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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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und antwortete steif: «Nein, ich bewundere sie, wie jeder hier, aber
ich bin keiner ihrer Verehrer.» Und in leichterem Ton fuhr er fort: «Sie ist
ein Brillant von reinstem Wasser, das kann ich dir sagen. Aber es gibt hier
noch andere, sehr hübsche Mädchen – Miss Colebatch ist eine von ihnen. Ich
hoffe, sie ist zu Hause, wenn wir nach Colby Place kommen.»
    «Hoffe es
nicht für mich, ich bin nicht nach Unterröcken aus!»
    Das stimmte
insofern, als er viel zu überheblich war, um jemals auch nur die geringste
Leidenschaft für eine Dame zu empfinden; vorausgesetzt aber, daß er nicht zu
Botengängen oder Tanzveranstaltungen verhalten oder sonst irgendwie
verpflichtet wurde, hatte er die Gesellschaft von Damen gerne. Er war auch
sehr empfänglich für Schmeichelei, und die wurde ihm in Colby Place in vollem
Maße zuteil. Nicht nur Miss Colebatch, sondern auch ihre beiden jüngeren
Schwestern und dir Mama waren
zu Hause, als die Besucher angemeldet wurden, und vom Augenblick seines
Auftrittes waren alle Augen auf den eleganten Mr. Calver gerichtet. Bewunderung
stand in den Jungmädchenaugen. Wenn er aber so freundlich war, ein Wort an die
eine oder andere zu richten, zeigten ihr Erröten, ihr Kichern und ihre
verwirrten Antworten, wie sehr sie seine Herablassung würdigten. Miss
Colebatch war, obwohl sie es nicht zeigte, von seiner weltmännischen Art sehr
beeindruckt, und ihre Mama bat ihn nicht nur um die Ehre seines Erscheinens
bei ihrem Ball, sondern stellte an ihn auch verschiedene Fragen, die sich auf
den Ball bezogen; sie müsse annehmen, daß er doch in allen Finessen der
herrschenden Mode Bescheid wisse.
    Und bald
wurden ihm noch größere Ehrungen zuteil. Die Neuigkeit, daß der
Unvergleichliche einen zweiten Cousin im Hause habe, verbreitete sich schnell
und fand ihren Widerhall in einem Berg von Briefen an Sir Waldo. Sie enthielten
die Beteuerungen der verschiedenen Gastgeberinnen, denen Sir Waldo und Julian
zugesagt hatten, daß sie nur zu glücklich wären, Mr. Calver zu ihren Gästen
zählen zu dürfen.
    Laurence
spielte Interesselosigkeit, aber insgeheim war er ebenso erfreut wie
überrascht, einen so unerwarteten Aufstieg zu Bedeutsamkeit zu erleben. In
London, unter Männern mit mehr natürlichen Gaben und dickeren Brieftaschen als
er, war es ihm unmöglich, Aufsehen zu erregen, vor allem (wie er oft traurig
dachte), wenn man das Unglück hatte, von einem so strahlenden Cousin wie dem
Unvergleichlichen überschattet zu werden. Nicht nur, daß dieser als maßgebend
in allen Dingen anerkannt wurde, spendete man ihm neben Bewunderung auch
Zuneigung. Viel zu oft wurde Laurence als «Sir Waldo Hawkridges Cousin»
vorgestellt; und obwohl er keine Bedenken hatte, sich dieser Verwandtschaft zu
rühmen, wenn er in exklusive Kreise Eingang finden wollte, wurmte es ihn, daß
er nur wegen des Respekts, den man Sir Waldo zollte, akzeptiert wurde. Die
Vorstellung, daß er in einem ländlichen Bezirk, fern von jedem modischen
Mittelpunkt, Eroberungen machen würde, hätte er mit Verachtung abgetan; aber
durch den bloßen Umstand, daß er seinen Cousin besuchen wollte, zum Stern auf
einem Nebenhimmel avanciert zu sein, fand er gar nicht unangenehm. Mochten ihn
ältere rustikale Herren auch mit Mißtrauen betrachten, mochten ihre Söhne auch
Waldo zu ihrem Vorbild machen; von kindischenGreisen verachtet und von
Schuljungen bewundert zu werden, war ihm gleichgültig, solange er von den Damen
verwöhnt wurde. Er genoß die herrliche Genugtuung, daß seine Haartracht, seine
Halstücher und alle seine Manierismen von vielen Jüngern des Dandytums kopiert
wurden. Diese Erfolge halfen ihm, seines Cousins schweigende Ablehnung,
als er das Thema, das ihn nach Yorkshire geführt hatte, wieder aufnahm, mit
Gleichmut zu ertragen. Er hatte nur einmal den Versuch gemacht; als dieser
vereitelt wurde, dachte er, daß er vielleicht ein wenig vorschnell gewesen war
und seinem Cousin mehr Zeit zur Überlegung lassen sollte. Nach einer schicklichen
Pause würde er die Sache nochmals versuchen. Bis dahin war ihm jede gebotene
Unterhaltung recht, um ihm die Zeit zu vertreiben.
    Sein
Erscheinen auf dem Colebatch-Ball überstieg alle Erwartungen und stellte alle
einheimischen Beaus in den Schatten. Die sorgsam gelegten, pomadisierten
Locken, die Höhe seiner Hemdkragenspitzen, sein kunstvoll geschlungenes
Halstuch, die gestärkten Rüschen, die zwischen den Aufschlägen seines
enganliegenden Rockes hervorguckten, die kurze Taille zu

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