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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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durch.
    Als ich wieder halbwegs normal atmen konnte, spürte ich ein unbändiges Verlangen nach Nikotin. Ich steckte mir eine Fluppe an und inhalierte tief. Schlagartig entspannte ich mich. Warf meinen Kopf zurück und wartete.
    Auf den letzten Stufen hustete der Würfel und würgte wie ein alter Klepper auf dem Weg in die Leimfabrik.
    Als sein Kopf in Sicht kam, trat ich heraus und baute mich vor ihm auf. Er war vornübergebeugt und schaute auf. Ich blies ihm Qualm ins Gesicht. »Ta-daaaah!«, machte ich. »Und wie von Zauberhand erschien mit einem Mal der Ladenbesitzer.«

D er Würfel setzte zur Flucht an.
    Mit rudernden Armen humpelte er auf seinen krummen Beinen die Stufen wieder hinunter. Ich ließ ihn ein Dutzend Schritte zwischen uns bringen, bevor ich meine Fluppe ausdrückte und die Hand ausstreckte, um ihn beim Wickel zu nehmen.
    »Ich denke, es wird Zeit, dass wir beide uns mal unterhalten«, sagte ich und packte seinen Hals.
    Er versuchte zu sprechen. »I-i-ich …«
    »Erst mal tief durchatmen, Arschloch, du hast noch eine Menge zu erklären.« Ich schnappte mir seine Zeitung. »Und den Daily Record brauchst du dazu nicht!«
    In den verwinkelten Straßen der Old Town ist es kein Problem, eine menschenleere Gasse zu finden. Nur die wenigsten weichen von den ausgetretenen Pfaden ab. Ich schob den Würfel durch ein rostiges Tor in einen dunklen Innenhof. Er riss einen Stapel modriger Kisten mit sich, als er sich zu befreien versuchte.
    »Diesmal gibt’s kein Entkommen«, sagte ich.
    Seine Blicke zuckten von links nach rechts. Ich sah, wie er mit der Idee spielte, eine Faust zu ballen. Ich ließ ihm keine Chance. Meine Rechte erwischte ihn wie ein Autounfall. Gäbe es für Schmerz eine Skala von eins bis zehn, ich hätte einen Volltreffer gelandet. Blut quoll ihm aus Nase und Mund. Er fiel um wie ein Telegraphenmast bei starkem Wind. Lautlos. Lag der Länge nach ausgestreckt auf dem Boden, ohne eine Bewegung.
    ›War’s das?‹, dachte ich.
    Ein Schlag und schon erledigt?
    Ich packte den Kragen seiner dreckigen Lederjacke und zog ihn auf seinen fetten Arsch hoch. Er blinzelte mich verwirrt an, reagierte aber auf einen Klaps.
    »So, und wo das herkam, gibt’s noch eine ganze Menge mehr.« Ich war sehr wütend, das war bekanntes Terrain. Es spielte keine Rolle, ob ich schauspielerte oder ob es echt war, der Würfel schiss sich so oder so vor Angst in die Hose.
    »Spuck’s aus«, befahl ich.
    »Was? Was? Ich hab doch nur …«
    Falsche Antwort. Ich zog meinen Ellbogen hoch, die Augen des Vollidioten folgten ihm. Zur Belohnung gab’s ein Maul voll Knochen.
    »Ich kann ganz ehrlich sagen, ich habe noch nie zuvor einen erwachsenen Mann kreischen gehört.«
    Er spuckte Blut, sein Gesicht hatte sich in eine schmerzverzerrte Maske verwandelt.
    »Sind das etwa Tränen?«, sagte ich. »Heulst du womöglich?«
    Er sagte irgendwas, aber ich konnte kein Wort davon verstehen.
    Ich trat zurück und steckte mir eine Kippe an. Fragte mich, ob ich wohl zu weit gegangen war. Der Typ hier schien in der falschen Branche zu arbeiten.
    Als ich mich neben ihn kniete, zuckte er zusammen.
    »Okay. Vielleicht hattest du ja jetzt genug – bist du bereit zu reden?«
    Er nickte fieberhaft. »Ja. Ja. Ja.«
    »Gut.«
    Ich zog an meiner Kippe und blies auf die Glut. Kleine orangene Funken stoben davon. Dann hielt ich sie wie einen Dartpfeil dicht vor sein Auge.
    »Ich warne dich, nur eine einzige Lüge, nur ein Wort, und du wirst einen weißen Stock plus Labrador benötigen, um hier wieder wegzukommen – verstanden?«
    »Ja! Mein Gott, ja! Ich werde Ihnen alles sagen, was Sie wissen wollen, lassen Sie mich nur in Ruhe. Gott, Sie sind ja verrückt!«
    Zu einfach. Wirkte ich wirklich so gefährlich? Für die Antwort darauf würde ich mich in ein paar seriöse psychologische Wälzer vertiefen müssen.
    »Warum verfolgst du mich?«
    »Es ist ein Job – ich mache nur meinen Job.«
    »Bist du ein Detektiv?«
    »Aye!« Er kramte in seiner Jacke, fingerte nach der Brieftasche. »Sehen Sie – sehen Sie hier«, sagte er. Er zog einen Stoß Visitenkarten hervor. Billige Drucke, schlechte Qualität. Auf allen prangte »Privatdetektiv«. Und eine Adresse im Arbeiterviertel Gorgie. Er führte seine Geschäfte aus einer billigen, keine modernen Standards erfüllenden Wohnung. Wer immer sein Auftraggeber war, er hatte entweder ein sehr knappes Budget oder null Ahnung.
    »Wir sind aber nicht gerade der verfluchte Magnum, was?«
    »Mir geht’s ganz

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