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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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Junge, der schrecklich stotterte. Sein liebevoller Vater
stellte ihn etwas ängstlich mit den Worten vor: «Mein dummer Dicker!», und auf
seine Reitkünste anspielend: «Leider nicht von Ihrer Art». Der Junge sagte in
der stoßweisen Art der Sprachbehinderten, daß er nicht an Sport interessiert
sei.
    «Er
interessiert sich nur für Bücher», sagte Sir Ralph, zerrissen zwischen dem
Stolz auf seinen geliebten Sohn und der schrecklichen Angst, Vater einer
Mißgeburt zu sein. «Als Reiter an letzter Stelle im Land – aber über Geschmack
läßt sich nicht streiten, nicht wahr? Sehen Sie sich meine Tochter an! Hat in
ihrem Leben noch kein Buch aufgeschlagen, führt aber die Zügel mit leichter
Hand, Reiten ist für sie die selbstverständlichste Sache.»
    «Wirklich?»
sagte Sir Waldo höflich und mit einem ermunternden Blick auf Humphrey:
«Oxford?»
    «Cam-Cam-Cambridge»,
und er fügte nach kurzem Widerstreben hinzu: «Magdalene College i-im
dri-dritten Jahr.»
    «Magdalene!
War ich auch, allerdings Magdalen in Oxford. Was werden Sie dann tun?»
    «I-ich
w-werde d-das vier-te J-Jahr machen», erwiderte Humphrey und blickte mit
verbissener Energie fragend auf seinen Vater.
    «Wollen Sie
sich der Wissenschaft widmen?»
    «Ja, Sir,
hoffentlich!»
    Nun
unterbrach ihn Sir Ralph mahnend, mit seinen Angelegenheiten nicht lästig zu
fallen, worauf Humphrey sich linkisch vor Sir Waldo verneigte und ging.
    Aber Sir
Ralph führte weiter aus, daß ein Studium ja schön und gut sei, daß er aber,
hätte er gewußt, wie verrückt sein Erbe danach wäre, ihm nie erlaubt hätte,
nach Cambridge zu gehen. Er neigte zur Vertraulichkeit und ging so weit, Sir
Waldo zu fragen, was er in einem solchen Falle tun würde. Da aber Sir Waldo
sich nicht berufen fühlte, bedrängte Eltern zu beraten, und das Thema ihn auch
wirklich nicht so sehr interessierte, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen,
beendete er schnell das Tête-à-tête. Das Geschick, mit dem er das tat, ohne Sir
Ralph zu beleidigen, sprach Bände für seinen gesellschaftlichen Schliff.
    Humphreys
Altersgenossen, die das längere Gespräch beobachtet hatten, wollten wissen, was
Sir Waldo mit ihm gesprochen habe.
    «M-möch-möchtet
ihr wi-wissen?» erwiderte Humphrey mit verächtlicher Herablassung. «N-nichts
üb-über Sport. W-wir sp-sprachen über C-Cam-Cambridge.»
    Seine
Zuhörer waren erstaunt. Mr. Banningham gewann als erster die Sprache wieder und
brachte die Gefühle seiner Freunde am besten zum Ausdruck:
«Er muß dich für einen schwerfälligen Kerl gehalten haben!»
    «D-durch-durchaus
nicht!» erwiderte Humphrey und kräuselte verächtlich die Lippen. «Im
G-Gegen-Gegenteil, er ist k-kein sol-solcher Narr, wie ihr m-mich gl-glauben
ma-machen w-wolltet!»
    Zu anderer
Zeit hätte eine so unerträgliche Sprechweise seine Kameraden zu mancher
Strafaktion verleitet. Doch jetzt hielt sie ein Sinn für Schicklichkeit davon
ab, und so konnte sich Humphrey nicht nur unbelästigt davonmachen, er hatte
sogar das Gefühl, ihnen in ein paar himmlischen Augenblicken die Schulden
seines Lebens zurückgezahlt zu haben.
    Die
Sitzordnung am ausgezogenen Tisch placierte den Unvergleichlichen zwischen
Mrs. Mickleby und Mrs. Colebatch, so daß er erst viel später an diesem Abend
die Bekanntschaft von Mrs. Underhill machte. Im Wirrwarr der Vorstellung fiel
sie ihm unter den vielen Matronen nicht besonders auf, aber Lord Lindeth war
nicht so unachtsam. Er ließ sich von einer Robe aus rotbraunem Satin, reichlich
mit Spitzen und Brillanten geziert, und von einer Frisur, die von einer Plumage
aus gekräuselten Federn und einer übergroßen, glitzernden Brosche geschmückt
wurde, nicht abhalten, sich Mrs. Underhill bei der ersten Gelegenheit nach dem
Dinner zu nahen und ihr Sir Waldo vorzustellen. Dieser befolgte den Wink seines
Cousins und kam quer durch den Salon.
    «Oh, hier
ist mein Cousin», sagte Seine Lordschaft ungezwungen. «Waldo, ich glaube, daß
du Mrs. Underhill schon vorgestellt wurdest?»
    «Ja,
gewiß!» Er gab sich die nötige Würde.
    «Ja, wir
wurden bekannt gemacht», bestätigte Mrs. Underhill. «Aber es würde mich nicht
wundern, wenn Sie meinen Namen nicht behalten hätten. Es gibt wirklich nichts
Verwirrenderes, als einer Anzahl von Fremden vorgestellt zu werden. Wie oft bin
ich in der Klemme, den richtigen Namen zu den richtigen Gesichtern zu finden!»
    «Aber in
unserem Falle, Ma'am, habe ich etwas, das meinem Gedächtnis hilft», sagte Sir
Waldo mit

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