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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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macht sie nicht gerade böse! Sie mag es nicht, daß man sie verhätschelt,
aber ...» Unsicher hielt sie inne. «Nun, vielleicht – Aber Rotherham bewundert
nicht einmal ihre Schönheit! Erinnerst du dich, was er sagte, als er hier
speiste und sie so hinreißend aussah? Er sagte, sie sehe wie eine Elster aus –
und genau solche Sachen sagt er ihr immer! Ich bin fest überzeugt, du liest da
zuviel in ihren Brief hinein. Obwohl sie es, wie ich glaube, nicht bereut,
denkt sie doch, daß sie ihn nicht gut behandelt hat, und das dürfte ihr jetzt,
da es scheint, daß er ein zweites Mal sitzengelassen wird, besonders leid tun.
Denn natürlich war es wirklich schockierend, daß sie erst im letzten Augenblick
von der Verlobung zurücktrat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie überhaupt
den Mut dazu aufbrachte!»
    «An Mut fehlt es ihr nicht, Fanny»,
antwortete er. Er überflog Serenas Brief noch einmal und legte ihn dann neben
Fannys Arm auf den Tisch. «Ich nehme an, sie wird das dumme Mädel zurückbringen.
Ob die beiden sie wohl überlisten können? Kaum. Um aufrichtig zu sein, ich kann
mir niemanden vorstellen, der Serena überlisten könnte!» Er seufzte leise,
sagte aber mit entschlossener Heiterkeit: «Es ist nichts zu machen, meine
Liebe. Wir können nur hoffen, daß sich dieser Mensch, Goring, um sie kümmert.
Es ist besser, ich verlasse dich jetzt. Wenn sie rechtzeitig zum Abendessen
zurück ist, wie sie es verspricht, wirst du mich durch deinen Diener
verständigen lassen? Wenn sie nicht kommt ...»
    «Wenn sie nicht kommt», sagte Fanny
resolut, «werde ich mich selbst auf den Weg machen!»
    «Fanny, Fanny!» sagte er halb
lachend. «Nein, mein Liebling, das wirst du nicht!»
    «Ich muß doch!» sagte Fanny
tragisch. «Es ist meine Pflicht, Hector! Ich weiß, ich werde Serena nicht
finden, aber solange ich nicht in diesem Haus bin, kann ich wenigstens so tun,
als ob, und sagen, daß ich mit ihr zusammen war! Und ich bitte dich, Hector,
laß mich nicht allein hier! Ich weiß bestimmt, daß Lord Rotherham herkommen
wird, und selbst wenn ich auch ein ganz reines Gewissen habe, so regt er mich
auf! Er wird mich anstarren und mir die bohrendsten Fragen stellen, und ich
werde alles verraten!»
    «Aber, Fanny ...!»
    «Bitte – bitte, ich flehe dich an,
sag nicht, daß es nur an mir liegt, was ich ihm sagen will!» bettelte Fanny.
«Du mußt wissen, daß ich überhaupt nicht klug bin, und wenn Rotherham mich so
anschaut, dann verliere ich auch noch den letzten Rest Verstand! Hector, deine
Frau kann ich nicht werden, aber ich werde deine Schwiegermutter, und du kannst
mich nicht einfach Rotherhams Gnade ausliefern!»
    Er fiel neben ihrem Sessel auf die
Knie, nahm ihre Hände in die seinen und bedeckte sie mit Küssen. «Fanny, Fanny,
nicht!» sagte er mit schwankender Stimme. «Wenn du mich so anschaust, wie kann
ich denn ...? Fanny, meine liebste, meine dümmste Kleine, es gibt doch keinen
Grund anzunehmen, daß Rotherham gerade heute nach Bath kommt! Ich darf nicht
bei dir bleiben! Außerdem kann ich deinen Diener doch nicht für den Rest des
Tages mein Pferd auf und ab führen lassen!»
    «Sag John, er soll es in den Stall
führen!» drängte sie. «Ich bitte dich, Liebster, versag mir deine Hilfe nicht!
Wenn ich allein hierbleiben muß und darüber grübeln, was aus Serena geworden
ist, und bei jedem Klopfen an der Tür denken, daß es Rotherham ist, werde ich
einfach verrückt!»
    Gegen einen solchen Appell war er
nicht gefeit. Er hielt es nicht für sehr wahrscheinlich, daß Rotherham gerade
heute in Bath eintreffen würde, aber er blieb bei Fanny, mit einem
Puffspielbrett als Chaperon.
    Und Fanny behielt doch recht. Kurz
nach fünf Uhr öffnete Lybster die Tür des Salons und meldete Lord Rotherham.
    Fanny war überrascht, denn weder sie
noch der Major hatten ein Klopfen an der Haustür gehört. Sie hatte gerade ein
Häufchen Spielsteine aufgehoben und schrak so heftig zusammen, daß sie sie
fallen ließ und sie nach allen Richtungen auf dem Fußboden auseinander rollten.
Der Major begegnete ihrem zu Tode erschrockenen Blick mit einem beruhigenden
Lächeln und wäre fast in Lachen ausgebrochen, so komisch war ihre Bestürzung.
    Rotherham blieb mitten im Zimmer
stehen, schaute scharf von einem zum anderen, beugte sich nieder, um einen
Stein aufzuheben, der neben seinem Fuß liegen geblieben war, und sagte: «How
do you do? Ich fürchte, ich habe Sie erschreckt, Lady Spenborough!»
    «Nein – o nein!»

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