Georgette Heyer
stumpfsinniger Abend!» stieß er hervor. «Hier ist's ja zehnmal
ärger als im Almack!»
«Ich möchte
gerne wissen», sagte George, der ihn finster ansah, «was, zum Teufel, du dir
dachtest, als du mir vorfaseltest, daß ich Miss Milbornes Zuneigung gewonnen
hätte?»
«Habe dir
nie etwas Derartiges gesagt», erwiderte der Viscount. «Habe nichts anderes
gesagt als das, was sie mir so gut wie gestanden hat. Warum bist du denn so
schlechter Laune?»
«Ich bat,
sie zum Tee führen zu dürfen, worauf sie erklärte, sie habe es Monty bereits
versprochen. Dann tanzte ich mit ihr den zweiten Reigentanz, aber sie tat so,
als hätte sie mich vorher nie im Leben gesehen.»
«Nun, dann
laß es dir zur Warnung dienen, meiner Frau nicht mehr den Hof zu machen», sagte
Sherry mit einiger Strenge.
«Sie kann
doch unmöglich annehmen, daß zwischen mir und dem Kätzchen etwas anderes als
bloße Freundschaft besteht!» sagte George.
«Wer hat
dir denn erlaubt, meine Frau Kätzchen zu nennen?» fragte der Viscount
kriegerisch.
«Du»,
erwiderte George.
«Oh!» sagte
Sherry und gab sich geschlagen.
«Es will
mir nicht in den Kopf, daß die Unvergleichliche einen solchen Unsinn glauben
kann», erklärte George errötend. «Sag selbst, wann habe ich ihr Grund gegeben
anzunehmen, daß ich ein anderes Mädchen auch nur anschauen würde?»
«Nun, auf
mein Wort!» rief Sherry aus. «Wenn das nicht alles übersteigt! Ist es nicht
Grund genug, daß du meine Frau auf dem Ball der Fakenhams geküßt hast ...»
«Davon
wußte sie nichts!»
«O ja, sie
wußte es. Denn das Kätzchen versuchte sie zu überreden, dich zu bitten, von dem
Duell mit mir zurückzutreten.»
«Du guter
Gott!» stieß George hervor und erblaßte. «Also deshalb war es – ich muß mit ihr
sprechen!»
«Hier wird
dir das nicht gelingen», sagte Sherry mit schwermütiger Genugtuung. «Wenn ich
es genau bedenke, müssen wir beide ja als ein nettes Paar Dummköpfe dastehen,
daß wir zwei Mädchen nachlaufen, die mit uns nichts zu tun haben wollen! Dabei
gibt's hier auch nichts zu trinken außer diesem verfluchten Tee!»
«Sie wird
Monty heiraten», sagte George trübe.
«Nein, das
wird sie nicht tun!»
«Sie fährt
morgen in seinem Kabriolett auf irgendeinen verdammten Ausflug. Sie erzählte es
mir selbst. Aber ich werde meine Zeit hier nicht länger vergeuden. Ich gehe
zurück ins White Hart. Dort gibt's einen sehr anständigen Chambertin.»
«Ich will
verdammt sein, wenn ich nicht mit dir komme!»
«Das kannst
du nicht tun. Du mußt doch Lady Sheringham und Miss Milborne nach Hause
begleiten.»
«Ich werde
zeitgerecht zurück sein, um sie nach Hause zu bringen», sagte Sherry, «außer –
bei Jupiter, ich könnte Ferdy dazu zwingen, mir beim Kotillon seinen Platz zu
überlassen!»
«Was hat
das für einen Sinn?» sagte George. «Ich habe vorhin fast dasselbe getan, aber
ein Ball ist für Privatgespräche in der Tat höchst ungeeignet. Man wird durch
die Tanzfiguren immer wieder getrennt, und schließlich endet alles mit einem
Streit.»
«Ich glaube
fast, daß du recht hast», sagte Sherry. «Aber, wenn ich das Kätzchen entführte ...»
«Das kannst
du nicht tun!» rief George empört. «Man ist auf diesen Bällen verteufelt
korrekt. Außerdem – wenn sie sich weigerte, mit dir zu kommen, dann würdest du
als ein noch größerer Esel dastehen als jetzt.»
«Ja, mein
Gott, das ist wahr», stimmte Sherry zu. «Ich war ein Narr, daß ich
hierhergekommen bin. Gehen wir, George!»
So wurde
den beiden Damen, die keine Mühe gescheut hatten, den beiden Lords ihre
Gleichgültigkeit zu beweisen, das zweifelhafte Vergnügen zuteil, mitansehen zu
müssen, wie sie sich gemeinsam aus dem Ballsaal entfernten. Es hätte ihnen zwar
eine gewisse Genugtuung bereiten sollen, daß ihre Winke so gut verstanden
worden waren, aber leider war diese Genugtuung in den Gefühlen der beiden
durchaus nicht vorherrschend. Nachdem sie eine gewisse Erleichterung darin
gefunden hatten, einander in der nächsten Stunde auffallend zu ignorieren, bekam
jede von ihnen heftige Kopfschmerzen, und beide entdeckten gleichzeitig den
brennenden Wunsch, nach Hause zu fahren.
24
Hero, die eine schlaflose Nacht
verbracht hatte, erhob sich am nächsten Morgen tatsächlich mit Kopfschmerzen
und verdächtig verschwollenen Augen. Lady Saltash warf ihr einen Blick zu,
schickte sie ins Bett zurück und empfahl ihr, in den Spiegel zu schauen, um
selbst zu entscheiden, ob sie ihrem Gatten oder
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