Georgette Heyer
sie damit für ein Auftreten bei
Astley. Erzähl mir lieber, wie es dir geht!»
«Oh – erträglich. Was führt dich
nach Gloucestershire? Gedenkst du Weihnachten in Claycross zu verbringen?»
«Ja – als Opfer wider willen auf dem
Altar der Pflicht. Meine Schwester kommt morgen und bringt ich weiß nicht wie
viele ihrer Sprößlinge mit; und Kusine Cordelia, anscheinend in dem
irrtümlichen Glauben, ich schmelze vor Sehnsucht nach dem Anblick meiner
Mündel, bricht mit der ganzen Meute am Donnerstag über mich herein.»
«Heiliger Himmel, das ganze Haus
voll! Hättest du sie nicht lieber nach Delford einladen sollen?»
«Ich habe sie nirgendwohin
eingeladen. Augusta teilte mir schlicht mit, ich dürfe entzückt sein, sie alle
zu empfangen; und Cordelias ältesten Bengel zur Jagd nach Leicestershire
mitnehmen – nein, danke! Dafür habe ich viel zuviel für meine Pferde übrig, und
es ist mir außerdem lieber, Gerard bricht sich das Genick nicht unter meiner
Ägide.»
Sie runzelte die Stirn und sagte mit
einer Spur Schärfe: «Es ist ein Jammer, daß du zu dem Jungen nicht netter sein
kannst!»
«Ich könnte es, wenn es seine Mutter
weniger wäre», antwortete er kühl.
«Ich glaube, es liegt dir einfach
nicht. Du besitzt weder Geduld noch kennst du Bedenken, Ivo.»
«Was aus deinem Munde entschieden
seltsam klingt, meine liebe Serena!»
Sie wurde rot. «Ich hoffe, ich kenne
wenigstens Bedenken.»
«Das hoffe ich auch, nur habe ich
davon nichts bemerkt.»
Ihre Augen blitzten, aber sie
schluckte eine Erwiderung und sagte nach kurzem innerem Kampf: «Entschuldige,
bitte. Du weist mich darauf hin – sehr zu Recht! –, daß mich dein Verhalten zu
deinen Mündeln nichts angeht!»
«Sehr geschickt, Serena!» sagte er
anerkennend. «Jetzt bin ich in die Enge getrieben und will nicht erst
versuchen, wieder in Takt zu kommen. Es steht dir frei, mein Verhalten zu
meinen Mündeln zu kritisieren, soviel du willst, aber wozu diese Bemerkungen
an mich verschwenden? Cordelia wird bestimmt zu Besuch herüberkommen und wird
entzückt sein, deine Meinung über mich zu hören – sie hat die gleiche!»
Fanny betrat das Zimmer, gerade als
Serena ausrief: «Oh, können wir denn keine zehn Minuten beisammen sein, ohne zu
streiten?»
«Ich glaube, es war diesmal sogar
viel länger, also können wir stolz auf den Fortschritt sein», antwortete er,
erhob sich und drückte Fanny die Hand. «Wie geht es Ihnen? Sie
haben durchaus keinen Grund, bestürzt dreinzuschauen: ich bin nur gekommen, um
meine Aufwartung zu machen, und bin schon viel zu lange geblieben. Ich hoffe,
es geht Ihnen gut?»
Sie wußte nie, wie sie auf solche
Aussprüche antworten sollte, wurde über und über rot, stammelte, daß sie sich
sehr freue – hoffe, er würde zu Tisch bleiben – sie hätten nicht erwartet, daß
...
«Danke, nein! Ich habe mit
Spenborough zu reden und hielt nur auf meinem Weg nach Milverley hier an.»
«Du brauchst deine Wut nicht an der
armen Fanny auszulassen!» sagte Serena empört.
«Ich bin ja bedenkenlos!» fuhr er
sie an. «Meine Schwester verbringt Weihnachten in Claycross, Lady Spenborough,
und hat mir aufgetragen, herauszufinden, ob Sie schon Besuche empfangen.»
«O ja! Wir werden uns sehr freuen,
Lady Silchester zu sehen. Bitte, versichern Sie ihr ...! Es ist zu freundlich!»
Er verneigte sich zum Abschied.
Fanny seufzte erleichtert auf und sagte: «Ich bin so froh! Mrs. Stowe sagte
mir, daß sie den Steinbutt wegwerfen mußte, und Lord Rotherham eine gewöhnliche
Mahlzeit vorsetzen zu müssen – ich wäre im Erdboden versunken! Wie hat er bloß
dreingeschaut! Was hat ihn denn in Wut gebracht?»
«Mußt du da
erst fragen? Ich natürlich!»
«Liebste
Serena, das solltest du aber wirklich nicht!»
«Ich hatte gar nicht vor, zu
streiten, nur – ich sagte etwas Strenges – na ja, es war ja wirklich wahr,
aber ich hätte nie gedacht, daß es ihn so treffen könnte! Es tut mir leid, aber
schließlich – wenn wir nicht darüber gestritten hätten, dann bestimmt über
etwas anderes.»
«O Gott! Aber vielleicht wird er uns
wenigstens nicht mehr besuchen!» sagte Fanny hoffnungsvoll.
4
Fannys Hoffnung stellte sich als
vergeblich heraus. Zwei Tage später sah Serena, als sie von einem Spaziergang
im Park zum Dower House zurückkehrte, eine fremde Kutsche im Stallhof stehen.
Gerade als sie das Wappen am Schlag erkannte, trat Rotherham aus dem Stall und
sagte nach einem kurz angebundenen Gruß abrupt: «Diese Stute,
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