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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Venetia und der Wuestling
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Yardleys
mißglücktem Theaterabend ging Venetia nicht schon vor dem Frühstück aus, noch
wünschte sie sich über irgendeine historische Stätte zu informieren. Sie
wollte wissen, welches die elegantesten Hotels der Stadt waren, und hätte sich
da kaum an jemand besser Unterrichteten wenden können. Worting konnte ihr über
alle etwas erzählen, er war nur zu glücklich, es zu tun, und zählte ihr mit
einer Menge Einzelheiten eine fürchterlich lange Liste auf, die von Herbergen
wie Osborne's Hotel in der Adam Street – vornehme Unterkunft für Familien und
alleinstehende Herren – bis zu Unternehmen wie The Grand im Covent Garden –
vortrefflich – reichte, und – falls Miss eines der ersten Häuser benötigte –
Grillon's, The Royal, The Clarendon, The Bath und The Pulteney, die alle –
neben einer großen Zahl anderer – ausschließlich der Hocharistokratie und der
Aristokratie zur Verfügung standen. Worting selbst neigte dazu, The Bath zu
begünstigen, auf der Südseite des Piccadilly, neben der Arlington Street – ein
weitläufiges Haus, konservativ geführt und von Persönlichkeiten von Geschmack
und Noblesse bevorzugt, aber falls Miss etwas im Sinn hatte, das höchst modern
war, würde er empfehlen, sich um Zimmer für ihre Freunde im Pulteney zu erkundigen.
    Miss hatte genau dies im Sinn. Und
als sie noch dazu erfuhr, daß während der etwas verfrühten Friedensfeiern, die
1814 in London abgehalten worden waren, das Pulteney keine geringere Persönlichkeit
als den Zaren von Rußland beherbergt hatte – nicht zu erwähnen seine
eindrucksvolle Schwester, die Großherzogin von Oldenburg –, beschloß sie, es
an die Spitze ihrer Liste der Hotels zu setzen, in denen sie Sir Lambert und
Lady Steeple am wahrscheinlichsten entdecken würde. Nachdem sie Worting
aufgetragen hatte, seiner Herrin mitzuteilen, daß sie gezwungen war, eine dringende
Einkaufstour zu absolvieren, machte sie sich gleich darauf auf den Weg, reizend
gekleidet in eine blaue Samtpelisse, mit Chinchilla verbrämt, und ein
bezauberndes Samthütchen mit drei gekräuselten Straußenfedern und einer hoch
aufgeschlagenen Krempe, mit gefältelter Seide ausgeschlagen. Dazu trug sie
einen großen Chinchilla-Muff und bot alles in allem einen so entzückenden
Anblick, daß der Wettstreit um ihre Kundschaft, als sie den Droschkenstand in
Oxford Street erreichte, unter den versammelten Wagenlenkern wütend und
äußerst lärmend wurde.
    Als sie beim Pulteney ankam, das an
der Nordseite des Piccadilly lag, und mit Aussicht auf den Green Park, sah
sie, daß ihr Instinkt nicht geirrt hatte – Sir Lambert und Lady Steeple bewohnten
dieselbe Zimmerflucht, die vor vier Jahren Seine Kaiserliche Majestät
innehatte.
    Venetia sandte ihre Karte hinauf.
Kurz darauf wurde sie in einen pompösen Salon im ersten Stock geführt, wo Sir
Lambert, gar prächtig in einen Morgenmantel mit Schnurbesatz gehüllt, soeben –
und ziemlich hastig – den letzten Bissen eines ausgiebigen und reichhaltigen
Frühstücks hinuntergeschluckt hatte.
    Die Liebenswürdigkeit, mit der er
sie empfing, hätte nicht erfreulicher sein können. Sie war sogar vielleicht um
eine Spur zu freundlich, denn nachdem er Venetia sehr schnell mit dem Auge des
Connoisseurs überflogen hatte, beanspruchte er das Recht des Stiefvaters für
sich, sie mit einem Kuß zu begrüßen. Venetia akzeptierte dies zurückhaltend
und unterdrückte die starke Neigung, sich aus dem Kreis seiner Arme
zurückzuziehen, lächelte ihn aber verwirrend süß an.
    Er war entzückt. Er drückte ihre Taille
ganz leicht und sagte: «Ei, ei, ei, wer hätte gedacht, daß ein so trüber grauer
Morgen eine so wunderschöne Überraschung bringen würde? Ich behaupte, die Sonne
ist heute trotzdem aufgegangen! Und du bist also meine Tochter! Laß dich einmal
anschauen!» Er hielt sie auf Armeslänge von sich ab, schaute sie von Kopf bis
Fuß abschätzend an und in einer Art, die ihr das unbehagliche Gefühl
verursachte, daß sie sich zu leicht gekleidet hinausgewagt hätte. «Auf mein
Wort, ich hätte nie gedacht, daß ich ein derart liebliches Mädel als Tochter
habe!» sagte er. «Aha, da wirst du rot – und verteufelt hübsch siehst du dabei
aus, meine Liebe! Aber du brauchst gar nicht rot zu werden, weißt du! Wenn dein Stiefpapa dir
nicht ein Kompliment machen darf, dann möchte ich gern wissen, wer sonst! Und
da bist du uns also besuchen gekommen! Ich wundere mich nicht. Nein, denn ich
habe erst gestern abend zu Aurelia

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