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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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Sie vollkommen.» Es entstand ein kurzes Schweigen; dann
sagte er – und kehrte zu seiner gewohnten Art zurück ...: «Ich fürchte, Sie müssen
jetzt manchmal etwas einsam sein, da Serena so oft mit ihrem ermüdend
langweiligen Schützling weg ist. Ich habe gute Lust, sie auszuschelten, weil
sie Sie vernachlässigt.»
    «Das dürfen Sie wirklich nicht tun!
Ich versichere Ihnen, sie vernachlässigt mich nicht, und ich fühle mich
überhaupt nicht einsam.»
    Das war wahr. Seit sie aus ihrer
strengen Abgeschiedenheit aufgetaucht war, war sie nie ohne Gesellschaft und
hatte nun schon viele Bekannte in Bath. Sie empfing und machte Morgenbesuche,
wohnte ein oder zwei Konzerten bei, speiste mehrere Male auswärts und stimmte
sogar zu, bei einigen wenigen auserwählten Abendgesellschaften selbst zu
erscheinen. Sie fühlte sich fast als Abenteurerin, denn sie hatte noch nie
Gesellschaften allein besucht. Vor ihrer Verheira tung war sie unter den
Fittichen ihrer Mutter gestanden, nachher wurde sie von ihrem Gatten oder
ihrer Stieftochter behütet. Sie war zu sehr an jede Form gesellschaftlicher
Zusammenkünfte gewöhnt, um etwa eine Stütze zu brauchen; aber ein Umstand
verdarb ihr fast den ruhigen Genuß des harmlosen gesellschaftlichen Lebens in
Bath. Beschützt, wie sie immer gewesen war, hatte sie es nie gelernt, sich
ihrer vielen Bewunderer zu erwehren. Sie war von Natur aus nicht zum Flirten
veranlagt, und ein wesentlich älterer und verliebter Gatte, der seine Welt nur
zu gut kannte, hatte wohlweislich vorgesorgt, daß sie den Versuchungen des
mondänen London nicht ausgesetzt war. Männer, die gerne Hausfreunde geworden
wären und ihren Köder auswarfen, suchten sich hastig leichtere Beute, hatten
sie einmal einen einzigen Blick von Mylord Spenborough aufgefangen; und Fanny
hatte in süßer Ahnungslosigkeit dahingelebt, ohne zu wissen, daß sie sowohl begehrt
wie behütet wurde. Aber eine so junge und so göttlich schöne Witwe übte
natürlich eine mächtige Anziehungskraft aus, und sie geriet sehr bald in kleine
Schwierigkeiten. Ein schockierter Blick war zwar genug, um die Vorstöße ihrer
älteren Bewunderer zu bremsen, aber einige in Liebe entbrannte Jünglinge,
offenkundig entschlossen, sich selbst und Fanny ins Gerede zu bringen, brachten
sie durch die Hartnäckigkeit ihrer Aufmerksamkeiten ernstlich aus der Fassung.
Serena hätte genau gewußt, wie man dergleichen Anmaßung entmutigt, aber Fanny
besaß nicht die Leichtigkeit der Geste und brachte es außerdem nie über sich,
einen jungen Herrn kurz abzufertigen, der ihr verschämt ein elegantes
Sträußchen präsentierte oder die ganze Stadt ablief, um irgendeine schwer
aufzutreibende Kleinigkeit für sie zu besorgen, die sie beiläufig erwähnte und
gern besessen hätte. Sie glaubte fest daran, daß ihr Witwenstand sie vor
unwillkommenen Anträgen beschützte, und tröstete sich mit dem Gedanken, daß die
heftigeren unter ihren Anbetern zu jung waren, um ernste Absichten zu hegen.
Heißer Schrecken überfiel sie daher, als Mr. Augustus Ryde, der Sohn einer
alten Freundin ihrer Mutter, sich so weit vergaß, daß er sich ihr zu Füßen warf
und eine leidenschaftliche Liebeserklärung vom Stapel ließ.
    Er war in ihren Salon vorgedrungen,
weil er vorgab, Fanny persönlich ein Briefchen seiner Mutter überbringen zu
müssen. Er traf Fanny allein an, und sie sah so hübsch und in ihrer
enganliegenden schwarzen Robe und ihrem Schleier so feenhaft zart aus, daß er
den Kopf verlor. Nachdem Fanny das Briefchen gelesen hatte, sagte sie: «Wollen
Sie mich, bitte, entschuldigen, ich will Mrs. Rydes freundliche Einladung
sofort beantworten. Vielleicht sind Sie so liebenswürdig und überbringen ihr
die Antwort gleich?» Sie wollte sich von ihrem Stuhl erheben, wurde aber daran
von Mr. Ryde gehindert, denn er warf sich vor ihr auf die Knie und beschwor sie,
ihn anzuhören.
    Erschreckt stammelte Fanny: «Mr.
Ryde! Ich bitte Sie – stehen Sie auf! Sie vergessen sich! Oh, ich bitte doch
...!»
    Es nützte nichts. Er packte ihre
Hände, bedeckte sie mit Küssen, und ein wirrer Wortschwall brach über ihre
entsetzten Ohren herein. Verzweifelte Versuche, diesen Ausbruch einzudämmen,
waren fruchtlos, ja verhallten ungehört. Mr. Ryde, nicht damit zufrieden, ihr
sein Herz zu Füßen zu legen, gab ihr eine unzusammenhängende Rechenschaft über
seine derzeitigen Umstände und zukünftigen Aussichten, schwor ewige Treue und
gab ihr seine Absicht bekannt, sich in den Avon zu

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