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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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bin
ich überzeugt, daß du betrunken bist», sagte Sherry äußerst angewidert.
    «Nein, ich
bin es nicht. Habe Gil auch gern. Gehöre nicht zu den Leuten, die einen Freund
im Stich lassen. Kutschierst du selbst?»
    «Ja. Aber ...»
    «Hol mich
am Cavendish Square ab. Bin jederzeit reisefertig.»
    «Ich habe
nichts dagegen, dich abzuholen, wenn du es wirklich willst», sagte Sherry. «Es
wäre mir in der Tat auf der Fahrt fast lieber, wenn ich Gesellschaft
hätte, aber ich glaube fast, du wirst den größten Teil des morgigen Tages
brauchen, um deinen Schwips auszuschlafen. Falls du keine Lust hast, hier zu
schlafen, wäre ich dir sehr dankbar, wenn du jetzt nach Hause gingest.»
    «Gehe nicht
nach Hause, gehe zu White zurück», erklärte Ferdy. «Hast du keine Lust,
mitzukommen, lieber alter Junge?»
    «Nein.
Durchaus nicht», erwiderte Sherry und öffnete ihm die Tür. «Ganz recht. Bist
dafür auch nicht entsprechend gekleidet», stimmte Ferdy zu. «Auf Wiedersehen
morgen!»
    Entgegen
Sherrys Befürchtungen fand er seinen Cousin, als er gegen Mittag am Cavendish
Square vorfuhr, nicht nur völlig wach, sondern auch
reisefertig. Ferdy hatte Zeit gehabt, sich verschiedene Gründe auszudenken,
die seinen Wunsch rechtfertigten, nach Bath fahren zu wollen. Obwohl sein
Cousin ihm nicht einen einzigen glaubte, war er weit davon
entfernt, den wahren Grund zu erraten. Er hatte den Verdacht, daß Ferdys
Aktivitäten in London es ihm ratsam erscheinen ließen, sich für einige Zeit aus
der Metropole zu entfernen; da er aber nur das oberflächlichste Interesse an
Ferdys Affären nahm, enthielt er sich strikte, ihn danach zu fragen.
    Sie hatten
während der Reise, die, wie Sherry prophezeit hatte, erst in zwei Tagen
vollendet war, keine besonderen Unannehmlichkeiten zu ertragen.
Die Prozession, die aus einer großen Reisekutsche, zwei Wagen, in
welchen sich das Gepäck und die Dienerschaft befanden, und einem Kabriolett
bestand, war imposant genug, um der Gräfinwitwe bei jedem
Aufenthalt unterwegs die schmeichelhafteste Aufmerksamkeit zu sichern.
Die Gastwirte verbeugten sich so tief, daß ihre Nasen die Knie fast berührten;
Kellner kamen herausgelaufen, um ihnen Liköre anzubieten;
Zimmermädchen knicksten; und die Lohndiener stolperten übereinander, in dem
Wunsche, als erste dazusein und einer cortège zu Diensten zu stehen,
deren Stil ungewöhnlich hohe Trinkgelder verhieß.
    Gegen Abend
des zweiten Tages fuhren sie in Bath ein, wobei die Kutsche der Gräfinwitwe
eine beträchtliche Strecke vor dem Kabriolett dahinrollte, welches ungewöhnlich
lange Zeit vor einer gewissen Gastwirtschaft, einige Meilen außerhalb der
Stadt, gehalten hatte.
    Lady
Sheringham hatte im Royal Crescent eine fürstliche Zimmerflucht gemietet, so
daß Sherry, aus der Guinea Lane in die Belmont einschwenkend, scharf nach
rechts in die Bennet Street einbiegen mußte, die an den Neuen Kurhaussälen
vorbei zum Circus führte. Inmitten der dichtgedrängten Hauptstraße, in einem
Augenblick, als die größtr Präzision des
Auges erforderlich war, um die Durchfahrt zwischen einer Droschke, die auf der
linken Straßenseite hielt, und einem ihm entgegenkommenden Phaeton zu finden,
das von einem Mann gelenkt wurde, der einen mit vielen Kragen geschmückten
Mantel trug, geschah es, daß Sherry seine Frau erblickte, die, ihre Hand auf
Lord Wrothams Arm gestützt, fröhlich des Weges kam.
    Er schrak
zusammen, und ein heftiger Fluch kam über seine Lippen. Er riß den Kopf herum,
um ihr nachzuschauen, und achtete nicht auf den Phaeton; im nächsten Augenblick
waren die Räder beider Gefährte ineinander verkeilt, und noch weit kräftigere
Flüche entströmten den Lippen des Fremden.
    Da die
Pferde plötzlich auszuschlagen begannen und man ein unheilverkündendes
Geräusch splitternden Holzes vernahm, war Sherry gezwungen, sein Augenmerk
dorthin zu wenden, wo es am dringendsten benötigt wurde. Als man die verkeilten
Wagen voneinander gelöst hatte, was hauptsächlich den Bemühungen Jasons zu
verdanken war, der nicht eine Sekunde gezögert hatte, von seinem hohen Sitz
herabzuspringen, um zu den Pferden seines Gebieters zu laufen, waren Hero und
George bereits in der Russel Street verschwunden. Sherry, der den berechtigten
und entrüsteten Äußerungen des Phaetonbesitzers keinerlei Aufmerksamkeit
schenkte, legte die Zügel in die Hände seines Cousins und sprang nach einer
kurzen Ermahnung, «Die Sache mit dem Burschen zu ordnen», vom Kabriolett
herunter,

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