Georgette Heyer
das!» Mrs. Underhill lachte fröhlich. «Und wenn Sie
es dann sind – nun, wie oft habe ich mir gedacht: Wenn er mich so anlachen
würde, mein Herz müßte höher schlagen, so alt ich bin!»
Miss Trent
preßte ihr schlanken Hände gegen ihre glühenden Wangen. «Er hat ein reizendes
Lächeln, ich weiß!»
«Natürlich
wissen Sie es! Denken Sie an meine Worte: Er könnte mit der Frage
herausplatzen, ehe wir Zeit haben, uns umzusehen. Und ich sage Ihnen, meine
Liebe, es könnte mir nicht mehr Freude machen, wenn Sie meine eigene Tochter
wären. Nicht daß er etwas für Charlotte wäre, auch wenn sie alt genug wäre,
natürlich, aber sie ist nichts für ihn, denn soviel ich weiß, ist er verrückt
nach Pferden, und Sie wissen, Charlotte kann die nicht ausstehen!»
Miss Trent
versuchte zu lachen. «Ja, das weiß ich wirklich. Aber, liebe Mrs. Underhill,
ich flehe Sie an, sprechen Sie nicht mehr darüber! Sie dürfen mich nicht zu
lächerlichen Träumen ermuntern. Sir Waldo versteht es sehr gut, sich den Damen
angenehm zu machen, und ich glaube, er hat schon viele Herzen gebrochen. Ich
bin entschlossen, meines nicht brechen zu lassen. Sich vorzustellen, daß er –
ein Traumgatte – nur einen Augenblick lang daran denken könnte, eine so ungleiche
Verbindung einzugehen ...» Ihre Stimme versagte. Als sie sie wiedergewann,
sagte sie mit dem Versuch eines Lächelns: «Ich weiß, Sie werden zu niemandem
darüber sprechen!»
«Gewiß
nicht! Aber benehmen Sie sich nicht altjüngferlich und versuchen Sie ihn nicht
abzuwinken, weil sie glauben, Sie seien nicht gut genug für ihn. Das ist seine
Sache! Verlassen Sie sich darauf, daß ein Mann von fünf- oder sechsunddreißig
weiß, was für ihn das Richtige ist. Es wäre doch herrlich für Sie – abgesehen
davon, daß es die Dame vom Gutshof und Mrs. Banningham verrückt machen würde.»
Nach diesem
belebenden Gespräch ging sie und überließ Miss Trent ihren Gedanken.
Diese Nacht
dauerte es lange, ehe sie einschlafen konnte. Mrs. Underhills
offene Worte zwangen sie, der Wahrheit – der sie bis jetzt auszuweichen
versucht hatte – ins Auge zu sehen; sie liebte den Unvergleichlichen seit
Wochen.
Wie ein
dummes, schwärmerisches Schulmädchen kam sie sich vor, das in dem prominenten,
mit der Aureole der Unvergleichlichkeit umgebenen Korinthier so etwas wie einen
Helden sah, weil er ein hübsches Gesicht und eine prächtige Gestalt hatte, weil
er seine mutigen Pferde mit müheloser Meisterschaft beherrschte, weil er sich
mit selbstverständlicher Sicherheit bewegte, die dumme Gänse – wie sie selbst
eine war – verleitete, in ihm einen Halbgott zu sehen.
Natürlich
war sie nicht ganz so einfältig. Sie konnte nicht anders, als seine Erscheinung
bewundern, aber sie hatte sich nicht in sein Gesicht oder in seine Gestalt
verliebt und bestimmt nicht in die Eleganz, mit der er sich trug. Seine
Manieren hatten einen besonderen Charme – aber sie entschied, daß es auch nicht
das war. Sie dachte, es könnte der Humor sein, der in seinen Augen lauerte –
oder vielleicht sein Lächeln? Aber auch Lord Lindeth hatte ein reizendes
Lachen, und sie war durchaus nicht in ihn verliebt.
Tatsächlich
– sie wußte nicht, warum sie den Unvergleichlichen liebte. Sie wußte nur, daß
sie vom ersten Augenblick an, da sie ihn sah, sich so sehr zu ihm hingezogen
fühlte, daß sie erschrak, denn er war zweifellos das Musterexemplar einer
Gruppe von Personen, die sie ablehnte.
Die
Vorsicht befahl ihr, sich auf das, was Mrs. Underhill sagte, nicht zu sehr zu
verlassen. Viel besser als Mrs. Underhill wußte sie selbst, wie
unwahrscheinlich es wäre, daß ein Mann von Sir Waldos Möglichkeiten, der eine
Gattin aus den höchsten Kreisen wählen könnte und schon dem Alter entwachsen
war, eine voreilige Verbindung einzugehen, die Absicht haben sollte, seine Hand
einer Unbekannten anzubieten, die weder große Bedeutung noch besondere
Schönheit aufzuweisen hatte. Andererseits schien das, was er ihr sagte, als sie
sich am Tor von Staples trennten, anzudeuten, daß er mehr als einen Flirt
beabsichtigte. Wenn er nur einen Flirt im Sinne hatte, warum sollte ihn dann
ihre untergeordnete Stellung ärgern? Das konnte sie nicht begreifen. Oder,
wenn es nicht ernst gemeint war, warum sollte er dann vorgeben, daß es ihn
ärgere?
Wenn sie
die Sache überdachte, mußte sie zugeben, daß sie sehr wenig von der Kunst des
Flirtens verstand. Und gleich danach kam die Erkenntnis, daß sie auch sehr
wenig
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