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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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hübsch gewesen, aber jetzt war ihr Gesicht von Todesblässe
bedeckt und ihre Augen hatten einen so verwirrten Ausdruck, daß man sie kaum
für geistig normal halten konnte. Sie beachtete Hero, die an Sherrys Arm die
Stufen des Hauses herabschritt, überhaupt nicht, sondern warf sich Sir Montagu
in den Weg, während sie mit leiser, eindringlicher Stimme sagte: «Man sagte mir
in deiner Wohnung, daß du mich nicht empfangen willst und hierhergefahren
bist; aber ich muß, ich muß unbedingt mit dir sprechen! Um Gottes willen, stoße
mich nicht von dir! Immer wieder war ich in deiner Wohnung, aber ich erhielt
immer dieselbe Antwort. Ich bin verzweifelt, Montagu, völlig verzweifelt!»
    Einen
Augenblick herrschte bestürztes Schweigen. Alles stand stockstill, Ferdy
blickte die Fremde mit hervorquellenden Augen an, und Revesby stand in starrer
Haltung, nur seine Hand umklammerte seinen Stock fester. Plötzlich sah er sehr
blaß aus, doch konnte es auch der flakkernde Schein des Laternenlichts sein,
der ihn so bleich erscheinen ließ. Seine Stimme brach das Schweigen. «Meine
liebe junge Frau», sagte er langsam,
«Sie befinden sich in einem Irrtum. Ich glaube kaum, daß ich je das Vergnügen
Ihrer Bekanntschaft hatte.»
    Die junge
Frau stöhnte auf. «Oh, du Unbarmherziger!» rief sie. «Bekanntschaft! Oh, mein
Gott! Du kannst mich nicht so verstoßen, das wirst du nicht wagen! Ich werde
dir folgen, wohin du auch gehst! Kennst du denn kein Mitleid, kein Erbarmen?
Willst du dein eigenes Kind verleugnen? Sieh her! Nachdem du mich zugrunde
gerichtet hast, kannst du dies unschuldige Kind anblicken und ungerührt
bleiben?» Während sie sprach, öffnete sie den Schal und enthüllte den
schlafenden Säugling.
    «Du gütiger
Gott!» sagte Mr. Ringwood.
    «Ich habe
diese Frau nie zuvor gesehen», sagte Revesby noch immer lächelnd. «Sie sind
ganz bestimmt verrückt, und ich muß annehmen, daß Sie aus einem Irrenhaus
entsprungen sind.»
    «Verrückt?
Nein! Wenn ich es jedoch nicht bin, so habe ich das nicht dir zu verdanken!»
schrie sie wild und verzweifelt. «Du versprachst mir, daß alles gut werden
würde, du versprachst mir – du schworst mir ...»
    «Um Himmels
willen, Sherry, bring deine Frau von hier weg», sagte Mr. Ringwood
eindringlich. «Im Nu wird sich der ganze Pöbel um uns drängen!»
    Sherry, der
in höchster Bestürzung wie gebannt dagestanden war, nahm sich zusammen. «Ja,
bei Gott», sagte er. «Komm, Kätzchen! Steig rasch in den Wagen. Wir können
nicht die ganze Nacht hier herumstehen.»
    Aber Hero
hatte ihre Hand aus seinem Arm gezogen. «Oh, das arme Geschöpf!» rief sie, von
Mitleid erfüllt, aus, lief den Rest der Stufen hinunter und auf das verstörte
Mädchen zu.
    «Jetzt sind
wir aufgeschmissen!» murmelte Sherry. «Du lieber Gott, Gil, was sollen wir nur
tun? Verdammte Sache!»
    «Sherry,
lieber alter junge, ich werde jetzt am besten nach Hause gehen», erklärte
Ferdy in feiger Weise. «Ihr werdet mich wohl nicht mehr brauchen.»
    «Nein,
Ferdy», sagte Mr. Ringwood entschieden, «du kannst Sherry jetzt nicht im Stich
lassen! Verteufelt unangenehme Situation!»
    «Weißt du
was, Gil?» sagte ihm Ferdy ins Ohr. «Habe immer gesagt, daß der Bursche ein
gemeiner Kerl ist. Hier haben wir den Beweis!»
    «Nun, auch
ich mag ihn nicht, hab ihn nie ausstehen können: aber, zum Kuckuck, es tut mir
doch immer verteufelt leid, wenn ein Mann in eine derartige Verlegenheit
gerät», erwiderte Mr. Ringwood aufrichtig.
    «Ja, bei
Gott», stimmte Ferdy bei, von diesem Standpunkt gewaltig beeindruckt.
    Inzwischen
hatte Hero ihren Arm um die Schultern der Fremden gelegt. «Oh, bitte – kommen
Sie, lassen Sie mich das liebe kleine Baby zudekken. Bitte, weinen Sie nicht.
Sagen Sie mir bloß, worum es sich handelt, und ich werde Ihnen bestimmt
helfen.»
    «Kätzchen!
Nein wirklich, Kätzchen! Verwünscht, du kannst doch nicht – ist nicht deine
Sache», hielt ihr Sherry vor.
    Diesmal
beachtete sie ihn jedoch nicht. Das Mädchen rang nach jedem Satz um Atem.
«Fragen Sie ihn, ob er es wagt, sein eigenes Kind zu verleugnen! Fragen Sie
ihn, ob er mir nicht die Ehe versprochen hat! Fragen Sie ihn, ob ich nicht ein
anständiges Mädchen war, als er mich zum erstenmal erblickte. O Gott, was soll
aus mir werden?»
    «Nein,
Kätzchen, um Himmels willen ...» sagte Sherry rasch, als sich Hero an Revesby
wenden wollte. «Du kannst Monty nicht fragen. Warum, zum Teufel, unternimmst
du nichts, Monty, statt bloß

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