George Clooney, Tante Renate und ich (German Edition)
mit euren Gruselmärchen!», sagte Bettina streng. «Ihr seid hier nicht zum Ablästern!»
In diesem Moment näherte sich eine lange, spindeldürre Frau, die mit ihrem leeren Pappteller wedelte. «Sie müssen mir unbedingt mal das Rezept von diesem zauberhaften Krautsalat zukommen lassen, Frau Willmer», gurrte sie, als sie vor uns stand. «Einfach wunderbar. Und so leicht!»
«Gerne, Frau Peters.» Unsere Freundin setzte ihr professionelles Lächeln auf. «Und wie geht es Ihnen sonst? Alles in Ordnung?»
«Und wie!» Frau Peters stellte sich neben das Buffet und strahlte uns der Reihe nach an. «Ich war gerade in einem Fastenhotel. Fabelhaft, sage ich Ihnen!» Sie strich sich über die mageren, leicht faltigen Wangen. «Man fühlt sich wie neugeboren nach so einer Woche!»
«Sie waren zum Nichtsessen in einem Hotel?», fragte ich verblüfft.
«Na, so einfach dürfen Sie sich das nicht vorstellen!» Frau Peters sah mich an, als wäre ich nicht ganz dicht. «Das geschieht da ja alles unter Aufsicht, und man hat ein tägliches Fastengespräch.»
Ich war sprachlos. Diese Frau zahlte Geld dafür, dass sie nichts aß, und führte darüber auch noch täglich ein Gespräch?
«Der frische Aloe-vera-Saft, den es dort immer gab, fehlt mir richtig!» Frau Peters kam aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. «Köstlich, sage ich Ihnen!»
Allein bei dem Gedanken wurde mir schon schlecht. Ich kannte Aloe vera nur als Bestandteil meiner Hautcreme, und das sollte in Zukunft auch so bleiben.
«Ich glaube nicht, dass so etwas für mich das Richtige wäre», murmelte Antonia.
«Das glauben viele am Anfang!», rief die Magere. «Aber das kommt nur durch Unwissen.» Sie stellte den Teller ab und kramte in ihrer Handtasche. «Hier haben Sie einen Prospekt.» Sie fasste sich mit beiden Händen an die Wespentaille. «Ich sage Ihnen: fabelhaft!»
Höflichkeitshalber schauten wir uns den Flyer an.
«Himmel, klingt das alles eklig», brummte Bettina, als Frau Peters ein paar Worte mit einem anderen Gast wechselte. «Leberwickel und Fastensuppe aus frischem Gemüse. Mit viel Liebe zubereitet … Da würde ich nicht mal hingehen, wenn ich vor Geld rülpsen würde.» Sie faltete das Blatt wieder zusammen und gab es der strahlenden Dame gerade zurück, als sich eine weitere Frau zu uns gesellte.
«Grüssie, Frau Willmer, Ihr Buffet ist ja wieder phantastisch!», rief sie.
«Freut mich, wenn die Leute mit meinen Sachen zufrieden sind, Frau Goller-Glück!», sagte Bettina, während sie Teller aufeinanderstapelte.
Frau Goller-Glück gehörte anscheinend nicht der Fasten-, sondern eher der Botoxfraktion an. Von Fältchen kaum eine Spur, obwohl auch sie bestimmt die fünfzig überschritten hatte.
«Und? Was macht Ihre Malerei?», fragte Bettina sie gut gelaunt.
«Aaah! Wunderbar! Aber Sie werden meine neuesten Werke ja bald sehen. Sie machen doch das Catering bei der Jahresausstellung vom Kunstverein, oder?»
«Aber ja.» Bettina nahm einen kräftigen Schluck Wasser. «Ich wüsste nicht, was dazwischenkommen sollte.»
«Ich meine ja nur …» Frau Goller-Glück druckste ein wenig herum. «Es sind so merkwürdige Gerüchte in Umlauf, Sie wissen schon …»
«Ehrlich gesagt nicht.» Bettina schaute sie aufmunternd an. «Aber vielleicht möchten Sie mir davon erzählen?»
Frau Goller-Glück wartete, bis Frau Peters gegangen war, dann stellte sie sich direkt neben Bettina.
«Na ja, mein Mann … also, der sagt, dass Herr Wendel heute Nachmittag so komische Sachen über Sie und Ihren Betrieb erzählt hat!»
Aha, Ferdinand machte Ernst.
«Sooo … Hat Herr Wendel das?» Bettinas Augen wurden eine Spur schmaler. «Und was hat er genau erzählt?»
«Na ja, dass Sie …» Allmählich wurde Frau Goller-Glück die Sache unangenehm. «Er hat gemeint, dass die Qualität der Speisen Ihres Catering-Betriebes gar nicht so gut wäre, wie man annehmen würde, und …»
Bettina zog gekonnt ihre linke Augenbraue hoch. «Ach, das ist ja interessant …»
Frau Goller-Glück nickte heftig. «Aber nachdem Ihre Sachen immer vom Feinsten sind und ich mir gar nicht vorstellen kann, dass da etwas dran ist, wollte ich es Ihnen doch lieber gesagt haben.»
«Das finde ich sehr anständig von Ihnen», sagte Bettina langsam. «Wissen Sie, Männer haben manchmal Probleme damit, etwas zu akzeptieren. Vor allem, wenn es körperlicher Art ist. Dann werden sie patzig und teilen aus. Verstehen Sie, was ich meine?»
Frau Goller-Glück kam aus dem Nicken nicht
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