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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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kein Wort davon!»
    «O nein!
Obwohl ich sagen muß, daß alle es erwartet haben. Bitte, bitte, sagen Sie ihr
meine Glückwünsche, Ma'am. Ich glaube, sie werden besonders gut miteinander
auskommen.»
    Damit
verabschiedete sie sich von Mrs. Chartley. Sie lehnte ihre Begleitung in den
Stallhof ab und eilte aus dem Haus, die Schleppe ihres Reitkleides
über dem Arm, die Gerte in der Hand. Das Gefühl, sich richtig benommen zu
haben, war erhebend, aber nicht von Dauer. Als sie Staples erreichte, war sie
sich der ganzen Tragik ihrer Lage bewußt. Daß sie sich im Pfarrhaus so
vorteilhaft benommen hatte, zählte nicht mehr. Selbst wenn Mrs. Chartley
glaubte, daß ihr die Verlobung gleichgültig wäre, niemand außer ihr würde es
glauben. Ihre Rivalinnen – außer Lizzie – würden sich über ihre Niederlage
freuen. Zu offen hatte sie damit geprahlt, daß sie mit einem Wink ihres Fingers
Lindeth auf die Knie zwingen könnte. Der Gedanke, daß die Leute sagen würden,
Patience habe sie ausgestochen, versetzte ihr einen Stich. Man würde hinter
ihrem Rücken lachen und ihr süße Falschheiten ins Gesicht sagen, und selbst auf
ihre Bewunderer würde sie sich nicht mehr verlassen können!
    Als sie
über ihre Niederlage und deren Grund nachdachte, trat etwas Unerwartetes ein:
der Strom ihrer Tränen versiegte. Ihre mißliche Lage war zu verzweifelt, um
sich in Tränen Luft machen zu können. Vor ihr lagen nur Demütigungen – und
denen mußte sie auf Biegen und Brechen ausweichen. Es gab nur eines: Staples
sofort verlassen und zurück nach London! Aber London bedeutete Portland Place!
Obwohl sie nicht annahm, daß ihre Tante Burford sie nach Staples zurückschicken
würde – Staples, wo sie so unglücklich war und so schlecht behandelt wurde –,
war sie nicht sicher, daß die Tante sie nicht wieder auf die Schulbank setzen
werde, bis sie, im nächsten Frühjahr, in die Gesellschaft eingeführt werden
könnte.
    Im Zimmer
auf und ab schreitend, zerbrach sie sich den Kopf – nicht ohne Erfolg. Sie
erinnerte sich plötzlich ihres zweiten Vormunds, des Junggesellen Onkel James,
der, von einer Haushälterin betreut, irgendwo in der City wohnte. Das war
nicht gerade das, was sie sich wünschte, aber vielleicht könnte man dort etwas
verändern. Bei den seltenen Gelegenheiten, da sie mit James Burford
zusammentraf, benahm sich dieser genauso wie die anderen älteren Herrn: er
belachte ihre Streiche, zog sie am Ohrläppchen und nannte sie ein schlimmes
kleines Kätzchen. Sollte er über den Besuch seiner reizenden Nichte nicht
sofort begeistert sein, könnte er zumindest leicht um den Daumen gewickelt
werden. Entweder sie könnte bis zum Frühjahr unter seinem Dach leben, oder
Tante Burford müßte überredet werden, sie in der Kleinen Saison in die
Gesellschaft einzuführen. Jedenfalls würde er weniger als die Tante darauf
bestehen, sie nach Staples zurückzuschicken. Je mehr sie über das Unrecht, das
ihr in Staples widerfahren war, nachdachte, desto fester wurde ihre
Überzeugung, daß niemand ihr verargen konnte, wenn sie davonlief. Tante
Underhill hatte sie verlassen und nicht einmal eingeladen, mit ihr nach
Bridlington zu fahren; Courtenay war von Anbeginn unfreundlich und flegelhaft
gewesen; Miss Trent, deren einzige Aufgabe es wäre, sich mit ihr zu befassen,
vernachlässigte sie um Charlottes willen; ja, sie hatte einen großen Mangel an
Takt bewiesen, als sie sie in Leeds dem Mob überließ und in ihrer –Tiffanys! –
Kutsche mit einem abscheulichen Mädchen, gegen das sie überhaupt keine
Verpflichtung hatte, davonfuhr; ihre teure Schutzbefohlene aber ließ sie allein
in einem gemeinen Wirtshaus zurück und von einem einzelnen Mann, ohne
Anstandsschutz, nach Staples transportieren!
    Die
Entscheidung, wie die Flucht bewerkstelligt werden könnte, war schwierig. Im
Moment vergaß sie, daß sie Miss Trent eben noch in der Rolle der Verräterin in
diesem Drama gesehen hatte, und spekulierte, ob man ihr nicht abschmeicheln
könnte, sie nach London zu begleiten. Doch gab Tiffany diesen Gedanken nach
kurzer Überlegung auf: Miss Trent war zu gefühllos, um die sofortige Abreise zu
verstehen, auch würde sie nichts ohne Rücksprache mit Mrs. Underhill tun. Es
war nicht auszuschließen, daß sie ihrer Schutzbefohlenen raten würde, die
Demütigungen hinunterzuschlucken – doch da wollte sie lieber sterben!
    Nein, Miss
Trent war nur ein Hindernis, es war sogar klüger, das Haus zu verlassen, ehe
sie zurückkam. – Aber wie

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