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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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Pfund von mir haben.
Das nächste Mal, wenn du Vorwürfe zu machen wünschst, tu es, bitte, brieflich!»
    «Wenn du es ablehnst, mir mein
eigenes Geld vorzuschießen, will ich deines nur als eine Anleihe annehmen!»
erklärte Gerard. «Ich zahle es zurück, sobald ich großjährig bin!»
    «Wie du wünschst», sagte Rotherham
achselzuckend und sperrte die Kassette auf.
    «Und ich gebe dir einen
Schuldschein!»
    «Auf alle Fälle. Auf dem
Schreibtisch ist eine Feder.»
    Gerard warf ihm einen Blick voll
tiefen Abscheus zu, packte einen Federkiel, zog aufs Geratewohl ein Blatt aus
einem Bündel Papier und schrieb in zitternder Hast seine Zahlungsverpflichtung
nieder. Dann warf er den Federkiel hin und sagte: «Ich werde das spätestens an
jenem Tag begleichen, an dem ich in den Besitz meines Anteils gekommen bin!
Und wenn es mir möglich wird, wesentlich früher! Ich bin dir sehr verbunden!
Adieu!»
    Dann stopfte er die Banknoten, die
ihm Rotherham hinhielt, in die Tasche, stürzte aus dem Zimmer und schlug die
Tür hinter sich zu. Rotherham räumte die Kassette weg und ging langsam zu
seinem Schreibtisch zurück. Er nahm den Schuldschein auf und begann ihn
geistesabwesend in kleine Stücke zu zerreißen, mit zusammengezogenen Brauen
und aufeinandergepreßten Lippen. Die Tür öffnete sich wieder, und er schaute
rasch auf.
    Es war sein Majordomus, der
eingetreten war und leise, aber entschlossen sagte: «Mylord, wollen Sie mir
bitte erlauben, mit Ihnen zu sprechen?»
    «Ja, und?»
    «Ich habe Mr. Gerard gesehen, wie er
das Haus verließ, Mylord. Es steht mir nicht zu, Ihnen Vorhalte zu machen, aber
da es sonst niemanden gibt, der es tun würde, muß ich es tun! Sie dürfen ihn
nicht so gehen lassen!»
    «Ich bin verdammt froh, daß er
gegangen ist. Ich hätte ihn nicht mehr ertragen!»
    «Mylord, das geht nicht! Denken Sie
daran, er ist Ihr Mündel! Ich habe noch nie einen solchen Ausdruck in seinem
Gesicht gesehen. Was haben Sie ihm angetan, daß er weiß wie ein Hemd war?»
    «Was zum Teufel glauben Sie, daß ich
einem milchgesichtigen Schwächling getan habe, dessen ich Herr werden kann, und
wenn mir die Rechte auf den Rücken gebunden ist?» fragte Rotherham wütend.
    «Nicht daß Sie Ihre Hand angewandt
haben, Mylord, wohl aber Ihre Zunge!»
    «Ja, und die habe ich für einen
bestimmten Zweck benützt», sagte Rotherham mit einem grimmigen Lächeln.
    «Mylord, was immer er angestellt
haben mag ...»
    «Er hat nichts angestellt. Ich
zweifle, daß er den Mut hat, etwas anderes zu tun, als mich bis zum Erbrechen
mit seiner Prahlerei und seinem theatralischen Schwulst zu reizen!»
    «Lassen Sie mich ihn zurückholen!»
bat Wilton. «Sie sollten ihn nicht so erschrecken!»
    «Ich kann ihn wohl kaum so sehr
erschreckt haben.»
    «Sie erschrecken viele Leute,
Mylord. Manchmal dünkt mich, wenn Sie in Ihrer bösen Stimmung sind, wollen Sie
die Leute sogar schrekken. Aber ich weiß wirklich nicht warum, denn
andererseits ist Ihnen jeder unerträglich, der sich vor Ihnen fürchtet.»
    Rotherham schaute schnell auf, und
wider Willen entfuhr ihm ein Lachen. «Das ist wahr!»
    «Es ist noch nicht zu spät – lassen
Sie mich Mr. Gerard zurückholen!»
    «Nein. Ich gebe zu, ich hätte ihn
nicht so heruntermachen sollen, aber die Versuchung dazu war unwiderstehlich.
Es wird ihm nicht schaden und kann ihm vielleicht nur sehr gut tun.»
    «Mylord ...»
    «Wilton, ich schätze Sie sehr, aber
es steht nicht in Ihrer Macht, meinen Sinn zu ändern!»
    «Das weiß ich, Mylord», sagte
Wilton. «Es gab nur einen Menschen, der diese Macht je hatte.»
    Gefahr funkelte in Rotherhams Augen
auf, aber er sagte nichts. Der Majordomus sah ihn einen Augenblick lang ruhig
an, dann drehte er sich um und ging hinaus.

18
    Mr. Monksleigh erreichte Bath nach Anbruch der
Dunkelheit und schon wieder in seiner alten prahlerischen Stimmung. Als er den
Postillion angewiesen hatte, die Straße nach Bath einzuschlagen, war er noch in
Weißglut vor Zorn gewesen, obwohl gleichzeitig sein Herz vor Angst bebte. Das
Erlebnis, das er soeben gehabt hatte, zitterte noch in jedem Nerv seines
schmächtigen Körpers nach; als ihn Rotherhams scharfe Zunge zu heller Wut
aufgepeitscht hatte, vermochte ihn nur sein Stolz vor einem Zusammenbruch zu
bewahren und davor, das Entsetzen, das hinter seinem bravourösen Auftreten
lauerte, zu verraten. Er war von Natur aus schüchtern und überempfindlich; und
da er eine große, ja oft geradezu krankhafte
Einbildungskraft besaß,

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