Georgette Heyer
hätte, Miss Trent im Garten
herumzuführen – oder etwas ähnliches.
«Und ich
glaube sicher – leider muß ich so etwas annehmen –, daß sie mit ihm gegangen
wäre», erzählte sie Mrs. Banningham später. «Ich habe sie ganz genau
beobachtet, und ich muß Ihnen sagen, sie verfärbte sich von dem Augenblick an,
da sein Name genannt wurde. Ich habe nie jemanden schuldbewußter gesehen!»
«Das
überrascht mich nicht im geringsten», antwortete Mrs. Banningham. «Es war
schon immer etwas an ihr, das ich nicht mochte. Sie–soviel ich mich
erinnere – hatten gleich Gefallen an ihr, aber was mich betrifft, ich fand sie
affektiert: diese übertriebene Zurückhaltung zum Beispiel und ihre Miene der
Vornehmheit!»
«Oh, was
das betrifft», sagte Mrs. Mickleby ein wenig hochmütig, «die Trents sind eine
sehr gute Familie! Das macht ja ihren Mangel an Takt so traurig! Immer diese
Ausritte! Natürlich, man sagt, sie achte dabei auf Anstand, aber ich fand das
damals recht sonderbar und unklug!»
«Unklug?»
schnaubte Mrs. Banningham. «Sehr schlau nenne ich das! Sie war von allem Anfang
an darauf aus, ihn einzufangen. Wäre ja nicht schlecht für sie, arm wie eine
Kirchenmaus! Wenn er ihr einen Antrag macht – was ich nicht wirklich in
Betracht ziehe –, une Garte blanche vielleicht; Heirat nie!»
«Jemand
sollte sie darauf aufmerksam machen, daß er nur scherzt. Ich würde ihr nicht
wünschen, getäuscht zu werden; ich verabscheue zwar die Art, wie sie ihn an
sich lockt, halte sie aber nicht für ein lockeres Mädchen.»
«Was?
Zweimal mit ihm zu tanzen – noch dazu Walzer! –, außerdem sich von ihm zu Tisch
führen zu lassen, ihn um ihren Schal zu schicken, ganz zu schweigen von der
Art, wie sie ihn über die Schulter ansah, als er ihr den Schal umlegte – es hat
mich zum Erröten gebracht!»
«Sehr
ungehörig!» stimmte Mrs. Mickleby bei. «Aber man muß einräumen, daß sie sich,
ehe Sir Waldo nach Broom Hall kam, mit allem Anstand benahm. Ich fürchte, er
hat sie – nur weil er aufmerksam gegen sie war – glauben gemacht, daß er nach
einer Ehegattin Ausschau hält. Nun, und in ihrer Situation, wissen Sie, schien
es ihr dafürzustehen, ein wenig nachzuhelfen. Sie kann einem leid tun!»
Mrs.
Banningham zögerte nicht, zuzustimmen. «Ich mag dumme Gänse nicht, und das muß
sie doch sein, wenn sie sich auch nur einen Augenblick einbildet, daß ein Mann
seiner Stellung einen Gedanken an eine Heirat mit ihr verschwendet!»
«Sehr wahr!
Aber ich glaube, ihre Erfahrung mit Korinthiern ist nicht groß. Natürlich wird
ihr Mrs. Underhill nie einen Wink geben.»
«Dieses
gewöhnliche Weib? Sie gibt ihrer eigenen Nichte keinen Wink! Es täte mir leid,
wenn eine meiner Töchter sich so benähme, wie Tiffany es tut. Ihre Wildheit! Es
ist widerlich, wie sie bestrebt ist, jeden Mann, dem sie begegnet, an ihre
Schürzenbänder zu heften. Zuerst war es Lord Lindeth, jetzt ist Mr. Calver an
der Reihe. Ich bitte Sie: er lehrt sie kutschieren! Ich habe die beiden mit
meinen eigenen Augen gesehen. Kein Groom, keine Miss Trent als Garde. O nein,
Miss Trent denkt nur daran, sie zu bewachen, wenn Sir Waldo um sie ist!»
«Ich werde
froh sein, wenn das elende Ding zu ihrem Onkel nach London zurückkehrt! Was
Miss Trent betrifft, habe ich immer gesagt, daß sie viel zu jung ist für ihre
Stellung; aber man muß gerecht sein und sagen, daß ihre Zeit von Charlotte in
Anspruch genommen wird. Wenn Mrs. Underhill es vorzieht, daß Miss Trent sich
Charlotte widmet statt Tiffany, dann ist sie zu tadeln. Es liegt mir fern, auch
nur anzudeuten, daß Sir Waldos tägliche Besuche etwas mit der Sache zu tun
haben. Und so kann Tiffany ganz nach Lust mit Lord Lindeth spielen, nicht wahr?
Mir scheint, daß Mr. Calver viel eher ihren Stil hat. Mr. Mickleby nennt ihn
zwar einen Makkaronikrämer, aber zweifellos hält Tiffany ihn für das Feinste
vom Feinen.»
Hierin
hatte sie recht. Tiffany war von Laurence sehr beeindruckt, den sie sofort als
einen Angehörigen des Dandy-Set einschätzte. Während ihres kurzen Aufenthaltes
in London hatte sie manche dieser Auserwählten auf dem großen Korso im Hyde
Park gesehen, und sie fand, daß es das Ansehen einer Dame sehr erhöhe, wenn sie
die Bewunderung eines so tonangebenden Mannes gewann. Das war kein leichtes
Stück, denn im allgemeinen sind die Dandys außerordentlich kritisch und pflegen
eine anerkannte Schönheit eher gelangweilt durch ihr Monokel zu betrachten, als
sie zu bewundern.
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