George, Elizabeth
überlegte, wie
sie Gina helfen konnte. Denn Gina musste vor Gordon beschützt werden, und
Meredith wusste, dass sie vielleicht der einzige Mensch war, der bereit war,
das zu tun.
Die Polizei in dieser
Angelegenheit um Hilfe zu bitten, kam nicht infrage. Seit sie wussten, dass
Whiting in irgendeiner Beziehung zu Gordon stand, worin auch immer diese
bestehen mochte, konnten sie dem Chief Superintendent nicht mehr trauen. Aber
selbst wenn es nicht so wäre, würde die Polizei keine Leute abstellen, bloß
weil eine Frau ein paar blaue Flecke hatte. Damit die Polizei etwas unternahm,
musste man schon andere Geschütze auffahren. Da brauchte man einen Gerichtsbeschluss,
eine einstweilige Verfügung, oder man musste zumindest Anzeige erstatten, und
Meredith hatte das deutliche Gefühl, dass Gina Dickens viel zu verängstigt
war, um irgendetwas in dieser Richtung zu unternehmen.
Meredith konnte Gina drängen,
bei ihr zu bleiben, aber das war natürlich keine dauerhafte Lösung. Ihre
Eltern, so unendlich hilfsbereit sie auch waren, hatten bereits sie und ihre
Tochter aufgenommen. Außerdem hatte Meredith ihnen ja die Geschichte mit dem
Gasleck aufgetischt, um Ginas Anwesenheit zu erklären, und ihre Eltern würden
verständlicherweise damit rechnen, dass der Schaden innerhalb der nächsten
Stunden behoben sein dürfte.
So wie die Dinge lagen, würde
Gina wohl oder übel in ihr Zimmer über dem Mad Hatter Tea Rooms zurückkehren müssen - der
denkbar schlechteste Ort, weil Gordon Jossie wissen würde, wo sie zu finden war.
Also musste eine Alternative her, und bis zum Morgen hatte Meredith auch schon
eine Idee, wie diese Alternative aussah.
»Rob Hastings wird dich
beschützen«, sagte sie Gina beim Frühstück. »Wenn wir ihm erst erzählen, was
Gordon dir angetan hat, wird er dir bestimmt helfen. Er hat Gordon noch nie
leiden können. Er hat mehrere Zimmer, die nicht benutzt werden, und er wird
dir sicher von sich aus eins anbieten.«
Gina hatte nicht viel
gegessen, nur in einem Schälchen mit Pampelmusenstücken herumgestochert und von
einer Scheibe trockenem Toastbrot abgebissen. Nach längerem Schweigen sagte
sie: »Du musst Jemima eine sehr gute Freundin gewesen sein, Meredith.«
Davon konnte kaum die Rede
sein. Es war ihr ja nicht einmal gelungen, Jemima davon abzuhalten, mit Gordon
zusammenzuziehen, und jetzt hatten sie die Bescherung. Sie setzte an, etwas zu
sagen, doch Gina kam ihr zuvor.
»Ich muss wieder zurück.«
»In dein Zimmer? Ganz
schlechte Idee. Du kannst nirgendwo hingehen, wo er dich findet. Bei Rob wird
er dich niemals suchen. Das ist der sicherste Ort.«
Zu Merediths Verblüffung sagte
Gina jedoch: »Ich meine nicht das Zimmer. Ich muss zu Gordon zurück. Ich hatte
die ganze Nacht Zeit, darüber zu schlafen, und ich habe über alles nachgedacht,
was passiert ist. Mir ist klar geworden, dass ich ihn provoziert habe...«
»Nein, nein, nein!«, rief
Meredith. Genauso verhielten sich misshandelte Frauen. Wenn man ihnen Zeit zum
Nachdenken gab, endete dieses Nachdenken in aller Regel damit, dass sie sich
selbst die Schuld gaben, dass sie glaubten, sie hätten ihre Männer irgendwie
dazu provoziert, auf sie loszugehen. Dann redeten sie sich ein, dass die
Fäuste niemals in ihre Richtung geflogen wären, wenn sie nur den Mund gehalten
oder etwas anderes gesagt hätten oder unterwürfiger gewesen wären.
Meredith hatte sich alle Mühe
gegeben, Gina dies zu erklären, aber Gina war halsstarrig geblieben und hatte
geantwortet: »Das weiß ich doch alles, Meredith. Ich habe schließlich ein
Diplom in Soziologie. Aber das hier ist was anderes.«
»Genau das sagen sie alle!«,
hatte Meredith sie unterbrochen.
»Ja, ich weiß. Vertrau mir.
Ich weiß es wirklich. Und ich werde ganz bestimmt nicht zulassen, dass er mir
noch einmal wehtut. Ehrlich gesagt...« Sie wandte den Blick von Meredith ab,
als müsste sie ihren ganzen Mut zusammennehmen, das Schlimmste einzugestehen.
»Ich liebe ihn einfach.«
Meredith konnte es nicht
fassen. Offenbar stand ihr das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, denn Gina
fuhr fort: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Jemima etwas angetan hat. So
ist er nicht.«
»Er war in London. Er hat
gelogen. Er hat dich belogen und die Polizisten von Scotland Yard ebenso. Warum
sollte er lügen, wenn er keinen Grund dazu hätte? Und dich hat er von Anfang an
belogen. Er hat behauptet, er war in Holland, um Reet zu kaufen. Du hast es mir
selbst erzählt, und dir muss doch klar sein,
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