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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eskapaden
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wieder zu bluten begonnen hatte und jetzt
außerordentlich böse aussah. Seine Lordschaft sei zwar noch im Bett,
beabsichtige aber, die Reise fortzusetzen. «Hat man nach einem Arzt geschickt?»
fragte Miss Challoner, die sich fühlte wie eine Mörderin.
    «Seine
Lordschaft will nichts davon hören, Madam», sagte Fletcher, «obwohl Mr. Timms,
Mylords Kammerdiener, und ich der Meinung sind, daß es notwendig wäre, einen zu
holen.»
    «Dann tun
Sie das bitte», sagte Miss Challoner energisch. Fletcher schüttelte den Kopf.
«Das wage ich nicht zu verantworten, Madam.»
    «Das habe
ich auch keineswegs von Ihnen verlangt», antwortete Miss Challoner. «Und nun
seien Sie so gut und beeilen Sie sich gefälligst.»
    «Verzeihen
Sie, Madam, aber für den Fall, daß Seine Lordschaft zu erfahren wünscht, wer
den Arzt holen ließ –?»
    «Sagen Sie
ihm natürlich die Wahrheit», erwiderte sie. «Wo ist Mylords Schlafzimmer?»
    Fletcher
betrachtete sie mit einem Blick, in dem unverkennbar Respekt zu dämmern
begann. «Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Madam», meinte er und schritt ihr
voraus die Treppe hinauf.
    Oben betrat
er als erster den Raum. Miss Challoner hörte Vidal sagen: «Oh, nur herein mit
ihr!» und folgte dem Diener, ohne noch eine weitere Aufforderung abzuwarten.
    Als
Fletcher die Tür hinter sich zugezogen hatte, ging sie zu dem großen Himmelbett
und sagte zerknirscht: «Sehen Sie, nun habe ich doch ein ganz schönes Unheil
angerichtet. Es tut mir wirklich außerordentlich leid, Mylord.» Vidal saß mit
ein paar Kissen im Rücken aufrecht im Bett. Seine Augen glänzten fiebrig, die
Wangen waren gerötet.
    «Ach, hören
Sie auf, sich zu entschuldigen», befahl er. «Für eine Anfängerin war's gar
nicht so schlecht. Ich bedaure, Sie in einer solchen Aufmachung empfangen zu
müssen, aber ich hoffte eigentlich, Sie würden länger schlafen. Schaffen Sie
es, bis Mittag fertig zu sein, damit wir weiterfahren können?»
    «Ich
fürchte nein», antwortete sie. «Wir werden heute brav bleiben, wo wir sind.»
Sie hob ein Kissen vom Boden auf und schob es vorsichtig unter Vidals
verletzten Arm. «Ist es so bequemer, Sir?»
    «Kein
Vergleich, danke. Aber ob Sie nun fertig sind oder nicht, wir brechen auf jeden
Fall noch heute nach Paris auf.»
    Sie
lächelte ihn zärtlich an. «Jetzt bin ich an der Reihe, den Tyrannen zu spielen,
Sir. Sie bleiben im Bett.»
    «Sie irren
sich gewaltig – ich denke nicht daran.»
    Seine
Stimme klang so unwirsch, daß sie am liebsten sein Gesicht zwischen ihre Hände
genommen hätte, um ihm seine schlechte Laune wegzuküssen. «Nein, Sir, ich irre
mich durchaus nicht.»
    «Darf ich
fragen, Madam, wie Sie sich das vorstellen, mich am Aufstehen zu hindern?»
    «Oh, ich
brauche Ihnen doch nur die Kleider wegzunehmen», erklärte sie fröhlich.
    «Ganz wie
eine Ehefrau», bemerkte er.
    Sie zuckte
ein wenig zusammen, fügte jedoch entschlossen hinzu: «Ich habe Ihren Diener
nach einem Arzt geschickt. Bitte zanken Sie nicht mit ihm.»
    «Den Teufel
haben Sie!» sagte Seine Lordschaft. «Liege ich viel leicht im Sterben?»
    «Gewiß
nicht», antwortete Miss Challoner. «Aber Sie haben gestern entschieden zu viel
Wein getrunken, und ich bin überzeugt, daß Sie davon Fieber bekamen.
Vielleicht ist die Wunde auch entzündet. Ich finde, Sie gehören zur Ader
gelassen.»
    Mylord
starrte sie sprachlos an. Sie zog einen Stuhl heran und setzte sich. «Fühlen
Sie sich kräftig genug, um sich ein paar Minuten mit mir zu unterhalten, Sir?»
    «Zum
Kuckuck, was sollte mich daran schon anstrengen! Worüber wollen Sie mit mir
reden?»
    «Über meine
Zukunft, bitte schön.»
    «Die lassen
Sie meine Sorge sein», sagte er stirnrunzelnd. Sie schüttelte den Kopf. «Sehr
freundlich von Ihnen, Mylord, aber ich will nicht Ihre Frau werden. Ich habe
mir alles reiflich überlegt, und ich glaube, ich weiß, was ich am besten tue.
Darf ich Ihnen sagen, wozu ich mich entschieden habe?»
    «Was
Entscheidungen betrifft, sind Sie heute morgen anscheinend besonders in Fahrt,
meine Liebe», sagte er schmunzelnd. «Also in Gottes Namen, schießen Sie los.»
    Sie
verschränkte die Hände in einer für sie typischen Geste locker im Schoß, und
diese Gebärde völlig entspannter innerer Sammlung brachte ihm plötzlich zu
Bewußtsein, was für eine ruhige Frau sie im Grunde war. «Es stimmt, was Sie mir
gestern abend gesagt haben, Mylord; ich kann nicht mehr nach Hause. Aber Sie
dürfen nicht glauben, daß mir das

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