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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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mißbrauchen? Nein, ich nicht!»
    George
holte tief Atem; er saß da und starrte zwischen den Ohren seines Pferdes
geradeaus vor sich hin. Nach einem Augenblick erinnerte er sich der ersten von
Sherrys Eröffnungen und wendete ihm seinen gespannten Blick wieder zu. «Du
sagtest, sie sei im Begriff, mit deiner Mutter nach Bath zu fahren!»
    «Nun, zum
Teufel, warum sollte sie es denn nicht?»
    «Aber du
sagtest doch, daß du auch hinfährst!»
    «Tue ich
auch. Meine Mutter fürchtet sich vor Straßenräubern oder dergleichen dummem
Zeug!»
    George
blickte ihn finster an. «Sie kann Vorreiter engagieren!»
    «Genau das
habe ich ihr auch gesagt, aber es genügt ihr nichts, außer daß ich mit ihr
komme.»
    Georges
Augen begannen aufzuglühen. «Ach, wirklich? Das ist etwas Neues, Sherry, bei
Gott, das ist es! Auf einmal, so urplötzlich stehst du deiner Mutter demütig zu
Diensten? Aber laß es dir gesagt sein, wenn du die Absicht hast, dich wieder an
Isabella heranzumachen ...»
    «Geh und
nimm eine Dusche, du Narr!» erwiderte Sherry. «Ich bin ein verheirateter Mann!
Außerdem, wenn ich die Absicht hätte, mich wieder an sie heranzumachen, würde
ich dir nicht erzählen, daß sie im Begriff ist, nach Bath zu reisen.»
    Wieder
besänftigt, entschuldigte sich George und erklärte, er sei derart zermürbt,
daß er kaum mehr wisse, was er sage. Sherry ließ diese Entschuldigung gelten
und hätte sich verabschiedet, wenn George ihn nicht zurückgehalten hätte, um zu
sagen: «Sherry, an deiner Stelle würde ich nicht nach Bath fahren. Du kannst
den Ort nicht leiden. Wenn Lady Sheringham mir gestatten würde, deinen Platz ...»
    «Nun, das
würde sie nie tun», unterbrach ihn Sherry. «Außerdem habe ich plötzlich Lust,
hinzufahren.»
    «Warum?»
fragte George argwöhnisch.
    «Was, zum
Teufel, hat das mit dir zu tun? Habe London satt. Fühle mich nicht ganz wohl,
brauche eine Abwechslung.»
    «So! Und
ohne Zweifel wirst du dort den Brunnen trinken?» sagte George höhnisch.
    «Möglich»,
gab Sherry zu. «Man kann nie vorher sagen, wozu ich imstande bin – mit Ausnahme
einer bestimmten Sache. Beruhige dich: ich habe nicht die Absicht, der
Unvergleichlichen den Hof zu machen.»
    Damit eilte
er weiter den Piccadilly hinunter und ließ George in ziemlicher Bestürzung
zurück.
    George fuhr
langsam weiter, bog in die St. James Street ab und hatte die Ryder Street, in
der er wohnte, fast erreicht, als er sich an Mr. Ringwood erinnerte.
Schließlich war es Gil gewesen, der das Kätzchen nach Bath gebracht hatte, und
es war an Gil, zu entscheiden, was nun geschehen sollte. Er drehte seinen
Sulky um und fuhr zurück in Richtung der Stratton Street. Zu dieser Zeit war
Sherry bereits um die Ecke der Half Moon Street gebogen und nicht mehr zu
sehen. George fuhr bei Mr. Ringwoods Haus vor, rief einen Müßiggänger herbei,
der sein Pferd halten sollte, und sprang vom Sulky.
    Die Türe
von Mr. Ringwoods Wohnung wurde ihm von dem pensionierten Kammerdiener, dem
das Haus gehörte, geöffnet, der ihm mitteilte, daß Mr. Ringwood verreist sei.
    «Verreist!»
rief George ungehalten. «Ich möchte nur wissen, was, zum Teufel, in ihn gefahren
ist, gerade jetzt zu verreisen!»
    Der
Hausherr, der an allerlei Schrullen der Personen von Stand gewöhnt war und
dieses spezielle Mitglied der vornehmen Welt schon lange kannte, zeigte über
diesen unvernünftigen Ausbruch keinerlei Erstaunen, sondern sagte höflich, Mr.
Ringwood sei auf einen Tag zur Jagd nach Leicestershire gefahren und werde
nicht vor dem folgenden Tag zurückerwartet.
    «Zum Henker
mit ihm!» murmelte George. «Hat seinen Diener vermutlich mitgenommen?»
    «Ja,
Mylord.»
    «Sieht ihm
ähnlich!» rief George wild. «Was soll ich jetzt nur machen?»
    Mr. Ford,
der nicht der Meinung war, daß man von ihm eine Antwort erwarte,
hüllte sich in diskretes Schweigen. George stand einige Minuten dumpf brütend
da, dann sagte er mit der Miene eines Mannes, der einen wichtigen Entschluß
gefaßt hat: «Ich werde ihm einen Brief hinterlassen.»
    Mr. Ford
verbeugte sich und führte ihn sogleich in Mr. Ringwoods Salon. George setzte
sich an den Schreibtisch unter dem Fenster, warf sowohl Cocker als auch den Racing
Chronicle und verschiedene Ausgaben des Weekly Dispatch auf den
Boden, zog sich das Tintenfaß herbei, fand nach beträchtlichem Suchen unter der
Unmenge von Rechnungen und Einladungen ein Briefpapier und schrieb eiligst
einige Zeilen.
    «Lieber
Gil», schrieb er, «ohne Zweifel hat

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