Gepaeckschein 666
Zirkus aufgetreten sind? Das ist eine Trapeznummer, die ohne Netz arbeitet, und der jüngste von ihnen ist Carlos. Er mußte wegen seines Blinddarms ins Krankenhaus. Die anderen konnten nicht warten, bis er wieder gesund war, weil sie schon mit einem Zirkus in Amerika abgeschlossen hatten. Dort arbeiten sie jetzt ohne ihn. Sie würden ihn gern wieder bei sich haben, aber da sein Ausreisepaß abgelaufen ist und sie ständig in der Welt umherfahren, ist das schwer zu machen. Erst im Winter kommen die Romanos wieder hierher zurück. Bis dahin möchte Carlos gern bei uns arbeiten. Ich frage also, ob ihr damit einverstanden seid, daß er für Horst Buschke am U-Bahn-Eingang Mönckebergstraße anfängt?“ Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden.
„Gracias“, sagte der junge Portugiese, und seine großen schwarzen Augen strahlten jetzt wie frisch polierte Billardkugeln.
„Das heißt danke schön!“ erklärte der Sheriff.
„Wenn ihr wollt — ich euch etwas zeigen?“ sagte Carlos und schaute um sich.
„Ohne Trapez?“ fragte der Sheriff.
Aber der junge Portugiese lächelte nur, zog seine Jacke aus und warf sie zur Seite.
„Pronto!“ rief er und stellte sich kerzengerade unter die Kegelbahnlampe. Die Hände an der Hosennaht.
Dann ging’s los. Er sprang in den Handstand und spazierte auf den Händen durch die Gegend. Dann ließ er sich auf seine waagerecht ausgestreckten Beine wie eine Primaballerina zur Seite fallen.
Die Jungen applaudierten begeistert.
Der junge Portugiese drückte sich jetzt mit den Armen wieder in die Höhe. Sein ganzer Körper bog sich, als wenn er aus Gummi wäre. Genauso federte er jetzt auch wieder zurück, dann wirbelte er plötzlich durch die Luft und drehte sich um die eigene Achse, immer schneller. Zum Schluß schlug er noch einen einwandfreien doppelten Salto.
Die fünfundzwanzig Jungen tobten, klatschten und trampelten wie wild.
Eine Viertelstunde später brachte Meister Winkelmann die beiden Pfannroths in seinem Lastzug bis vor die Haustür. Dort half er Mutter Pfannroth beim Aussteigen und zog seinen Hut. „Es hat mich wirklich gefreut, Sie kennenzulernen!“
„Ganz meinerseits. Es war ein schöner Sonntag!“ lächelte Mutter Pfannroth. „Danke schön!“
„8-Uhr-Blatt! Die neueste Montagausgabe jetzt schon zu haben! 8-Uhr-Blatt!“ rief ein Zeitungshändler, der
von Lokal zu Lokal ging und gerade über die Straße kam.
„Hallo!“ winkte ihm Herr Winkelmann. Dann sagte er zu den beiden Pfannroths: „Vielleicht steht schon etwas von uns drin.“
„Die Sportnachrichten kommen immer auf der dritten Seite“, meinte Peter.
Herr Winkelmann wollte die Zeitung schon auseinanderklappen, da pfiff er plötzlich erstaunt durch die Zähne. „Donnerwetter!“
„Ist was passiert?“ fragten die zwei Pfannroths gleichzeitig und guckten Herrn Winkelmann über die Schultern. Da sahen sie es selbst.
„Bankräuber verhaftet!“ stand als Schlagzeile dick und groß über die ganze Breitseite der Zeitung gedruckt.
„Das ging aber fix!“ stellte Mutter Pfannroth fest.
„Es gelang in den heutigen Nachmittagsstunden, das Nest der Verbrecher auszuheben. Sie haben alle gestanden, an dem Bankraub beteiligt gewesen zu sein“, las Herr Winkelmann aus der Zeitung vor. „Der Anführer der Bande ist ein international gesuchter Betrüger, der in den Kreisen der Verbrecherwelt unter dem Namen ,Schwarze Rose’ bekannt ist.“
„Na, ich danke“, sagte Mutter Pfannroth.
„Um so bedauerlicher, daß sich dieser Bandenchef ,Schwarze Rose’ zusammen mit seinem Hauptkomplizen“, las jetzt Peter weiter, „dem Zugriff der Polizei entziehen konnte.“
„Und das Geld? Hat man wenigstens das Geld gefunden, oder war es schon verpulvert?“ fragte Mutter Pfannroth.
„Die Verhaftung war möglich“, las Herr Winkelmann jetzt wieder vor, „weil sich die Gangster offenbar
untereinander um die Beute betrogen haben. Um sich zu rächen, erstattete einer der Betrüger Anzeige. Es steht fest, daß die Verhafteten von dem geraubten Geld bisher noch keinen Pfennig gesehen haben. Es sei denn, bei dem Überfall selbst. Seitdem müssen die einhundertzweiundvierzigtausend Mark im Besitz der ,Schwarzen Rose’ sein. Die Polizei ist ihm und seinem Komplizen auf der Spur. Sie hat für die Ergreifung der beiden eine Belohnung von iooo Mark ausgesetzt. Zweckdienliche Mitteilungen werden erbeten an Kriminalkommissar Lukkas, Kriminalpolizei am Sternplatz, Seitenflügel A, zweiter Stock, Zimmer
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