Georgette Heyer
will, Cousin», versicherte er Waldo. «Schließlich, jetzt weiß
ich schon, wo das morsche Brett im Fußboden liegt, und wenn ein Stückchen
Plafond herunterkommt, liege ich nicht unvorbereitet im Bett. Wegen ein paar
Brocken Verputz, die sich loslösen, mache ich noch lange keinen Wirbel. Wenn
ich daran denke, wie böse ich war, daß der alte Joseph dir das Haus
vermacht hat! Ich gönne es dir, Waldo!»
Das alles
war sichtlich harmlos gemeint, und Julian versäumte nicht, ihm seine Erlebnisse
in der ersten Nacht zu erzählen, als er mit dem Fuß durch das Laken stieß. In
fröhlicher, wenn auch nur vorübergehender Einigkeit neckten sie Sir Waldo.
«Schluß
damit!» rief dieser. «Wenn ihr so weitermacht, werfe ich euch beide hinaus!
Laurie, wenn du reiten willst, kann ich dir ein Pferd beistellen, aber wenn du
fahren willst, ist die Sache komplizierter. Es gibt da meinen Phaeton und ein
Gig sowie eine alte kastenartige Kutsche, die Joseph von seinem Großvater
geerbt haben muß. In der rumpeln wir auf Bälle und zu großen Gesellschaften.
Julian findet sie sehr geeignet – du wirst anderer Meinung sein. Ich bin es
auch. Wenn ich ihn nicht selbst brauche, kannst du den Phaeton haben.»
«Bei Gott,
nein», unterbrach ihn Laurence. «Ich denke nicht daran, deine Pferde
auszuführen. Das Gig genügt mir vollauf, wenn ich irgendwohin will.»
«Hör,
Waldo, ich sag dir etwas», schaltete sich Julian ein. «Der alte Knabe in der < Krone > hat einen Einspänner, den er vermietet. Das wäre das Richtige für
Laurie. Er wird das Gig keines Blickes würdigen!»
«Was heißt
das? Hast du Angst, daß er es beanspruchen wird, wenn du es gerade brauchst?
Geh mit ihm ins Dorf und miete den Einspänner.»
«Ja, das
werde ich tun. Ich habe ohnedies die Absicht, in der Rektorei Besuch zu machen
und zu sehen, wie es Miss Chartley nach dem gestrigen Abenteuer geht. Brauchst
du den Phaeton heute vormittag?» fragte Julian hoffnungsvoll.
«Nein, du
kannst ihn haben.»
«Vielen
Dank? Bist du schon einmal mit Waldos Braunen gefahren, Laurie?»
«Nein, das
überlasse ich dir. Ich bin ja nicht der Schüler des großen Unvergleichlichen»,
sagte Laurence grinsend.
«Ich kann
nur sagen, du bist der bessere Lenker von uns zweien», erwiderte Julian mit
betonter Höflichkeit.
«Waldo ist
anderer Meinung.»
«Unsinn!
Wie denkst du darüber, Waldo?»
Waldo, der
Briefe las, sagte ohne aufzublicken: «Denken – worüber?»
«Wie wir
die Zügel führen. Wer von uns ist der Bessere? Du sollst entscheiden!»
«Unmöglich!
Zwei Halbpennystücke in meiner Börse!»
«Wie
häßlich, so etwas zu sagen!» Julian tat beleidigt. «Wenn du so von uns denkst,
wundert es mich, daß du mir deine Braunen anvertraust!»
«Auch ich
wundere mich!» sagte Sir Waldo und verließ den Frühstückstisch. «Würde es dir
Spaß machen, an einem Ball teilzunehmen?»
«Guter
Gott, Cousin, habt ihr Bälle in diesem ländlichen Bezirk? Was wird getanzt? Menuett?»
«Kontertänze
und Reels – aber der kommende wird ein Walzerball, nicht wahr, Julian?»
Julian
lachte: «Eine Art Walzer auf jeden Fall. Laurie, du wärest überrascht,
wenn du wüßtest, wie lustig es hergeht!»
«Ich
glaube, du solltest ihn zu Lady Colebatch mitnehmen», sagte Sir Waldo.
«Ihn in der
Nachbarschaft weiterreichen? Also gut!»
Laurence
war keineswegs sicher, daß er die neuen Freunde seines Cousins kennenlernen
wolle. Er war an Hautevolee-Bälle gewöhnt, mit hochelegant gekleideten
Besuchern. Ländliche Unterhaltungen stellte er sich entsetzlich langweilig vor.
Allerdings, als er erfuhr, daß seine Cousins fast alle Abende der nächsten Zeit
vergeben waren, sah er ein, daß er, wollte er sich nicht der Einsamkeit
ausliefern, die ländlichen Unterhaltungen mitmachen müsse. Er ging also nach
oben, um den verschnürten Morgenrock, in dem er gefrühstückt hatte, mit einem Kleidungsstück,
das für ländliche Morgenbesuche geeigneter war, zu vertauschen.
Julian
freute sich ein wenig boshaft auf den Eindruck, den sein dandyhafter Cousin in
seiner gewohnten Kleidung auf die Nachbarschaft machen werde. Nun war er
enttäuscht, als er Laurence in den Stallhof schlendern sah, ohne den Stadtanzug
des Bond-Street-Kavaliers. Er hatte seine Beinkleider in zarten Farben und
seine spiegelglatten Stiefel zugunsten blaßblauer Breeches und weißgeränderter
Reitstiefel vertauscht, und seinen Rock mit den übertrieben langen Schwalbenschwänzen
mit einem Redingote. Dennoch verliehen ihm die
Weitere Kostenlose Bücher