Georgette Heyer
müssen», erwiderte Sherry, zog ein Dokument
aus der Tasche und legte es auf den Tisch. «Hier ist meine Heiratsbestätigung
oder wie man das Zeug nennt. Meiner Mutter werde ich es selbst mitteilen, aber
mit den Anwälten müssen schon Sie verhandeln.»
Prosper
seufzte, erhob aber keinen Widerspruch. «Na ja, ich bin eigentlich gar nicht
böse, den alten Ditchling wiederzusehen», sagte er. «Was wirst du jetzt
anfangen, Sherry? Willst du, daß sich deine Mutter auf ihren Witwensitz zurückzieht?
Das würde ihr aber gar nicht in den Kram passen.»
«Nein»,
sagte Sherry, der sich diesen Punkt schon ein wenig überlegt hatte. «Das
Landleben sagt mir gar nicht zu, und ich hätte es ganz gern, wenn sie in
Sheringham Place bliebe, um ein Auge auf das Ganze zu haben. Hören Sie, Sir,
ich würde viel darum geben, wenn ich Onkel Horace hinauswerfen könnte, aber ich
glaube, man kann das nicht tun, wenigstens nicht, ohne daß meine Mutter einen
hysterischen Anfall bekommt, und das will ich nicht. Aber ich werde meine Hand
schon ordentlich auf dem Geldbeutel halten; ich habe nichts dagegen einzuwenden,
ihm Kost und Quartier zu geben, aber ich will verdammt sein, wenn ich auch
weiterhin für seine < kleinen Vergnügungen > aufkomme!»
«Ach, das
geht mich nichts an», sagte Prosper, «an deiner Stelle würde ich aber
trachten, ihn loszuwerden.»
«Das würden
Sie bestimmt nicht. Dazu sind Sie zu faul. Außerdem will ich meine Mutter nicht
einem ihrer Aufregungszustände aussetzen, denn darauf können Sie sich verlassen,
das wäre bestimmt die Folge, wenn ich Onkel Horace hinauswürfe! Zehn zu eins
würde sie in die Stadt ziehen, um hier zu leben, und das würde mir ganz und gar
nicht passen.»
«Nein, bei
Gott», stimmte Prosper zu, stark beeindruckt von diesem vernünftigen Standpunkt.
«Was das
Palais betrifft, habe ich darüber noch keine Entscheidung getroffen», fuhr
Sherry fort. «Ich muß aber gestehen, daß es nicht sehr nach meinem
Geschmack ist; dennoch werde ich Hero heute noch hinführen, damit sie sich's
ansehen kann, und wenn sie dort wohnen will, dann werden wir eben dort wohnen.»
«Sie wird
wollen», erklärte Prosper zynisch. «Verlaß dich darauf, denn jede Frau würde
sich auf die Chance stürzen, in einem riesigen zugigen Palais und in der besten
Gegend Londons wohnen zu können.»
Darin irrte
er sich aber. Als der Viscount seine junge Frau in das Palais am Grosvenor
Square eintreten ließ, verschwand etwas von ihrer gewohnten Munterkeit. Sollte
man es der erstaunten Mißbilligung des Lakaien zuschreiben, der sie von Zimmer
zu Zimmer führte, oder der deprimierenden Wirkung der Schutzhüllen, die Möbel
und Stühle bedeckten? Sie hätte es selbst nicht zu sagen vermocht; ihre
Stimmung hatte aber sichtlich einen Dämpfer erhalten. Sie klammerte sich eng
an Sherrys Arm und warf aus großen Augen verängstigte Blicke auf all die
düsteren Ölgemälde in schwervergoldeten Rahmen, die mächtigen Spiegel, die
massiven Girandolen, die drapierten Vorhänge und die steifen Möbel. Sie fühlte
sich plötzlich klein und schutzlos und war außerstande, sich als Herrin über
diese unmoderne Pracht vorzustellen.
Sherry
deprimierte das Palais natürlich in keiner Weise, aber er wußte aus Erfahrung,
daß man zu seiner Instandhaltung eine Armee von Lakaien benötigte, und es
erfaßte ihn das ganze Entsetzen eines jungen Menschen, der sich plötzlich mit
soviel Verantwortung belastet sieht. Außerdem fand er die Möbel abscheulich und
altmodisch, und ein unklares Gefühl sagte ihm, daß er, wenn er seinem Instinkt
gehorchen und alles aus dem Palais entfernen würde, einen höchst
unerfreulichen, aber dennoch vergeblichen Proteststurm heraufbeschwören würde.
Als er gemeinsam mit Hero die zahllosen Salons und Schlafräume besichtigt hatte
und sie unerbittlich in Richtung der Dienstbotenquartiere geführt wurden,
hatte er seinen Entschluß bereits gefaßt.
«Weißt du
was, Kätzchen», sagte er, «ich glaube nicht, daß du gerne hier wohnen würdest.»
«Nein»,
erwiderte Hero voll Dankbarkeit. «Aber – aber wenn du es willst, würde ich
schon hier wohnen.»
«Nein, das
will ich nicht», sagte er. «Konnte den Kasten nie leiden, und Ferdy hat ganz
recht, was die Möbel betrifft. Wenn du mich fragst, dann sage ich dir, daß wir
ein bedeutend kleineres Haus brauchen. Später, wenn du älter bist – und wenn
du mehr Bescheid weißt –, können wir uns noch immer entschließen, hier zu
wohnen, aber darüber
Weitere Kostenlose Bücher