Georgette Heyer
einem Kragenmantel und einem großen Biberhut plötzlich vor ihr
auftauchte. Sie stieß einen kleinen Angstschrei aus, hatte aber keine Zeit,
etwas anderes zu tun, ehe sie in eine unwiderstehliche Umarmung gezogen wurde.
Sie unternahm verzweifelte Anstrengungen, sich zu befreien und den Versuch, um
Hilfe zu rufen. Ihr Angreifer verhinderte dies, indem er seine Lippen auf die
ihren preßte und sie leidenschaftlich küßte. Sie konnte nur den Schimmer einer
Larve wahrnehmen, die seine obere Gesichtshälfte bedeckte, aber plötzlich
glaubte sie zu wissen, wer es war, der ihr solchermaßen aufgelauert hatte; sie
befreite einen Arm, schlang ihn um seinen Hals und erwiderte seine Umarmung mit
äußerster Leidenschaft. Das Geräusch gemächlicher Schritte, die sich von ferne
näherten, veranlaßten den maskierten Gentleman, sie aufzuheben, mit drei
raschen Schritten zu der wartenden Postkutsche zu tragen und eiligst
hineinzuschieben. Da sie noch immer, ganz unbewußt, die Leine des Mopses
umklammerte, wurde das faule Tier wohl oder übel hinter ihr hinaufgezogen und
bemühte sich unter viel Getöse, in die Kutsche hineinzuklettern, bevor die Tür
hinter ihm geschlossen wurde.
Hero, die
ohne weitere Umstände auf einen der Polstersitze geschleudert worden war,
richtete sich wieder auf, als sich die Kutsche in Bewegung setzte, und
bemerkte, daß sie gleichzeitig lachte und weinte. Aber der Anblick des
entrüsteten Mopses, der keuchend auf dem Boden der Kutsche saß, trocknete ihre
Tränen gründlich. «Oh», gluckste sie. «Oh, du abscheulicher kleiner Hund. Das
sieht Sherry wieder ähnlich, dich auch noch hinter mir hereinzuwerfen!»
Inzwischen
gratulierte sich Mr. Tarleton, der hinter der Kutsche ritt, zu dem Gelingen
seines abscheulichen Planes, die Dame zu entführen, die er zu seiner Frau zu
machen wünschte. Und Sherry, der für das Dinner mit seiner Frau bereits
sorgfältigst angekleidet war, saß vor seinem Toilettentisch und versicherte
Lord Wrotham ungeduldig, kein Ausländer, weder ein Grieche noch sonst jemand,
habe die Hand dabei im Spiele, daß er nach Bath gekommen war.
«Ich kann
es einfach nicht verstehen», sagte George. «Kann aus dem, was Ferdy sagt,
unmöglich klug werden. Scheint, daß dieser Bursche mit ihm in
Eton war. Habe nicht gewußt, daß auch Griechen dort waren, wußtest du es?
Scheint mir auch ein verteufelt merkwürdiger Kunde zu sein. Soll immerzu hinter
einem herkriechen und einen erschrecken. Ferdy behauptet, daß Duke ihn kennt.»
«Das ist
möglich, ich kenne ihn aber nicht», erwiderte der Viscount. «Ich wäre froh,
wenn du endlich aufhören würdest, mich damit zu quälen, und dich entferntest.
Geh in den Salon hinüber und spiel den Charmeur; ich glaube, Isabella ist
schon zurückgekommen. Du wirst Gil auch antreffen. Der arme Teufel kam, um
meiner Mutter seine Aufwartung zu machen – sie hat ihn eine ganze Stunde nicht
mehr losgelassen, er mußte sich anhören, was irgendein verdammter Arzt ihr über
russische Dampfbäder erzählt hat.»
«Ich gebe
zu, daß ich gekommen bin, weil ich hoffte, Miss Milborne zu sehen», sagte
George geistvoll. «Aber leider steht es so, daß mich deine Mutter nicht gerne
sieht, und es wäre mir lieber, wenn du mit mir kämest, um die Wogen zu
glätten.»
Der
Viscount, der an seine Halsbinde letzte Hand legte, erklärte George, er sei
ein feiger Hund, wenn er aber noch einen Moment warten wolle, ohne über den
geheimnisvollen Griechen zu quatschen, dann würde er sein Bestes für ihn
versuchen. Während er aber noch sprach, klopfte es an der Tür, und als er
«herein» rief, trat die Gräfinwitwe ein, ihr Riechfläschchen unheilkündend
umklammernd. Sie nahm Lord Wrothams Anwesenheit mit einer leichten Neigung
ihres beturbanten Kopfes zur Kenntnis, wandte sich aber sogleich an ihren
Sohn.
«Oh,
Anthony, ich bin so froh, daß du noch nicht ausgegangen bist! Ich bin wegen der
lieben Isabella in großer Sorge und fürchte, daß ihr ein Unfall zugestoßen ist.
Sie versicherte mir, spätestens um fünf Uhr zurück zu sein, und jetzt ist's
schon halb sieben, und es zeigt sich noch immer keine Spur von ihr. Als ob das
an sich nicht schon schlimm genug wäre, bin ich auch äußerst bestürzt über
das, was mir Mr. und Miss Chalfont erzählten, die soeben zu Besuch kamen. Sie
brachten mir Isabellas Schal, den sie unvorsichtigerweise im Hotel in Wells
verloren hat. Mein lieber Anthony, es scheint, daß sie und Sir Montagu, mehr
als eine halbe Stunde vor
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