Gepaeckschein 666
ohne anzuklopfen, und trat einfach ein.
Kaum war er verschwunden, da ließen die zwei Etagenkellner ihren Servierwagen und das Kakaogeschirr im Stich, kamen im Eiltempo zurück und postierten sich vor Zimmer 310 wie die Wache vor der Toreinfahrt des Bundespräsidenten. Jetzt hatten sie es ja nicht mehr nötig, Versteck zu spielen.
Peter wartete noch einen Augenblick, dann stand er auf. Er nahm den Koffer, öffnete die Tür und trat auf den Korridor. Nach den beiden Kriminalbeamten sah er sich überhaupt nicht um. Er bog sofort nach rechts und spazierte zum Fahrstuhl.
Dort hatte er ausgesprochenes Glück. Als er nämlich gerade auf den Messingknopf drücken wollte, leuchtete die Skala im Erdgeschoß auf. Das Signallicht kletterte vom ersten in den zweiten und dann zum dritten Stockwerk. Es zischte kurz, und dann öffnete sich die Tür.
„Links das sechste Zimmer“, sagte der Fahrstuhlführer zu einem älteren Herrn, der einen weißen Spitzbart am Kinn hatte.
„Schönen Dank!“ sagte der Herr und wollte losspazieren. Da fiel sein Blick auf den Jungen, der eben einstieg, vor allem auf den Koffer, den dieser Junge bei sich hatte.
Der Herr mit dem weißen Spitzbart drehte sich um, als habe ihn jemand mit einer Stecknadel gepiekt. Er wollte etwas sagen - aber die Tür hatte sich bereits geschlossen, es zischte wieder, und der Fahrstuhl fiel zum Erdgeschoß zurück.
„Na, Herr Gast?“ grinste der Fahrstuhlführer und sah Peter an. „Du hast ein Leben zur Zeit, wie der junge Rockefeller, wie? Aber mich freut’s !“
Vor der Tür huschte gerade das zweite Stockwerk vorbei.
„Wenn mein Junge nächstes Jahr aus der Schule kommt, soll er auch hier als Page anfangen. Das ist nie verkehrt.“
Im Erdgeschoß riß der Fahrstuhlführer die Tür auf, als sei Peter wirklich der junge Rockefeller.
„Mit dem Trinkgeld müssen Sie noch warten“, bedauerte Peter, „im Augenblick habe ich nur Hundertmarkscheine bei mir.“
„Du bist richtig!“ lachte der Fahrstuhlführer. Er konnte ja nicht wissen, daß das gar kein Witz war.
Genauso wenig konnte Peter wissen, daß in diesem Augenblick ein älterer Herr mit einem weißen Spitzbart vom dritten Stock herunter über die Treppe rannte, als sei er eben erst konfirmiert worden, zumindest so lange, als er sich unbeobachtet wußte. Als er die Halle erreichte, konnte er gerade noch sehen, wie der Junge mit dem Koffer in der Drehtür verschwand.
Der Spitzbart ging so schnell wie möglich hinter ihm her. Leider führte ihn dabei sein Weg quer durch die Halle. Er mußte sich jetzt also zu einer Gangart zwingen, die seinem weißen Spitzbart angepaßt war, das heißt, wenn er nicht auffallen wollte, und das wollte er keineswegs.
Als er endlich vor dem Hoteleingang auf der Straße stand, bog der Overseassche Cadillac gerade vom gegenüberliegenden Parkplatz zur Straße. Am Steuer saß em Negerchauffeur und neben ihm dieser Junge. Er hatte seinen Koffer vor sich auf den Knien und umarmte ihn geradezu. Daß er dadurch kaum geradeaus sehen konnte, störte den Jungen offenbar nicht.
Dicht neben dem Hoteleingang parkte eine Limousine mit laufendem Motor. Ihre Vordertür klappte jetzt auf, als der Spitzbart auf sie zukam. Er sprang in den Wagen, riß die Tür zu, und dann ging es auch schon los.
„Hinterher!“
Der junge Mann, der mit dem kurzgeschorenen schwarzen Haar am Steuer saß, wußte offenbar sofort Bescheid. Jedenfalls ließ er den Overseasschen Wagen für die nächsten zehn Minuten nicht mehr aus den Augen.
Herr Meyer von 477
Etwa um diese Zeit explodierte auf Zimmer 310 ein Kriminalkommissar.
Dabei hatte sich anfänglich alles so schön programmgemäß entwickelt.
Kriminalkommissar Lukkas war auf dem Rand der Badewanne gesessen und neben ihm sein Inspektor, der Weber hieß. Die Mäntel und Hüte der beiden anderen Beamten lagen über dem Waschbecken. Nebenan wartete der junge Overseas, in einem Klubsessel und die Beine übereinandergeschlagen.
Vier Minuten lang geschah nichts. Lediglich eine Fliege kam durchs Fenster, drehte drei Loopings und brauste dann wieder ins Freie. Weiter nichts.
Dann klopfte es.
Francis sprang im ersten Augenblick wie elektrisiert hoch. Aber er setzte sich gleich wieder und rief: „Herein!“
Im Badezimmer griff Inspektor Weber unwillkürlich nach seiner linken inneren Rocktasche, dort trug er seine Dienstpistole. Aber Kriminalkommissar Lukkas winkte ab und zischte: „Nonsens!“
Inzwischen war nebenan eine Tür gegangen, und
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