Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder
dass Tesla seinem Sponsor Morgan von konkreten Erfolgen berichten konnte. Der erkannte seine Fehlinvestition, ließ Tesla abblitzen und engagierte sich schlauerweise stattdessen in dem neuen Unternehmen Marconi Wireless. Unbeirrt schrieb Tesla ihm Briefe, in denen er mit gewohnter Selbstüberschätzung bemerkte, Morgans Werk sei vergänglich, seines hingegen unsterblich. Das half natürlich nicht. Tesla war pleite und hatte nichts erreicht. Was blieb, waren Schulden.
Dennoch hielt er sich im Gespräch. So äußerte er sich zunehmend zu der Nutzung erneuerbarer Energie und machte Vorschläge, die aus heutiger Sicht interessant sind, damals jedoch keine Beachtung fanden. So schlug er vor, die in die Atmosphäre entlassenen Abgase aus der Eisen- und Stahlherstellung für die Energieerzeugung zu nutzen. »Der Wert dieser Energie würde ungefähr 180 Millionen Dollar pro Jahr betragen«, 18 rechnete er vor. Und er träumte weiter davon, aus dem Äther Energie abzuzapfen. Standhaft weigerte er sich, die 1905 von Einstein aufgestellte Relativitätstheorie anzuerkennen, nach der es gar keinen Äther gibt. Auch die zehn Jahre später von Einstein entdeckte Raumkrümmung war ihm zuwider: »Ich glaube, dass der Raum nicht gekrümmt sein kann, aus dem einfachen Grund, weil er keine Eigenschaften haben kann. Man könnte genauso sagen, dass Gott Eigenschaften besitzt.« 19 Auch hier wird wieder schmerzlich erkennbar, dass Tesla nie eine gründliche physikalische Ausbildung genossen hat.
Die Jahre bis zum Ersten Weltkrieg waren ein ständiger Kampf gegen einen enormen Schuldenberg. Westinghouse forderte sein Geld für die nach Wardenclyffe gelieferten Generatoren. J. P. Morgan jr. bestand auf der Rückzahlung der 150000 Dollar, sogar Altschulden aus seinem Colorado-Springs-Projekt wurden eingefordert. Das verleitete Tesla dazu, von 1914 bis 1915 eine auf Long Island stehende und für die Kriegsplanung wichtige Sendestation der Deutschen zuverbessern. Als die Amerikaner die Station im Juli 1915 übernahmen, wurde Tesla natürlich zur persona non grata.
In den letzten drei Jahrzehnten musste er einige Patentstreitigkeiten (zum Beispiel mit Marconi) vor Gericht ausfechten. Er entwarf noch eine Turbine, schwärmte von einer Strahlenwaffe, entwarf einen Senkrechtstarter und träumte von der Nutzung der Raumenergie – es half alles nichts mehr. Niemand nahm den alten Mann noch ernst, der sich mehr und mehr zurückzog, zum Leidwesen des Hotelpersonals in seinem Zimmer Tauben versorgte und seine Neurosen pflegte.
Doch so ganz vergaß ihn die Welt nicht. So verliehen ihm insgesamt zwölf Universitäten den Ehrendoktor, er erhielt mehrere Auszeichnungen, und die jugoslawische Regierung offerierte ihm zu seinem achtzigsten Geburtstag eine monatliche Rente von 600 Dollar. Zudem hatte er von der Firma Westinghouse eine Monatsrente von 125 Dollar zugesprochen bekommen, so dass er mit allen Annehmlichkeiten in dem piekfeinen Hotel New Yorker residieren konnte.
Am 8. Januar 1943 fand ein Zimmermädchen Nikola Tesla tot in seinem Bett liegend. Der herbeigerufene Arzt stellte Herzversagen fest, das offizielle Todesdatum ist der 7. Januar. Seine Unterlagen wurden zunächst konfisziert und von einem Fachmann für nationale Verteidigung durchgesehen. Auch die Geheimdienste interessierten sich für Teslas Notizen, vor allem wegen seiner Überlegungen zu einer Strahlenwaffe. Heute lagern diese Dokumente im Nikola-Tesla-Museum in Belgrad.
Was ist von Tesla geblieben, wie ist seine damalige Leistung aus heutiger Sicht zu beurteilen? Sicher war er nicht der »Übermensch«, wie ihn seine Biografin Margaret Cheney unter anderem bezeichnete. Er war aber einer von fünf oder sechs Erfindern und Technikern, die am Ende des 19. Jahrhunderts das elektrische Zeitalter begründeten. So zumindest beurteilt ihn Bernard Finn vom National Museum of American History an der Smithsonian Institution. Mit seiner Erfindungdes rotierenden Magnetfeldes im Innern eines Elektromotors lieferte Tesla einen entscheidenden Beitrag für die Etablierung der Wechselspannung. Seine zweite große Erfindung betrifft die drahtlose Übermittlung von Signalen, die das Fundament für die spätere Radio- und Fernsehtechnik legte. Im Rahmen dieser Forschung verfolgte er auch die Frage, ob die Atmosphäre Radiowellen leiten kann. Heute wissen wir, dass es ab achtzig Kilometern Höhe tatsächlich eine leitfähige Schicht gibt, die Ionosphäre. Weltweit hielt Tesla an die 300 Patente. Er
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