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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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Wirbelsäule hinauf. Er trat wieder in die Küche und fragte betont munter:
    Â»Und? Wer war’s?«
    Â»Dein Aufpasser«, sagte sie mit vollem Mund.
    Â»Was soll das heißen?«, fragte er scharf. Er verlor allmählich die Geduld. Wer würde das nicht, mit einer Mutter, die ihren Frust an ihm ausließ. Konnte er was dafür, dass sie unzufrieden mit ihrem Leben war? Dass sie wünschte, er wäre
gestorben und nicht Patrick? Warum gab sie ihm die Schuld dafür?
    Â»Nicht in diesem Ton, Simon, oder du fliegst raus. Kannst zu deinem Vater ziehen.« Sie sagte es seelenruhig, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Simon wusste, dass sie es ernst meinte.
    Â»Entschuldige, Mutti.«
    Sie schob sich den letzten Rest Keks in den Mund, befeuchtete den Finger und pickte die Krümel auf. Dann griff sie hinter sich auf die Sitzbank nach Zigaretten und Feuerzeug. Mit der angezündeten Zigarette deutete sie auf eine Visitenkarte, die auf der Bank lag.
    Â»Er sagt, er wäre ein Betreuer. Hausbesuch, sagt er. Wollte sehen, was du so treibst. Hat’ne Menge Fragen gestellt.«
    Â»Was hast du ihm gesagt?«
    Â»Was er hören wollte.«
    Simon grinste. Seine Angst löste sich in Luft auf. Sein Bewährungshelfer hatte ihm einen solchen Besuch angekündigt.
    Â»Danke, Mutti«, strahlte er. »Und viel Glück beim Bingo.«
    Er ging in sein Zimmer, streckte sich auf dem Bett aus und wartete mit gespitzten Ohren darauf, dass seine Mutter das Haus verließ. Endlich – es kam ihm wie eine Ewigkeit vor – hörte er die Fliegengittertür zufallen und kurz darauf den Wagen hustend anspringen. Endlich allein. Wie heute Vormittag im Bunker, nachdem er von der Verfolgung von Mary zurückgekehrt war. Da hatte er sich auch hingelegt. Die Matratze hatte nach ihr gerochen. Er hatte sich auf den Bauch gerollt und ihren Geruch eingeatmet. Musste lachen, als er an den Spaß dachte, den er mit ihr gehabt hatte. Er wusste immer noch nicht so recht, warum er sie hatte entkommen lassen, aber das spielte keine Rolle. Er machte sich weiter
keine Gedanken darüber; sie würden ihn nie erwischen. Unmöglich. Er war zu schlau und hatte seine Spuren clever verwischt.
    Er spürte ein starkes Gefühl der Heiterkeit in seiner Brust. Tapfer versuchte er, das Lachen zurückzuhalten, doch nach und nach brach es aus ihm hervor, es hörte sich an wie ein defekter Auspuff. Mensch, war er schlau! Er war ein Genie. Der Lieferwagen gehörte seinem Vater. Ein Fahrzeug, wie man es jeden Tag auf der Straße sah. Perfekt für den Job. In weiser Voraussicht hatte er ein paar zusätzliche Maßnahmen ergriffen. Er war ein wenig herumgefahren, bis er einen gleichen Lieferwagen in einem anderen Vorort entdeckte. Das Austauschen der Nummernschilder war zwar ein wenig knifflig gewesen, aber er hatte auch das geschafft. Die Wagenbesitzer würden es nicht merken, da war er sicher. Er hatte festgestellt, dass die Leute nur selten auf Details achteten. Wer warf schon einen Blick auf sein Nummernschild, bevor er in seinen Wagen stieg? Trotzdem – es war ein Restrisiko, das er heute Nacht zu beseitigen gedachte, sobald seine Mutter eingeschlafen war.
    Und dann waren da natürlich die Reifen. Er hatte einen Satz neuer gekauft und bar bezahlt. Eine teure, aber lohnende Anschaffung. Er wusste, dass die Spurensicherung auch Reifenabdrücke sicherstellte – die wurden fast wie Fingerabdrücke behandelt. Also hatte er die Reifen gewechselt, nachdem er seinen Schatz im Bunker abgeliefert hatte. Die alten Reifen war er dann einen nach dem anderen losgeworden: zwei im Fluss, einen draußen im Busch und den letzten auf der Müllhalde – eine mühselige Arbeit. Hihi.
    Und schließlich die Schuhe. Es konnte ja möglich sein, dass er aus dem Lieferwagen aussteigen und fallen gelassene Gegenstände einsammeln musste. Und das könnte seinen
Untergang bedeuten. Also war er in einen Charity-Shop gegangen und hatte sich ein Paar Schuhe Größe zehn gekauft – ganz normale Joggingschuhe. Erstaunlich, wie viel Zeitungspapier nötig gewesen war, bis seine Füße, er hatte eigentlich Größe acht, nicht mehr darin herumschlackerten. Was die netten alten Ladys wohl gedacht haben mochten, als die Schuhe am nächsten Tag wieder im Laden auftauchten? Ob sie es überhaupt gemerkt hatten?
    Er hatte also, soweit er es beurteilen konnte,

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