Gentlemen, wir leben am Abgrund
is a move, too«, sagte Pavi ć evi ć , »keine Reaktion ist auch eine Reaktion«. Der Coach stand auf. »Let’s get to work«, kommandierte er, und die Mannschaft erhob sich und machte sich auf den Weg zur Halle.
Zum ersten Mal in der Trainingshalle: exzellentes Parkett und gekühltes Wasser. Im verglasten Kraftraum trainierten slowenische Kickboxer, ein großflächig tätowierter Gigant trat einen Sandsack aus der Verankerung, Kranjska Gora – Universe of Fun stand auf einem Werbebanner. Auf dem Weg durchs Dorf herrschte eine angespannte Stille. Jetzt würde es losgehen, aus der Theorie würde verschwitzte Praxis werden. Jenkins tauschte seine Badeschlappen gegen die Basketballschuhe, Tommy Thorwarth rollte die Ballkiste in die Halle. Der Coach rief das Team im Mittelkreis zusammen und fasste sich kurz, es war bereits alles gesagt. Pavi ć evi ć reckte seine Faust in die Höhe, sein Team rückte zusammen. Spieler und Trainer und Betreuer hielten ihre Fäuste aneinander. Dieses Ritual würde das Team unzählige Male in der Saison durchführen, vor und nach jedem Training, in der Kabine, im Mittelkreis, in den Krafträumen, bei jeder Auszeit. Das Huddle ist das Signal, dass jetzt gemeinsam gearbeitet wird, dass jetzt Konzentration herrscht, dass das Kollektiv zählt.
One
two
three
Alba!
Pavi ć evi ć sah auf seinen handgeschriebenen Ablaufplan, den er im Bund seiner Jogginghose trug wie einen Lendenschurz. »Let’s go, Gentlemen, hoppa!« Die Spieler nahmen sich die Bälle und schlichen zunächst steif über das Spielfeld, wie verschlafene Basketballspieler eben schleichen. Pavi ć evi ć ließ die Spieler ohne Verteidigung Zwei-gegen-Null, Drei-gegen-Null, Fünf-gegen-Null spielen, McElroy ächzte bei jeder Bewegung, eine Maschine, die nur langsam anlief. Femerlings eckige Bewegungen blieben eckig. Bei jedem Fehlwurf unterbrach der Coach, »now we have a miss«, und die Spieler mussten die Bälle zur Seite legen, um Sprints zu laufen. Dann brüllte Sven Schultze nach einem unkonzentrierten Wurf des jungen Can plötzlich in die stille Halle: »Come on! Come on!« Schultze schnappte sich gleich im nächsten Drill den Ball, schloss mit krachendem Dunk ab und Femerling bejubelte das angemessen.
Darauf schien die Mannschaft gewartet zu haben. Plötzlich liefen die Spieler schneller und flüssiger. Von einer Sekunde zur anderen war die Konzentration greifbar. Die Halle war wach. Der Coach bewegte sich behände zwischen den Spielern, die Hände in den Hüften, die Knie leicht gebeugt. Er rief seine serbischen und englischen Kommandos: Good spacing! Sprint the lane! Good passes! Pavi ć evi ć wich den sprintenden Körpern aus wie eine Katze, er schien immer im Voraus zu wissen, wohin das Spiel fließen würde, Hoppa!, er kannte die Laufwege. Die wortlose und theoretische Spannung wich der sehr konkreten und körperlichen Arbeit. Man konnte die Erleichterung der Spieler sehen, hören, spüren. Ich erinnerte mich an das Gefühl zu Beginn jeden Trainings, wenn der Körper beschleunigt und das Denken reflexhaft wird, wenn man sich in die Kurven legt und springt, fast fliegt. Die herrliche Automatik der Würfe. Das Unmittelbare der Flugkurven. Das Gefühl für den Ball.
»Basketballspieler«, sagte Konstantin Lwowsky in der Mittagspause auf dem Rückweg ins Hotel, »wollen meistens einfach Basketball spielen.«
Basketballprofis sind keine Genießer. Sie nehmen unfassbare Mengen Nahrung zu sich, und der Mannschaftsarzt Hi-Un Park muss den Überblick behalten. Er ist nicht nur verantwortlich für die Einhaltung der WADA – Verbotsliste, er kontrolliert auch den Speiseplan. Der Mannschaftsarzt verbietet aus Sicherheitsgründen den Konsum von Mohnbrötchen zum Frühstück und bestellt stattdessen riesige Mengen Rührei und Müsli. Vor jedem Auswärtsspiel erhalten die Hotelköche von Hi-Un eine Liste mit den gewünschten Gerichten: Frühstück, Mittag, Snack am Nachmittag, Abendessen. Jede Mahlzeit ist eine Variation über ein ewiges Thema, es kommt dabei immer darauf an, was die örtlichen Köche aus Hi-Uns ernährungswissenschaftlich fundierter Bestellung machen. Es gab in Kranjska Gora halbe Hähnchen, es gab Hühnerbrust, es gab Pasta mit wahlweise Tomaten- oder Sahnesoße, es gab Suppe, es gab Fisch, es gab Djuveˇc-Reis, es gab Salat und Obst. In Caserta bei Neapel wird es halbe Hähnchen geben, Hühnerbrust, Pasta mit wahlweise Tomaten- oder
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