Gentec X 01 - Das Ende der Menschheit
auf mich. Er sah aus wie ein Farbiger mit Irokesenfrisur, ob er nun geklont oder nachgebaut oder später gentechnisch verändert war, wusste ich nicht.
An seiner hellgrauen Uniform, der Einheitskleidung der Gencoys des Hydes, war ein Namensschild. Smith stand darauf, sehr prosaisch.
Smith winkte den Gendog und das Monster am Dach zurück.
»Aufstehen!«, befahl er mir. »Keine falsche Bewegung.«
Ich gehorchte, es blieb mir nichts anderes übrig.
»Wer sind Sie?«
»Janet Ferris, Laborangestellte bei Gentec, Abteilung C 937.«
»Das ist oben. Was haben Sie hier im Hype zu suchen?«
»Ich wurde heruntergeschickt, um einen Auftrag zu erledigen.«
Verzweifelt suchte ich nach einem Ausweg, doch ich erkannte keinen. Gefangennahme war das Günstigste, was mir blühte.
»Von wem?«
»Dr. Silberman, meinem Abteilungsleiter.«
»Sie lügen. Ich werde Sie jetzt eliminieren. Ihr seid Abfall, nur eure Gehirnsubstanzen und molekularbiologischen Ressourcen sind zu verwerten.«
Mein Herz hämmerte. Es war aberwitzig.
»Wenn Sie mich mit dem Laser erschießen, werden Sie mich beschädigen.«
»Das muß Ihr Kummer nicht sein. Es bleibt schon genügend übrig. Zudem gibt es genug von euch. Acht Milliarden Bazillen.«
Ich begriff, dass diese Wesen, wer immer sie befehligte, nicht mit den Menschen verhandeln würde. Sie würden mit uns genauso wenig eine Allianz schließen oder zu einem Abkommen gelangen wollen wie wir mit den Küchenschaben. Schöne neue Welt! Die Menschheit war schon so gut wie erledigt.
Ich hätte dagegen ankämpfen können, aber ich war schon so gut wie tot.
Gencoy Smith krümmte langsam den Finger am Abzug. Einen gewissen Hang zum Sadismus, nämlich den Tod hinauszuzögern, hatten die Gencoys anscheinend. Oder der Gencoy vor mir wollte sicher gehen und nahm sich Zeit mit dem Zielen, um meine wertvollen Ressourcen nicht über Gebühr zu beschädigen.
Er wollte mich killen, so wie ein Insektenforscher oder -sammler einen Schmetterling aufspießte, damit er möglichst gut erhalten blieb. Wenn der Schmetterling noch lebte, wollte der Insektenforscher auch nicht, dass er litt – oder er machte sich wenig bis keine Gedanken darüber.
Für ihn war es sozusagen ein technischer Vorgang.
Hier auch.
In der nächsten Sekunde würde ich sterben.
*
In dem Moment gab es eine heftige Erschütterung. Das Licht flackerte, Bahnsteig und Zug bebten. Und nicht nur der Zug, in dessen Abteil ich steckte. Die ganze Station des Hype wurde von Schockwellen erschüttert.
Gencoy Smith fiel genauso zu Boden wie ich und die anderen im Abteil und am Bahnsteig. Das Monster auf dem Dach und den Gendog schüttelte es durch. Ich knallte Smith den Absatz ans Kinn, und als er sich benommen streckte – so toll waren die Gencoys oder zumindest der vor mir nicht – grabschte ich mir die Pistole.
Schuß schräg nach oben, das Monster am Abteildach zuckte mit versengter Klebezunge zurück. Dem Gendog verpasste ich einen Laserschuß in die Seite, dass er aufjaulte, allerdings in einer Art, die einen bis in die Alpträume verfolgen konnte.
Er wich zurück. Die Gencoys am Abteil stellten keine direkte Gefahr für mich dar.
Der Zug wackelte wieder, abermals liefen eine dunkle Sphäre und Schockwellen durch die gewaltige Halle. Hiram Oldwaters Stimme, die die ganze Zeit fromme Sprüche – aus seiner Sicht – gesülzt hatte, veränderte sich wie bei einem defekten Tonträger, der den Geist aufgab.
»Wiuuuuuuuuuuuu ind ieeeeeeeeeeeeeeee eueeeeeeeeeee aaaaaaahhhhseeeeeeeeeeeee.«
Dann sprühten am Dach oben Funken. Leck mich, dachte ich, aufgeputscht und mit Adrenalin aufgeladen. Fuck you.
Ich zog mich am Sitz hoch, das Haar fiel mir ins Gesicht, ich blies es weg.
Alarmsirenen schrillten. Am Bahnsteig lag alles flach. Und auf dem Bahnsteig, beim Sonderzug nach De Kalb zur Villa von Gencoy One, sah ich eine Szene, die ich mein Lebtag nicht mehr vergessen würde. Es war unfassbar.
Der De Kalb-Bahnsteig lag hundertfünfzig Meter entfernt etwas tiefer als der, auf dem ich mich im Zug befand. Dort zuckten Blitze.
Eine Lautsprecherstimme dröhnte: »Spider-Alarm, Achtung, Spider, Spider, Spider! Alles in Deckung! Alarm an alle Kampfeinheiten!«
Das in der Luft fliegende quallenförmige Wesen, oder mit einem Seerochen vergleichbar, das mir zuvor schon aufgefallen war, stürzte sich auf den De Kalb-Bahnsteig nieder. Der Zug dort war durchsichtig geworden wie Glas. Der Container, der zuvor unter strikter Bewachung eingeladen
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