Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder
immer wieder mit seinem Namen verbanden.
Ein Meilenstein in der Energietechnik war das große Kraftwerk an den Niagarafällen, das am 26. August 1895 erstmals Strom lieferte. Zehn jeweils 85 Tonnen wiegende Westinghouse-Generatoren erzeugten eine Leistung von insgesamt sechzig Megawatt. Ein Bronzeschild verwies auf neun Patente Teslas, die diesem Wunderwerk zugrunde lagen, seit 1976 erinnert eine Statue an den großen Erfinder.
Brillant, aber glücklos, möchte man sagen. Nach seiner Kündigung bei Westinghouse war Tesla nach New York zurückgekehrt und wohnte im Astor-Hotel am Broadway, einer der nobelsten Adressen der Stadt. Er arbeitete zwar bei Bedarf als Berater bei Westinghouse, aber das Thema Generatoren und Motoren hatte er hinter sich gelassen. Stattdessen interessierte er sich für Versuche, die der deutsche Physiker Heinrich Hertz ab 1887 an der Technischen Hochschule in Karlsruhe ausgeführt hatte.
Mit einer trickreichen Anlage hatte Hertz Wechselspannung erzeugt und diese an die beiden Arme einer Sendeantenne angeschlossen. Zwischen den beiden Enden dieser Metallstäbe befand sich ein schmaler Luftspalt. Schaltete Hertz die Spannung ein, so entluden sich in dem Spalt kleine Funken, die nach Hertz’ Berechnungen rund hundert Millionen Mal proSekunde hin- und herzuckten. Eigentlich wollte Hertz nur die Entladungen selbst untersuchen, doch da bemerkte er, dass auch in dem Luftspalt einer nahe stehenden zweiten Antenne winzige Funken übersprangen, obwohl beide Antennen nicht miteinander verbunden waren. Hertz schloss daraus, dass von den Funken der ersten Spule elektrische Schwingungen ausgegangen sein mussten, die den Raum durchquert und in der zweiten Spule die winzigen Funken ausgelöst hatten.
Heinrich Hertz hatte damit die zwanzig Jahre zuvor von dem schottischen Physiker James Clerk Maxwell theoretisch vorhergesagten elektromagnetischen Wellen entdeckt. Und er hatte damit den Grundstein für die gesamte Radioübertragungstechnik gelegt. Die Bezeichnungen Funktechnik und Rundfunk erinnern noch heute an diese Versuche, obwohl Radiowellen schon lange nicht mehr mit Funken erzeugt werden.
Ohne Zweifel ließ sich mit den Hertz’schen Wellen Energie übertragen. Wie sonst hätte in der zweiten Antenne plötzlich ein Funke entstehen können. Dieser Gedanke beflügelte Tesla, als er in seinem Labor ab 1890 Hertz’ Experimente nachbaute. Er kam schnell zu denselben Ergebnissen, doch reichte ihm die Übertragungsleistung nicht aus. In aufwändigen Versuchen gelang es ihm schließlich, einen Transformator zu bauen, der die Hausspannung auf bis zu 15000 Volt hochtransformierte und dann in einer Funkenstrecke entlud. Hierbei geschah es einmal, dass eine Geißler-Röhre, die in der Funktion den heutigen Neonröhren entsprach, zu leuchten begann – ein Wunder! Mit diesen Versuchen begann Teslas Leidenschaft für die drahtlose Energieübertragung, die ihn nie wieder loslassen sollte.
Tesla führte Freunden und Journalisten seine Entdeckung vor. »Von einer Führung durch Nikola Teslas Labor nicht überwältigt zu sein, erfordert einen ungewöhnlich standhaften Geist«, erinnerte sich später ein Journalist. Höhepunkt eines solchen Besuchs war Teslas Selbstversuch: Er stellte sich zwischenzwei Elektroden und erhöhte langsam die angelegte Wechselspannung, bis schließlich »Myriaden von Flammenzungen aus jedem Teil seines Körpers zuckten«. 12 Bald kannte jeder in der Stadt den Namen Tesla, den Zauberer der Elektrizität, der es zudem verstand, die Menschen in mitreißenden Vorträgen in seinen Bann zu ziehen. Doch auch die Fachwelt staunte. Auf einer Europareise beeindruckte Tesla vor allem in London und Paris bedeutende Physiker seiner Zeit.
Auf dieser Reise lernte Tesla in Karlsruhe auch Heinrich Hertz kennen. Es muss eine denkwürdige Begegnung gewesen sein: auf der einen Seite der dreißig Jahre junge Physikprofessor und vielleicht weltweit beste Kenner der Maxwell’schen Theorie, auf der anderen Seite der umtriebige Erfinder ohne abgeschlossene Ausbildung. Offenbar endete das Gespräch zwischen den beiden im Desaster. Hertz war nämlich davon überzeugt, dass die von ihm untersuchten elektromagnetischen Wellen sogenannte Transversalwellen sind, wie Licht. Tesla hingegen sträubte sich gegen diese Meinung und behauptete, die erzeugten Schwingungen würden sich wie Schallwellen longitudinal »durch abwechselnde Kompression und Expansion« 13 eines gasförmigen Mediums fortpflanzen. Auch »Licht kann
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