Georgette Heyer
«Das
wäre eine gute Sache, denn sie passen wunderbar zueinander. Wenn Tiffany
Staples einmal verlassen hat – das wird im nächsten Jahr sein, da ihre Tante
Burford sie in die Gesellschaft einführen muß –, wird sich Mrs. Underhill bald
trösten. Bis dahin halte ich es für meine Pflicht, mein möglichstes zu tun, um
Tiffany ungebunden zu halten.» Sie lächelte ihn freundlich an und fügte hinzu:
«Darum bin ich Ihnen, Sir Waldo, für Ihre Hilfe sehr dankbar.»
«Da der
Racker es sich in den Kopf gesetzt hat, einen Marquis zu heiraten, erübrigt
sich ja jetzt alles.»
«O nein,
wir vermögen nie vorauszusagen, was geschehen könnte. Tiffany ist ein
frühreifes Kind, und wenn sie auch Luftschlösser plant, sie baut sie
nicht. Können Sie sagen, Lord Lindeth gefalle ihr nicht genug, um sich
einzubilden, daß sie ihn liebe? Glauben Sie mir, ich kann das nicht sagen. Er
sieht sehr gut aus und hat außerdem so einnehmende Manieren! Wirklich, ich
liebe ihn beinahe selbst!»
«Also das
verbiete ich Ihnen auf das entschiedenste!»
Sie lachte.
«Das glaube ich Ihnen gerne. Ich bin wohl einige Jahre älter als er. Aber im
Ernst gesprochen: eine Ehe zwischen ihm und Tiffany wäre nicht das richtige.»
«Das ist
auch meine Meinung.»
«Selbst
wenn sie von gleich hoher Herkunft wären!» sagte sie ernst. «Es muß häßlich
klingen, wenn ich so etwas von ihr sage, aber ich weiß, es wäre noch häßlicher
von mir, wenn ich Sie nicht warnte, auf der Hut zu sein!»
«Halten Sie
das für notwendig?»
«Ich weiß
nicht. Ich habe gesehen, wie sie die Leute um den Finger wickeln und wie
reizend sie sein kann, wenn sie will. Aber sie hat nichts von der charmanten
Veranlagung Ihres Cousins, und nichts als Unglück könnte aus einer Ehe der
beiden werden.»
«Da Sie
glauben, ich könnte ihrer List erliegen, lassen Sie m ich Ihnen versichern,
daß Mädchen nach meinem Geschmack anders aussehen müssen.»
«Das freut
mich», sagte sie, dachte aber trotzdem, daß er vielleicht die Gefahr übersehe.
«Das ist
das Netteste, was Sie mir bisher gesagt haben», murmelte er.
Sie blickte
ihn verwundert an. Sie sah, daß seine Augen geheimnisvoll lächelten, und es kam
ihr der Verdacht, daß er sie zu einem Flirt verlocken könnte, und schon der
nächste Gedanke war die Gewißheit, daß sie sich leicht verlocken ließe. Das
durfte natürlich nie geschehen! Darum sagte sie leichthin: «Es täte mir leid,
jemanden in Tiffanys Schlingen zu sehen. Das erinnert mich, daß ich Ihnen etwas
sagen möchte: Was halten Sie von dem Ausflug nach Knaresborough, der
vorgeschlagen wurde?»
«Zu weit
und das Wetter zu schwül», antwortete er und nahm schweigend zur Kenntnis, daß
sie das Thema wechseln wollte. Aber da sie fast unhörbar seufzte, fragte er:
«Hätten Sie gerne teilgenommen?»
«Ja, ich
gestehe es – wenn es möglich wäre. Die Beschreibung des Dripping Well, die Ihr
Cousin gab, macht mich neugierig. Auch Tiffany; als Lord Lindeth uns von den
wilden, zerklüfteten Felsen erzählte und von den Höhlen, die einst die
Verstecke von Räubern waren, wurde sie ganz verrückt danach. Ich wollte, wir
könnten den Ausflug bald machen! Ich hätte nicht geglaubt, daß es sechzehn Meilen
sind.»
«Das heißt,
ein Ritt von zweiunddreißig Meilen!»
«Nicht so
schlimm! Zweimal sechzehn Meilen und dazwischen eine lange Ruhepause mit
Erfrischungen, das ist erträglich.»
«Sie haben
wieder unrecht, Miss Trent. Natürlich Erfrischungen! Aber statt auszuruhen,
werden Sie auf die Felsen steigen und Höhlen entdecken. Warum fahren Sie nicht
im Wagen, wenn es schon sein muß?»
«Weil
Tiffany nichts dazu bewegen könnte, ruhig die Straße entlang zu fahren, wenn
sie reiten, über das Moor galoppieren kann. Ehrlich gesagt, ich würde es auch
langweilig finden. Glauben Sie, daß es uns wirklich zuviel werden wird? Ich
kenne meine Kraft, und Tiffany ist das unermüdlichste Mädchen, das man sich
vorstellen kann. Da es aber jedenfalls sehr heiß sein wird, sage ich nichts
mehr.»
«Sie sagen nichts mehr! Aber da die
Schöne so verrückt danach ist, werden Sie sowieso nichts mehr zu sagen haben.»
Sie
erschrak, sagte aber streng: «Sir Waldo, Sie gehen zu weit! übrigens brauchen
Sie Ihrem Cousin nur ein Wort zu sagen, und er bläst die Sache ab. Das macht
ihr ein Ende.»
«Meine
liebe Miss Trent, wenn Sie den Ausflug unternehmen möchten, ziehe ich meine
Bedenken zurück; natürlich werde ich Sie begleiten.
Man konnte
nicht leugnen, es war
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