Georgette Heyer
verschiedener sportiver
junger Damen seiner Bekanntschaft zu verdanken, die bestimmt kein
überwältigendes Bedürfnis empfanden, ihre Ehemänner an ihrer Seite zu wissen,
sondern es fertigbrachten, sich – natürlich absolut diskret – ohne diese
gefälligen Gentlemen zu amüsieren. Aber Sherry erfaßte in seiner ehelichen
Laufbahn sehr bald, daß sich Hero wesentlich von diesen weltgewandten Damen
unterschied. Da sie weder das Training erhalten hatte, das sie für ein
fashionables Leben tauglich gemacht hätte, noch Verwandte besaß, an die sie
sich hätte wenden können, hing sie in so hohem Maße von ihrem Gatten ab, daß er
höchst beunruhigt gewesen wäre, wenn er von Anfang an gewußt hätte, wie es
kommen würde. Schon einen Monat nachdem sie ihren Wohnsitz in der Half Moon Street
aufgeschlagen hatten, war es Seiner Lordschaft klargeworden, daß seine Frau
nicht tauglicher dafür war, sich den Weg durchs Leben zu bahnen, als ein
kleines Kätzchen, wie er sie auch zu rufen pflegte. Seine Lordschaft, die
bisher weder irgendeine Verantwortung gehabt noch die mindeste Befähigung
bewiesen hatte, seinen eigenen Lebensstil in erträglichen Grenzen zu halten,
sah sich plötzlich als alleiniger Herr und Meister eines kleinen Geschöpfes,
das schrankenloses Vertrauen in sein Urteil setzte und sich darauf verließ, daß
er nicht nur ihre Schritte leiten, sondern sie auch aus den Folgen ihrer
Unerfahrenheit wieder befreien würde. Ein gefühlloserer Mann als Sherry hätte
die Achseln gezuckt und die Schwierigkeiten seiner Frau geflissentlich übersehen.
Aber der Viscount war keineswegs gefühllos, und ebenso wie sein Instinkt, zu
beschützen, ihn dazu veranlaßt hatte, seinen Lieblingshund, der sich zu tief in
ein Kaninchenloch eingegraben hatte und sich nicht wieder zu befreien
vermochte, die ganze Nacht in den Wäldern von Sheringham Place zu suchen, so
fühlte er sich genötigt, Hero soviel Fürsorge zuteil werden zu lassen, als ihm
irgend möglich war. Sie hatte stets zu ihni aufgeschaut und ihn immer geliebt;
obwohl er das für selbstverständlich hielt, übersah er es jedoch durchaus nicht
und tat sein möglichstes, ihr freundlich entgegenzukommen. Es amüsierte ihn,
ja, er war sogar ein wenig gerührt, als er entdeckte, daß sie keine größere
Glückseligkeit kannte, als sich in seiner Gesellschaft zu befinden; sie wird
dem bald genug entwachsen sein, dachte er und vergaß dabei völlig, daß ihn
sein Besitzerinstinkt dazu veranlaßt hatte, sie von selbständigen Unternehmungen
in unmißverständlicher Weise abzuschrecken, als sie ihrer Bereitwilligkeit
Ausdruck gab, in Lord Wrothams Begleitung eine Unterhaltung zu besuchen.
So kam es,
daß der Viscount seine Frau und alle seine Freunde dadurch erfreute, daß er
mit verblüffender Regelmäßigkeit bei den Clubbällen erschien, was tonangebende
Optimisten, zu denen auch Lady Sefton zählte, sogar zu der Prophezeiung bewog,
daß ihn seine Ehe zum Manne reifen ließ.
Ein anderer
Gentleman, der den Almack-Club öfter als früher aufzusuchen begann, war Sir
Montagu Revesby, ein Liebling der Damen. Mochte er auch von seinen männlichen
Kollegen im Watier hinausballotiert worden sein, so waren die Patronessen des
Almack-Clubs, trotz aller Exklusivität, gegen Haltung, Manieren und
Konversationstalent, die Sir Montagu auszeichneten, durchaus nicht gefeit. Wäre
er allerdings plebejischer Herkunft gewesen, so hätten ihm selbstverständlich
weder seine blendenden Manieren noch seine auserlesene Haltung vor diesen
erhabenen Augen etwas genützt, zu seinem Glück war seine Abstammung jedoch
untadelig. Kritische Bemerkungen, wie sie Mr. Fakenham machte und andere dieser
Art, wurden im allgemeinen der Eifersucht zugeschrieben und wenig beachtet;
nur weibliche Clubmitglieder, die schon älter und besonnener waren,
beobachteten mit Mißbilligung, wie Sir Montagu in ständig zunehmendem Maße
Miss Milborne den Hof machte.
Denn es
konnte keinem Zweifel unterliegen, daß Sir Montagus plötzliche Vorliebe für
den Ballsaal ihren Ursprung in seiner Bewunderung für die Unvergleichliche
hatte. Bis zu seinem Auftauchen in ihren Reihen hatten die Eingeweihten Lord
Wrotham für den gefährlichsten Rivalen Seiner Gnaden von Severn betrachtet.
Aber Wrotham war es nie gelungen, mit Miss Milborne vor der Nase Seiner Gnaden
auf und davon zu gehen, und genau das war es, was Sir Montagu auf möglichst bequeme
Art plante. 'Vielleicht fand die Beauté die Sicherheit, mit der
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