Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)
Zeichen!
Königin mit Grazie zu Fabiani: Gott behüte Euch, Mylord!
Fabiani ergreift ihre Hand und küßt sie: Madame… bei Seite : Sie hat gelächelt. Die Gefahr droht nicht mir.
Königin immer mit Grazie Ich habe mit Euch zu sprechen.
Sie geht mit ihm auf den Vordergrund der Bühne.
Fabiani : Und ich habe auch mit Euch zu sprechen, Madame. Ich habe Euch Vorwürfe zu machen. Mich auf so lange Zeit zu entfernen, zu verbannen! Ach! es wäre nicht so, wenn Ihr in der Stunde der Trennung so an mich dächtet, wie ich an Euch denke.
Königin : Ihr seid ungerecht; seit Ihr mich verlassen habt, beschäftige ich mich nur mit Euch.
Fabiani : Ist das auch wahr? Wäre ich so glücklich? Sagt mir es noch ein Mal.
Königin immer lächelnd: Ich schwöre es Euch.
Fabiani : Ihr liebt mich also, wie ich Euch liebe?
Königin : Ja, Mylord. – Gewiß, ich dachte nur an Euch, und das so, daß ich auf eine angenehme Überraschung für Euch sann, wenn Ihr wieder kämet.
Fabiani : Wie! Welche Überraschung?
Königin : Eine Zusammenkunft, die Euch Freude machen wird.
Fabiani : Zusammenkunft, mit wem?
Königin : Ratet. – Ihr ratet es nicht?
Fabiani : Nein, Madame.
Königin : Kehrt Euch um. Indem er sich umkehrt, erblickt er Jane auf der Schwelle der kleinen Türe, die halb offen ist.
Fabiani bei Seite : Jane!
Jane bei Seite : Er ist’s!
Königin immer lächelnd : Mylord, kennt Ihr dies junge Mädchen?
Fabiani : Nein, Madame!
Königin : Junges Mädchen, kennt Ihr Mylord?
Jane : Die Wahrheit über das Leben. Ja, Madame.
Königin : Mylord, Ihr kennt also dieses Weib nicht?
Fabiani : Madame! man will mich verderben. Ich bin von Feinden umgeben. Dieses Weib ist ohne Zweifel mit ihnen im Bunde. Ich kenne sie nicht, Madame! Ich weiß nicht, wer sie ist, Madame!
Königin erhebt sich und schlägt ihm mit ihrem Handschuh in’s Gesicht : Ah! du bist eine Memme! – Ah! du verrätst die Eine und verleugnest die Andere! Ha! du weißt nicht, wer sie ist. Soll ich dir es sagen? Dieses Weib ist Jane Talbot, Tochter des Johann Talbot, des guten katholischen Herrn, der auf dem Schaffot für meine Mutter starb. Dieses Weib ist Jane Talbot, meine Base; Jane Talbot, Gräfin von Shrewsbury, Gräfin von Wexford, Gräfin von Waterford, Pairesse von England. Das ist dies Weib! – Lord Paget, Ihr seid Siegelbewahrer, Ihr werdet Euch nach meinem Worte richten. Die Königin von England erkennt feierlich das junge Mädchen hier als Jane, Tochter und einzige Erbin des letzten Grafen von Waterford an. Auf die Papiere zeigend. Da sind die Papiere und Beweise, Ihr werdet sie mit dem großen Siegel versiegeln. Das ist unser Wille. Zu Fabiani : Ja, Gräfin von Waterford! und das ist erwiesen! und du wirst die Güter herausgeben, Schurke! – Ha! du kennst dies Weib nicht! Ha! du weißt nicht, wer dies Weib ist. Nun, ich will dir es sagen, ich! Sie ist Jane Talbot! und soll ich dir noch mehr sagen? Sie sieht ihn an, leise, zwischen den Zähnen: Schurke! sie ist deine Geliebte!
Fabiani : Madame…
Königin : Das ist sie, jetzt will ich dir sagen, was du bist. – Du bist ein Mensch ohne Seele, ein Mensch ohne Herz, ein Mensch ohne Geist! Du bist ein Schurke und eine Memme! Du bist… Bei Gott, meine Herrn, Ihr habt nicht nötig, Euch zu entfernen. Es ist mir sehr gleichgültig, ob Ihr hört, was ich diesem Menschen zu sagen habe! Ich dämpfe meine Stimme nicht, wie mir deucht. – Fabiano! du bist ein Schurke, ein Verräter an mir, eine Memme gegen sie, ein heuchlerischer Knecht, der erbärmlichste und letzte unter den Menschen! Und doch ist es wahr, daß ich dich zum Grafen von Clanbrassil, zum Baron von Dynasmonddy und dann noch? zum Baron von Darmouth in Devonshire gemacht habe. Nun, ich war nicht bei Sinnen! Ich bitte Euch um Verzeihung, Mylords, daß ich Euch den Ellenbogenstößen dieses Menschen aussetzte. Du Ritter! du Edelmann! du Herr! messe dich doch mit denen, die da stehen, Elender! Sieh doch um dich. Das sind Edelleute, da ist Bridges, Baron Chandos. Da Seymour, Herzog von Sommerset. Da die Stanleys, die Grafen von Derby sind seit dem Jahre 1485! Hier die Clinton, die Barone von Clinton sind seit dem Jahre 1298! Bildest du dir ein, du gleichest diesen Leuten, du! Du sagst, du seist mit dem spanischen Hause von Peñalver verwandt; aber es ist nicht wahr, du bist ein elender Italiener, nichts! weniger, als nichts! Sohn eines Schusters vom Dorfe Larino! – Ja meine Herrn, Sohn eines Schusters! Ich wußte es und ich sagte es nicht,
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