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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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Summe von dreihundertdreißig Guineen eine so
vielversprechende Kundin wie die junge Gräfin Cardross vor den Kopf zu stoßen.
Wenige Minuten in Madame Lavalles Gesellschaft machten es Nell klar, daß die
Umstände, welche Madames Vorgehen bestimmten, in der Tat außergewöhnlich waren.
Madame stand im Begriff, sich, nach einer langen einträglichen Laufbahn in der
Bruton Street, ganz von dem Geschäft zurückzuziehen. In Wirklichkeit stand sie
sogar im Begriff, in ihre Heimat zurückzukehren. Dies eröffnete sie der Lady
Cardross natürlich nicht, sondern zog es vor, mit vagen Worten, die in
seltsamem Widerspruch zu ihrem scharfgeschnittenen Gesicht, den berechnenden
pechschwarzen Augen und dem starren Zug um den Mund standen, zu erklären, daß
sie sich von nun an zu weit entfernt aufhalten werde, um Schulden kassieren zu
können. Lady Cardross war, wie sie dachte, ganz gewiß ein Unschuldslamm, aber
selbst dieses junge Ding, das eben erst das Schulzimmer ver lassen hatte,
würde sich fragen, wie es Madame in Kriegszeiten gelänge, nach Frankreich
zurückzukehren. Es gab natürlich Möglichkeiten, besonders wenn man für diese
Reise genügend Zeit und Geld und – einflußreiche Beziehungen hatte, um alle
Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Vor allem bedurfte man hochgestellter
Persönlichkeiten in Paris. Von England aus konnte man noch ganz gut nach
Dänemark gelangen, und nachher – eh bien, das würde sich dann von
selbst regeln.
    Im ganzen
hatte Madame bei ihrer letzten Londoner Saison glänzend abgeschnitten, aber die
war jetzt in vollem Gang, ihre geschätzten Kundinnen hatten so viele Toiletten
erhalten, wie sie voraussichtlich benötigen würden, und es war nun an der
Zeit, ihre Außenstände hereinzubringen. Es gab darunter verschiedene
uneinbringliche Schulden, das war nur selbstverständlich. Es stand auch nicht dafür,
zu versuchen, diese Beträge einzutreiben. Wenn sich jedoch Lady Cardross in
vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten befand ... nun, sie wußte ganz genau,
daß Mylord ein steinreicher Mann war und die Schulden seiner Frau zweifellos
begleichen würde. Es gelang ihr auch, den Sinn dieser Überlegungen in der
denkbar artigsten Form Nell zu übermitteln. Es wurde kein unhöfliches Wort
gesprochen, und das zuckersüße Lächeln schwand nie von ihren Lippen.
    «Ja, wenn
Sie sich von Ihrem Geschäft zurückzuziehen beabsichtigen ...» sagte Nell und
zuckte mit bewunderungswürdiger Gleichgültigkeit die Achseln. «Ich hatte das
nicht so genau verstanden: natürlich wollen Sie sofort bezahlt werden. Sie
können sich darauf verlassen, daß ich diese Kleinigkeit regeln werde.»
    Mit diesen
Worten schwebte sie hockerhobenen Hauptes hinaus und mit einem Herzen, das ihr
bis in die kleinen Ziegenlederschühlein gesunken war. Nachdem Madame sie mit
der größten Ehrerbietung hinauskomplimentiert hatte, rieb sie sich die Hände
und sagte: «Die da wird es bestimmt ermöglichen!»
    Daß sie es
irgendwie ermöglichen mußte, und ohne Cardross' Wissen, war in diesem Stadium
bei Nell bereits zur fixen Idee geworden. Jeder Tag, der seit dem ersten
Auftauchen von Madames Rechnung verstrichen war, hatte ihre Angst
verschlimmert, daß er ihre Schulden entdecken könnte. Jegliche Vernunft war aus
ihrem Denken geschwunden; Cardross' Gefühle, wenn Madame sich an ihn wenden
würde, um ihr Geld zu bekommen, nahmen ebenso groteske Ausmaße an wie die
Schulden selbst, bis es ihr schien, als würden sie ihr Leben völlig zerstören.
Kein besonnener Ratgeber war zur Hand, um ihre düsteren Phantasien zu mildern
und ihren Gedanken eine vernünftigere Richtung zu geben. Letty, die ihren
eigenen Erfahrungen übertriebenen Wert beilegte, empfahl ihr, die
Angelegenheit unter allen Umständen zu regeln, ehe Cardross davon Wind bekam.
Und Dysart, der genau wußte, wie sehr seine eigenen Plünderungen ihrer Börse
für Nells derzeitige Lage verantwortlich
waren, ging sichtlich außerordentlich weit, um dieses Ziel zu erreichen; allein
er hatte ihren Glauben an ihn zu sehr erschüttert. Wenn Letty seinem Plan zu
ihrer Rettung auch begeistert zustimmte – sie vermochte es nicht. Das, was er
versucht hatte, erschien ihr doch zu empörend. Und der Gedanke, wozu ihn seine
phantastischen Einfälle noch treiben würden, ließ sie unter den bösesten
Vorahnungen erzittern.
    Sie durfte
sich auf Dysart nicht verlassen, hatte aber sonst niemanden, an den sie sich
hätte wenden können.
    Derartige Überlegungen
tragen keineswegs dazu

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