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Gentlemen, wir leben am Abgrund

Gentlemen, wir leben am Abgrund

Titel: Gentlemen, wir leben am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pletzinger
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wie ein Geweih.«
    »Der würde dir stehen, Bobby. Ich sage: Charles.«
    »William! sage ich. William!«
    In der Kabine bei 00:51:07 öffnet McElroy eine Dose Red Bull und zwei Sekunden später kommen die Coaches. Zuerst Coach Katzurin, dann Konsti, Bobby, Professor Mika. Die Manager kommen, Demirel und Baldi, der Arzt, die Physios und Tommy Thorwarth stehen im Türrahmen. Femerling steht von der Massagebank auf, Bryce Taylor kommt vom Klo. Muli stellt sich in die Mitte der Kabine und wartet. Er sieht sich um. Man sieht Tadija nervös mit den Beinen wippen.

    »Wiederholen wir einige Dinge«, sagt Coach Katzurin und wirft sein Taktikbrett vor sich auf den Boden. »Wir haben alles gesagt. Wiederholen wir also ein paar Dinge.« Er redet ruhig, sein Englisch bricht gelegentlich, man vermutet Hebräisch dahinter, vielleicht sogar Jiddisch. Der Coach sagt, was gesagt werden muss, er sagt, was jeder Trainer sagen würde, er weist auf die Stärken des Gegners hin. »Oldenburg ist schnell. Sie fliegen über das Spielfeld, sie treffen ihre Dreier, sie sind aggressiv beim Rebound.« Der Coach sagt die wichtigen Dinge zwei Mal. »Sie fliegen über das Spielfeld, Lukauskis, Gill, Paulding – they know how to run!«
    Heute hören die Spieler aufmerksam zu, heute stehen die Manager mit verschränkten Armen hinter dem Coach. »Sie sind aggressiv unter den Körben, und wir sind das schlechteste Rebound-Team der Liga«, sagtder Coach, »wir müssen aggressiver sein als sie, wir müssen mehr Rebounds holen als sie. So einfach.« Der Coach pausiert, er beobachtet, wie seine Worte in der Kabine verhallen, er sieht in die Augen der Spieler. »Jungs. Wir begeben uns heute auf eine gemeinsame Reise. Wir wissen, was uns erwartet. Die Reise wird hart. Sie wird hart! Wir brauchen jeden, egal ob für 20 Sekunden oder 35 Minuten. Alle werden gebraucht. Alle! Wir wissen nicht, wie das Spiel sich entwickeln wird. Vielleicht wird es ein normales Basketballspiel. Vielleicht wird es nervös. Wenn es nervös wird, spielt hart. Spielt smart. Oldenburg ist aggressiv, die werden die Ellenbogen auspacken. Oldenburg ist clever. Oldenburg ist clever. Wenn sie die Ellenbogen ausfahren, geht zu Boden, als wäret ihr halb tot. Haltet euch zurück. Don’t be right, be smart. Was nützt es, wenn ihr dem Gegner die Fresse poliert und ihr dann in der Kabine sitzt? Nichts. Wem nützt das? Niemandem. Rache ist für Dummköpfe. Don’t be right, be smart! Wer zuerst die Nerven verliert, verliert das Spiel. Und ich will nicht, dass wir das sind. Seid clever. Wir sind das bessere Team. Wenn wir unser Spiel spielen, gewinnen wir. Wir sind das bessere Team. Es geht nicht um Einzelne. Wir brauchen alle. Wenn wir nicht gewinnen, sind wir alle nichts. Wir sind das bessere Team.« Muli hebt die Faust, die Spieler springen auf, »Playoff-time, baby!«, brüllt Schultze. Die Spieler heben ihre Fäuste, die Trainer kommen dazu, die Manager, Tommy und die anderen.
    One
         two
              three
                   Alba!
    Countdown, Layup-Lines und Stretching. Immanuel McElroy wird zum fünften Mal als bester Verteidiger der Liga ausgezeichnet. High Fives, dann Einlaufen mit Pyrotechnik, Fist Bumps, Huddle, Hugs, das Mustern des Gegners, 00:00:34 , Derrick Allen kommt vor dem Spiel zu Marco Baldi, Patrick Femerling und mir auf den Plätzen in der ersten Reihe, direkt unter dem Korb. High Fives, Muli zurrt die Krawatte fest, Bobby bekreuzigt sich und küsst seine Amulette, Konsti sieht quer durch die Halle zu seiner Frau, 00:00:00 , es geht los, Playoff-time, baby!

    Und es geht gut los. Alba wirft hochprozentig und verteidigt konzentriert. Julius Jenkins bekommt den Ellenbogen des riesigen Australiers Aron Baynes kurz hintereinander zweimal in die Rippen und wird ausgewechselt. Trotzdem steht es zur Halbzeit 51:30. »Baynes ist ein Schinken«, sagt Femerling in der Kabine, »Prosciutto Baynes, immer einen Knochen draußen.« Jenkins lässt sich vom Arzt an der Rippe behandeln, spielt aber mit zusammengebissenen Zähnen weiter. »Gegen Baynes habe ich mal bei der Universiade in Thailand gespielt«, erzählt Yassin. »Damals war er fett, jetzt ist er eckig. Würde mich mal interessieren, was der genommen hat.«
    Die Mannschaft kommt nach der Halbzeit konzentriert aus der Kabine, bei Zwischenspurts des Gegners spielt sie ungerührt weiter ihr Spiel. Auch bei einigen hanebüchenen Fehlpfiffen der Schiedsrichter lamentiert niemand.
    Coach Katzurin lässt

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