könnte dieser Abschnitt einen wichtigen Hinweis enthalten, der uns weiterhilft.« Sie schaute in die Gesichter um sie herum. »Bei alldem müssen Sie sich vor Augen halten, dass wohl kaum jemand besser über Dublin Bescheid wusste als Joyce. Er kannte jede Legende, jedes noch so kleine Detail, jede Anekdote, und er hat alles in seine Bücher einfließen lassen.«
»Na schön, meinetwegen«, sagte Rob skeptisch.
»Joyce kannte bestimmt jedes Geheimnis und jede Legende über den Irish Hellfire Club. Und was seine Mitglieder alles getrieben haben.« Christine schlug den Block zu. »Deshalb vermute ich, dass diese Passage einen Hinweis darauf enthält, wo wir finden können, was wir brauchen, um Lizzie zu retten.« Sie schaute über den Fluss. »Und wenn mich nicht alles täuscht, ist gleich dort drüben eine Buchhandlung.«
Rob drehte sich um. Auf der anderen Seite der filigranen Fußgängerbrücke, am anderen Ufer der trägen Liffey, war eine Filiale von Eason’s.
Die sechs überquerten den Fluss und betraten, sehr zur Überraschung des jungen Verkäufers, alle zusammen die Buchhandlung. Christine steuerte sofort auf die Abteilung Irische Klassiker zu. »Hier.« Sie zog eine Ausgabe von Ein Porträt des Künstlers als junger Mann heraus und begann fieberhaft darin zu blättern. »Und hier … sind … die Seiger-Seiten.«
»Lies vor.«
»Die Seiger-Passage ist ziemlich genau in der Mitte des Buchs. Stephen Dedalus, der Held, der Künstler des Titels, sucht seinen Tutor auf, einen jesuitischen Rektor für Englische Literatur am University College Dublin. Sie führen ein Gespräch über philologische Fragen. Und hier schalten wir uns jetzt zu. Hier steht, ich zitiere: >Um wieder auf die Lampe zu kommen, auch ihr Auffüllen gibt einem ein hübsches Problem auf. Man muss reines Öl wählen … und darf nicht mehr eingießen, als der Trichter fassen kann.<« Sie blickte in die erwartungsvollen Gesichter um sie herum auf. »Ich gebe hier einen Dialog wieder. Aber erwarten Sie bitte keinen Akzent von mir.« Sich wieder dem Buch zuwendend, las sie weiter: »>Was für ein Trichter?, fragte Stephen. - Der Trichter, durch den Sie das Öl in Ihre Lampe gießen. - Das?, sagte Stephen. Nennt man das Trichter? Ist das nicht ein Seiger?<« Christine hörte zu lesen auf.
Rob nickte bedächtig. »Sie unterhalten sich also über Trichter. Und wo soll da der Hellfire-Bezug sein?«
»Die Passage, die uns in diesem Zusammenhang interessieren muss, befindet sich ein, zwei Seiten weiter.« Christine blätterte, die Seiten überfliegend, weiter. »Hier ist sie: >Aber um die Bäume in Stephens Green war das Arom von Regen, und die regendurchweichte Erde strömte ihren tödlichen Duft aus, einen schwachen Weihrauch, der aus vielen Herzen aufstieg durch die Humusfäule … er wusste, wenn er das düstere College beträte, wäre er sich augenblicklich einer anderen Verderbnis bewusst als der von Buck Egan und Burnchapel Whaley.<«
Jetzt nickte Rob eifrig.
»Warte, es kommt noch mehr.« Sie blätterte eine Seite weiter und las ruhig vor: »>Es war zu spät, noch zur Französischvorlesung hochzugehen. Er durchquerte die Vorhalle und bog links in den Korridor, der zum Physiksaal führte. Der Korridor war dunkel und still, aber nicht augenlos. Warum hatte er das Gefühl, dass der Gang nicht augenlos war? Weil er gehört hatte, dass es zu Buck Whaleys Zeiten dort eine Geheimtreppe gab?<« Sie klappte das Buch zu.
In der Buchhandlung war es still.
»Ah«, sagte Dooley.
»Ja!«, sagte Boijer.
»Aber so offensichtlich kann es doch wohl kaum sein«, sagte Sally stirnrunzelnd. »Eine Geheimtreppe. Einfach so? Warum haben dann diese Wahnsinnigen nicht dort nachgesehen?«
»Vielleicht haben sie nie Joyce gelesen«, sagte Forrester.
»Hört sich alles durchaus einleuchtend an«, bemerkte Dooley. »Wenn man es mal historisch betrachtet. Der Whaley-Zusammenhang stimmt. Am St. Stephen’s Green gibt es zwei große Häuser.
Und ich bin sicher, eins von ihnen wurde für Richard Burnchapel Whaley erbaut.«
»Das Haus steht noch?«, fragte Rob.
»Natürlich. Ich glaube, beide Häuser werden heute noch von der Universität
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