Georgette Heyer
wurde – andere würden bald
folgen.
«Pah!»
«Du bist
sehr sicher, nicht wahr? Aber mir kommt vor, daß wir Lindeth nicht mehr so oft
zu Gesicht bekommen!»
«Wenn ich
ihn will» prahlte Tiffany mit einem Lächeln, für das er sie am liebsten
geschlagen hätte, «brauche ich nur einen Finger zu rühren! Du wirst schon
sehen!»
Das versetzte
Courtenay in eine solche Raserei, daß er seiner Mutter die absolute
Notwendigkeit vor Augen hielt, Tiffanys koketten Possen Einhalt zu gebieten.
«Ich sage dir, Mama, sie ist unausstehlich!»
«Aber,
Courtenay, rege dich um Himmels willen nicht auf!» bat Mrs. Underhill
beunruhigt. «Ich gestehe, ich sähe es lieber, wenn Tiffany nicht so dreist
wäre, aber sie ist eben sprunghaft und hat doch nur mit Herren, die den Anstand
wahren, zu tun. Sie würde auch nicht im geringsten darauf achten, wenn ich mich
einmische – du kennst sie, wenn sie böse ist! Ich habe genug Kummer mit
Charlotte, der Armen, um mir Tiffanys Ausbrüche ersparen zu wollen.»
Nun wandte
er sich bittend an Miss Trent, aber auch die schüttelte den Kopf. «Ich glaube,
die einzige Kur für sie ist, wenn ihre Bewunderer kühler werden», sagte sie
lächelnd. «Sie ist zu starrsinnig, und man hat sie viel zu lange ihren eigenen
Weg gehen lassen, um sie jetzt zurückzuhalten. Was soll ich denn tun? Soll ich
sie in ihr Zimmer einsperren? Sie würde aus dem Fenster klettern und sich
wahrscheinlich das Genick brechen. Ich bin Ihrer Meinung, daß ihr Benehmen
unschön ist, aber sie hat nichts Skandalöses getan, und sie wird auch nichts
dergleichen tun, außer man reizt sie dazu.»
«Wie können
Jack und Greg und Arthur sich so lächerlich machen?! Herrgott! Es bringt mich
in Rage, daß sie solche Tröpfe sind! Das ist unerträglich!»
«Ich würde
mich, an Ihrer Stelle, nicht darüber ärgern», sagte sie. «Es ist unter ihnen
Mode, Tiffany anzubeten, und Moden dauern nicht lange!»
«Nun, ich
kann nur hoffen, daß sie einmal zu Fall kommt», sagte er wütend. «Und was sagen
Sie zu diesem Calver? Sie kutschieren lehren! Woher wissen wir, daß er es
ehrlich meint?»
«Das wissen
wir allerdings nicht; mir wäre es zwar lieber, wenn sie nicht täglich mit ihm
ausführe, aber ich glaube doch nicht, daß er ihre Unerfahrenheit ausnützen
würde.»
«Bestimmt
nicht», sagte Mrs. Underhill. «Als er um die Erlaubnis bat, versprach er, gut
auf sie achtzugeben. Er ist ein sehr höflicher junger Mann, und ich sehe keinen
Grund, warum du ihn ablehnst.»
«Höflicher
junger Mann! Ich halte ihn für einen regelrechten Glücksritter!»
«Schon
möglich», stimmte Miss Trent ungerührt bei. «Aber da sie minderjährig ist,
müssen wir nichts befürchten. Wenn Sie sich vorstellen, daß Tiffany einem
einfachen Bürgerlichen zuliebe jede Vorsicht außer acht läßt, dann kennen Sie
sie nicht!»
Es war ein
sonderbarer Zufall, daß gerade in diesem Augenblick Sir Waldo Laurence fragte:
«Hast du ein Auge auf die Erbin geworfen?»
«Nein, das
habe ich nicht. Meinst du das Wield-Mädchen?»
«Die meine
ich. Sieht so aus, als ob du dich für sie interessiertest?»
«Nein,
keineswegs. Ist sie eine Erbin?»
«So hat man
mir erzählt. Mir scheint sogar, sie hat es mir selbst erzählt.»
«Sieht ihr
ähnlich», sagte Laurence. Er dachte kurz nach, dann fügte er hinzu: «Ich lasse
mir keine Fußfesseln anlegen; es gibt nichts, wozu ich mich zwingen ließe!»
«Ich
zögere, deine Hoffnungen zu vernichten, Laurie, aber ich halte es für richtig,
dich darauf aufmerksam zu machen, daß du mit deiner Werbung kein Glück haben
wirst. Miss Wield ist entschlossen, in den Hochadel zu heiraten.»
«Genau!»
rief Laurence. «Ich habe das auf den ersten Blick erkannt. Sie möchte natürlich
Lindeth einfangen. Ich kann mir vorstellen, daß dir das nicht sehr recht wäre.»
«Nicht
sehr», sagte Sir Waldo in leutseliger Übereinstimmung.
«Nein. Und
meine Tante hätte es auch nicht gerne!» sagte Laurence. «Und ich könnte es ihr
nicht verübeln. Es besteht auch kein Grund, warum er sich in die Wolle setzen
müßte. Er ist ja nicht auf dem trockenen!»
«Ich glaube
nicht, daß er derlei Absichten hat.»
«Das weiß
ich nicht. Der dumme Junge war von ihrem Gesicht stark beeindruckt. Du willst
mich doch nicht glauben machen, daß Julian nicht dein Nesthäkchen ist! Du
würdest etwas darum geben, daß er da heil heraussteigt, nicht wahr?»
Sir Waldo,
der seine Schnupftabaksdose aus der Tasche gezogen hatte, öffnete sie und
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