Gepaeckschein 666
Ähnliches.
„ - yes - yes - allright -“, sagte der Weihnachtsengel jetzt gerade ein paarmal hintereinander in sein Telefon.
Aber zugleich sagte Fräulein Wiesengrund: „Gehen wir!“
„Well - Mister Overseas -“, klang es noch aus dem Direktorzimmer, und dann standen Mutter Pfannroth, Fräulein Wiesengrund und Peter auch schon auf dem Korridor.
Personalchef Thomas war ziemlich klein und trug einen genauso schwarzen Anzug wie Direktor Adler. Er mußte wohl so sechzig oder fünfundsechzig Jahre alt sein. Aber seine schmalen Äuglein waren ganz hell und sprangen lebhaft von einem zum anderen, als Fräulein Wiesengrund jetzt mit beiden Pfannroths vor ihm stand.
„Was heißt hier, elf statt zehn“, brummte er. „Für mich ist die Pagengeschichte so gut wie gestorben. Soll ich jetzt wieder von vorne anfangen?“
„Ist ja auch nicht so wichtig“, lächelte Fräulein Wiesengrund und fing plötzlich an, von Kanarienvögeln zu reden, fünf Minuten lang. Die beiden Pfannroths schauten ziemlich verwundert drein und waren erstaunt zu erfahren, wie viele Sorten von Kanarienvögeln es gab und was man diesen verschiedenen Sorten als Futter geben durfte und was nicht.
Personalchef Thomas blühte immer mehr auf. Kanarienvögel waren sein Steckenpferd. Und als er ganz und gar auf geblüht war—schwupp—machte Fräulein Wiesengrund zwei freche Bogen wie bei einer Acht auf der Eisbahn und kam von den Kanarienvögeln wieder auf Peters Anstellungsvertrag zurück.
„Sie wickeln einen alten Mann um Ihren Finger wie eine Mullbinde“, stellte Personalchef Thomas vorwurfsvoll fest. „Sie sollten sich was schämen!“
„Mullbinde, nicht ganz so weich, Herr Thomas. Entschuldigen Sie, mein Chef wartet.“ Fräulein Wiesengrund zwinkerte vergnügt mit ihren himmelblauen Augen und gab den beiden Pfannroths die Hand. „Auf Wiedersehen, und ich freue mich für Sie beide!“
„Sie haben uns viel geholfen dabei“, bedankte sich Mutter Pfannroth. Aber da war Fräulein Wiesengrund schon aus dem Zimmer.
„Eine nette Person, diese Wiesengrund“, brummte Personalchef Thomas vor sich hin und holte einen Stapel Akten aus seiner Schreibtischschublade.
„Ihr Name, junger Mann?“ Er war jetzt ganz freundlich, und seine hellen Äuglein schauten vergnügt auf die beiden Pfannroths.
Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis alle Personalien aufgenommen waren und Herr Thomas dann die verschiedenen Paragraphen des Lehrvertrages durchgesprochen hatte. Von der dreimonatigen Probezeit angefangen. Schließlich mußten die beiden Pfannroths unterschreiben.
„Wenn du am Dienstag anfängst, bekommst du den Durchschlag mit der Unterschrift von Direktor Adler“, erklärte Herr Thomas.
„Hier ist die Adresse der Schneiderei Hesselbein. Am besten sofort hinfahren und Herrn Hesselbein persönlich bitten, daß er dir noch bis zum Ersten deine Pagenuniform zusammenschneidert. So, das wär’s für heute!“
Ein gewisser Herr Hesselbein wartet mit einer Überraschung auf
Zehn Minuten später standen die beiden Pfannroths an der Alster und sahen abwechselnd aufs Wasser oder in die Luft zu den Möwen.
Es war wirklich ein herrlicher Vorfrühlingstag.
Überall glitzerte und flimmerte es vor lauter Sonne.
„Ich gratuliere“, sagte Mutter Pfannroth.
„Ich gratuliere auch“, kam das Echo von Peter.
„Gratulieren wir uns also beide“, lächelte Mutter Pfannroth und gab ihrem Jungen einen Kuß. So zwei Zentimeter unter dem linken Auge auf seine Backe.
Die Möwen flogen nach wie vor weiter umeinander herum, als ob nichts geschehen wäre.
„Die Familienfeier ist zu Ende!“ gab Mutter Pfannroth nun bekannt. „Auf zu Schneidermeister Hesselbein!“
„Ein Tempo haben diese Pfannroths“, meinte Peter kopfschüttelnd und ging dabei bereits neben seiner Mutter zur nächsten Straßenbahnhaltestelle, natürlich untergehakt.
Schneidermeister Hesselbein war leider gar kein Schneidermeister. HESSELBEIN & CO war vielmehr eine Art Kleiderfabrik, die ihre Mäntel und Anzüge am Fließband herstellte. Und Herr Hesselbein war sozusagen der kaufmännische Leiter des Unternehmens.
Durch die Glaswände der Büros konnte man in die Werkstätten sehen. Mutter Pfannroth war sprachlos. Wenn sie da an ihre alte Nähmaschine dachte, konnte es ihr fast schwindlig werden.
Die Schneider saßen in langen Reihen an Tischen. Eine Anzahl Frauen und junger Mädchen hatte nichts anderes zu tun, als nur Knöpfe anzunähen, Hosenknöpfe, Mantelknöpfe, Rockknöpfe,
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