Gentlemen, wir leben am Abgrund
ist für viele eine große Herausforderung, gerade auch für Trainer. Hier geht’s um den ersten Platz. Darum geht’s hier. Und wenn man unter diesem Druck steht, dann kann man eben versuchen, wirklich alles zu kontrollieren. Oder man kümmert sich ausschließlich um das direkte Wirkungsfeld. Wenn ich beispielsweise der Meinung wäre, dass sowieso alle Schiedsrichter korrupt sind, würde ich sofort aufhören. Dafür wäre mir meine Lebenszeit zu schade. Wenn meine Intensität, mein Investment und meine Integrität auf einem Altar geopfert werden, vor dem ich niemals knien werde, dann höre ich sofort auf. Bei diesem Club wird das nicht passieren. Solange ich hier bin ganz sicher nicht. ... (UNVERSTÄNDLICH 0:33 sec) ... Die zentrale Frage ist dann, ob ich da trotzdem Energie verbrenne. Man muss ja mit seinen eigenen Kräften haushalten, man kann die nicht einfach so verschwenden. Wir haben da sehr oft diskutiert. Luka hat sich da wirklich weiterentwickelt, aber eine Grundüberzeugung blieb: Ohne Schutz und Kontrolle auf allen Ebenen ist konstanter Erfolg nicht machbar. Es gibt zu viele, die einem ans Leder wollen.
Was ja auch grundsätzlich stimmt, es ist ja ein Wettbewerb. Das liegt ja in der Natur der Sache. Wer Sport betreibt, tritt in Wettbewerb.
Natürlich. In vielen Dingen hat Luka recht: Wo können wir uns verbessern? Was können wir machen, um die allgemeinen Bedingungen und Strukturen zu verbessern? Es gibt in Europa sicher Clubs, die es mit Tricksereien schaffen, trotz ihres relativ bescheidenen Budgets und einer unpünktlichen Zahlungsmoral kurzfristig über ihre Verhältnisse zu performen. Wir gehören nicht dazu. Man muss auf sich selbst schauen: Instrumentarium, Infrastruktur, Personal, Spieler, Assistenztrainer, medizinische Betreuung, unsere Hallen. Aber wenn man sich als Trainer zu sehr mit äußeren Einflussgrößen beschäftigt, die man schon aus reinen Kapazitätsgründen nicht beeinflussen kann, dann begibt man sich auf dünnes Eis. Aus meiner Sicht soll das ein Trainer nicht machen. Die Impulse und Ideen sind wichtig, die Diskussion ist wichtig. Aber wenn es zum Spiel kommt, dann ist Spiel.
Im Rückspiel gegen Hagen war der Gestus anders.
Das war das Spiel, in dem Hollis (Price) den Ball an sich genommen hat. Mein Ball! Das geht nicht immer, aber solche Dinge sind zentral. Es geht nicht um Trashtalk, fick dich, deine Mutter und was weiß ich sonst noch. Sondern dass man dem Gegner in Aktionen zeigt: der geht heute nicht an mir vorbei, ich bück mich nicht ab, ich werde nicht klein. Wenn ich dem das zeige, dann baue ich ihn auf, dann mache ich ihn größer, als er ist. Und das sind so Kleinigkeiten, die die wenigsten mitkriegen. Es geht dabei nicht um Härte, sondern ganz einfach um Präsenz. Es geht darum: Egal, was heute passiert, ich bin so fokussiert, unser Plan ist so klar. Und ganz egal, was heute passiert, mein Freund, wenn du an mir vorbeiläufst und ich den richtigen Augenblick erwische, dann kann es sein, dass du nicht mehr wieder aufstehst. Bildlich gesprochen. Dann fegen wir euch aus der Halle. Das muss die Ausstrahlung sein. Und die bringe ich nicht rüber, indem ich lamentiere oder beleidige oder indem ich sage: Und deine Mutter erst recht. Oder: Wenn ich eine kriege, dann gebe ich dir gleich eine zurück. Nicht Zahn um Zahn, sondern indem ich Kontrolle und Willen zeige. Wenn der Schiedsrichter abpfeift und zwei gleichzeitig den Ball haben. Was passiert dann? Da ist dieser David Bell, ein Ochse, der wahrscheinlich 120 Kilo beim Bankdrücken macht, während Hollis wahrscheinlich gerade 40 schafft. Aber Hollis zeigt: Das ist mein Ball. Nicht bösartig oder so. Nicht mit Ellenbogen. Lächelnd. Das ist mein Ball! Er gibt ihn einfach nicht her. Solche Dinge sind wichtig. Das wirkt vielleicht pubertär, aber es ist wichtig.
McElroy hatte auch zwei, drei dieser Situationen.
Ja. Mac wird abgeräumt. Und sein Gegenspieler denkt: ich hab ihn. Die Gegner denken sich: Berlin ist dünnhäutig, die haben ein paar Mal verloren. Wenn du die provozierst, hauen die dir irgendwann eine rein. Und dann lässt du dich fallen und der Berliner geht raus. So denken die. Aber McElroy wird abgeräumt und steht auf, ganz schnell steht er auf. Er springt auf, läuft auf (Žygimantas) Jonušas zu. Aber er attackiert ihn nicht, sondern geht einfach direkt auf ihn zu. Und er geht aus dem Weg. Der macht Platz. Alles klar. Da weiß ich, wir können dieses Spiel nicht verlieren. Geht nicht. Weil
Weitere Kostenlose Bücher