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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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verteufelt
bestürzt, jetzt scheint sie aber in ausgezeichneter Stimmung zu sein. Du mußt
nämlich wissen, daß sie sich sehr gerne in Bath aufhält. Sie geht gern auf
Bälle und in Konzerte und hat hier eine Menge Freundschaften geschlossen.
Äußerst charmantes kleines Ding, das Kätzchen: ich glaube, sie wurde in Bath die große Mode.»
    Diese Nachricht
erweckte in dem Viscount durchaus keine Genugtuung. Er knirschte mit den
Zähnen. «So, tatsächlich? Und ich dachte ...!» Seine Gefühle überwältigten ihn
neuerlich, und er nahm seinen Gang durch das Zimmer wieder auf. Er war eben im
Begriff, das Wort wieder zu ergreifen, als das entfernte Stimmengewirr, das ihn
schon seit dem Betreten des Salons vage irritiert hatte, kräftiger an sein Ohr
drang. «Was zum Teufel ist das für ein infernalisches Geheul?» fragte er.
    «Höllischer
Krach, was?» stimmte George zu. «Es ist der Verein: < Die Harmonie > . Sie
kommen hier allwöchentlich zusammen. Hätte ich das gewußt, dann wäre ich hier
nicht abgestiegen. Es scheint so etwas wie eine Liedertafel zu sein.»
    «Was?» rief
Sherry ungläubig aus. «Du willst doch nicht behaupten, daß sie jede Woche nur
deshalb hierherkommen, um eine solche Katzenmusik zu machen? Nun, ich muß
sagen, das ist eine entsetzliche Gewohnheit! Dieses Bath! Siehst du, das hast
du von Bath!»
    «Man möchte
glauben, es wäre genug, um alle Fenster und Türen zu verbarrikadieren, nicht?»
sagte George. «Habe einen furchtbaren Schrekken gekriegt, als sie ihr Geheul
zum erstenmal anstimmten, das kann ich dir sagen.»
    Beide junge
Herren verharrten einige Augenblicke in stummem Brüten über den Zustand einer
Gesellschaft, die eine derartige Barbarei duldete. Eine Pause in den in der
Ferne entfalteten musikalischen Aktivitäten erinnerte Sherry an eine weit
dringlichere Angelegenheit. Er warf George einen prüfenden Blick zu, dann sagte
er: «Wie oft warst du in Bath, seitdem mich das Kätzchen verlassen hat?»
    «Zum
Teufel, Sherry, für wen hältst du mich denn?» sagte George unwillig. «Ich kam
diesem Ort nicht einmal in die Nähe, bis ich hörte, daß du auf dem Weg hierher
bist. Da mußte ich Lady Sherry warnen. Du hättest an meiner Stelle dasselbe
getan.»
    «Mußtest
sie warnen», stieß Sherry hervor. «Als ob ich ein notorischer Blaubart wäre!
Wenn das nicht die Höhe ist!»
    «Na ja, du
hast sie aber doch so erschreckt, daß sie dir davongelaufen ist», sagte George
unfreundlich.
    Sherry
ergriff seinen Biberhut, den er auf einen Stuhl geworfen hatte, und glättete
sorgfältig die aufgerauhten Stellen. «Ich habe dir nichts weiter zu sagen»,
kündigte er an. «Ich gehe jetzt meine Frau besuchen.»
    «Es hat
keinen Sinn, heute abend hinzugehen», sagte George. «Sie ist zu irgendeiner
Party gegangen und wird vor Mitternacht nicht zurückerwartet.»
    «Zu einer
Party gegangen», wiederholte der Viscount erschüttert. «Sie muß sich doch
gedacht haben, daß ich sie, sobald ich sie hier gesehen hatte, unverzüglich
besuchen werde.»
    «Das hat
sie auch», erwiderte George kühl. «Sherry, ich glaube, sie will dich nicht
sehen.»
    Die blauen
Augen des Viscount starrten eine Minute lang gefährlich in die dunklen Georges.
Dann wandte er sich auf den Absätzen scharf um und schritt aus dem Zimmer.
    Er
unternahm keinen Versuch, die Richtigkeit von Georges Angaben zu überprüfen,
sondern kehrte ins Royal Crescent zurück und wurde von so vielen einander
widersprechenden Gefühlen hin- und hergerissen, daß er selbst kaum noch wußte,
ob Ärger, Erleichterung oder Angst vorherrschten. Seine Laune besserte sich
keineswegs, als er im Privatsalon seiner Mutter eine Gesellschaft vorfand, die
aus zwei jungen Damen und deren Bruder bestand, die sich in animiertester
Weise mit Miss Milborne unterhielten. Seine Miene war so abschreckend, daß sie
Mr. Chalfont sogleich einschüchterte; die jungen Damen allerdings waren nicht
so leicht einzuschüchtern, sie hielten ihn lediglich für einen auffallend
gutaussehenden jungen Mann und hätten zweifellos ihr möglichstes getan, ihn zu
erobern, wenn er ihnen nur die geringste Möglichkeit gegeben hätte, ihren
Charme zu entwickeln. Leider entschuldigte er sich fast augenblicklich und zog
sich in die Einsamkeit seines eigenen Appartements zurück, um dort
nachzudenken.
    Die Folge
seiner Überlegungen war, daß jedes andere Gefühl dem überwältigenden Wunsche
wich, Hero so bald wie möglich wiederzusehen. Er klopfte zu einer übertrieben
frühen

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