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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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nicht
auf die elegante Einladung an Mrs. Underhill gesetzt hatte, weil das Erscheinen
einer so anerkannten Schönheit ihre zwei Töchter in den Schatten gestellt
hätte. Nun, Mrs. Mickleby, die zweifelsohne hoffte, Mary oder Caroline werde es
gelingen, das Interesse eines Gentleman von Rang auf sich zu ziehen, sollte
erfahren, daß zumindest einer ihrer hohen Gäste nicht geneigt war, eines der
beiden Mädchen zum Gegenstand seiner Courtoisie zu machen. Sollte Miss Wields
Plan gelingen, dann würde Lord Lindeth die Party sehr langweilig finden, wenn
er unter den Gästen vergeblich nach ihr Ausschau hielt.
    Lord
Lindeth zu finden, war leicht. Der Fluß, in dem er angelte, schlang sich durch
freies Land, und Tiffany, die ihn von weitem erblickte, schlug einen leichten
Galopp in diese Richtung ein. Sie ritt weder zu nahe dem Fluß – das könnte
aussehen, als wollte sie Mylords Aufmerksamkeit erregen –, noch zu weit davon
ab, daß er den Hufschlag ihrer Stute nicht hätte hören können. Es war ein
wenig ungeschickt, daß er mit dem Rücken gegen sie stand, aber sie war sicher,
daß er sich umdrehen werde, wenn sie sich näherte. Doch sie rechnete ohne den
Wirt: Lord Lindeth glaubte, gerade am Fang zu sein, und verriet durch nichts,
daß er das Herannahen eines Reitpferdes gehört hatte. Einen Augenblick lang
schien es, als sollte Miss Wields Strategie danebengehen. Aber sie war ein
einfallsreiches Mädchen, und als sie sah, daß er ganz mit seinem Sport
beschäftigt war, ließ sie ihre Reitgerte fallen, hielt an und stieß einen
betrübten Ruf aus.
    Nun wandte
er sich um, weniger erstaunt als verärgert. Es lag ihm auf der Zunge, dem
Eindringling zu sagen, er solle doch weniger Lärm machen, als er bemerkte, daß
die Störung von einer Dame kam.
    «Oh, ich
bitte um Verzeihung!» rief Tiffany. «Aber wären Sie so ausnehmend freundlich,
Sir, mir meine Reitgerte zu reichen? Ich weiß nicht, wie ich so dumm sein
konnte, sie fallenzulassen.»
    Er spulte
die Leine auf, während er sagte: «Ja, natürlich, mit Vergnügen, Ma'am.»
    Sie saß in
aller Ruhe da und wartete auf sein Näherkommen. Er legte die Rute zur Seite und
trat auf sie zu. Sein Gesicht zeigte einen Ausdruck von
Ungeduld, dieser verschwand aber schnell, als er nahe genug war, um die
Schönheit, die sich ihm bot, zu erfassen. Statt sich nach der Gerte zu bücken,
starrte er Tiffany an, offene Bewunderung im Blick.
    Sie trug
ein fließendes saphirblaues Samtkleid mit Spitzenkrawatte, eine gekräuselte
Straußenfeder liebkoste ihre Wange. Julian wurde sich nicht bewußt, daß dieses
unleugbar vorteilhafte Kostüm nicht der hergebrachten ländlichen Mode
entsprach. Er wußte nur, daß er nie in seinem Leben einem so verblüffend
schönen Mädchen begegnet war. Verzaubert schloß er die Augen.
    Da sagte
Tiffany zerknirscht: «Es tut mir so schrecklich leid, daß ich Sie gestört habe,
aber ich kann ohne Pflock nicht absteigen; Sie sehen also ...»
    Er fand die
Sprache wieder und sagte schnell: «Nein, nein, Sie haben mich ganz gewiß nicht,
gestört!»
    Ihre Augen
leuchteten. «O doch, ich weiß sehr wohl, daß ich es tat!» Er lachte, während er
ein wenig errötete. «Nun ja, aber es muß Ihnen nicht leid tun – mir tut es auch
nicht leid!»
    «Aber Sie
sahen so verärgert aus!»
    «Das war,
ehe ich sah, wer mich gestört hat», erwiderte er kühn. «Sie wissen ja nicht,
wer ich bin!»
    «O ja, ich
weiß es: Diana!»
    «Nein, das
bin ich nicht», antwortete sie ahnungslos. «Ich bin Tiffany Wield.»
    «Tiffany!
Wie hübsch! Aber Sie erinnern mich an das alte Gedicht < An Diana > , und
der Refrain – oder wie man das sonst heißt – lautet: < Du herrlich strahlende
Göttin > – also ...»
    «Ich
glaube, ich sollte Ihnen nicht zuhören», sagte sie zögernd. «Schließlich wurden
wir einander noch nicht vorgestellt.»
    «Ich sehe
hier niemanden, der das ausführen könnte. Legen Sie diesen Dingen viel
Bedeutung bei?»
    «Nein,
nicht die geringste. Aber meine Tante glaubt, daß ich es tun sollte. Und vor
allem, daß ich nie mit fremden Herren sprechen sollte.»
    «Sehr
richtig», sagte er schnell. «Darf ich Ihnen Lord Lindeth vorstellen, Miss
Wield? Er ist begierig, Ihre Bekanntschaft zu machen.»
    Ihr Lachen
war ein Trillern. «Guten Tag! Sie sind schrecklich komisch!»
    «Ich weiß,
aber was könnte ich in diesem Fall anderes tun? Ich hatte Angst, Sie würden
davongaloppieren!»
    «Das werde
ich – sobald Sie so freundlich sind, mir meine Reitgerte zu

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