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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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hätte sich beinahe überschlagen, und er hatte ein nervöses Lachen nicht unterdrücken können.
    Aber er hatte nicht den Mut gehabt, sein Vergnügen noch weiter zu verlängern. Mary hatte sich bis jetzt als zu unberechenbar, zu cholerisch, zu kampfeslustig erwiesen. Wahrscheinlich würde sie ihm den Schwanz eher abbeißen, als dran zu lutschen. Er hatte sich also wohl oder übel mit der Fantasie begnügt – zumindest bei dieser Gelegenheit.
    Deshalb wusste er noch immer nicht so recht, warum er sie eigentlich hatte laufen lassen. Er hatte noch so viele Spielchen mit ihr spielen wollen. Aber obwohl ihm das Adrenalin durch seine Adern geschossen war und er große Befriedigung verspürt hatte, musste er sich eingestehen, dass er sie im Grunde nicht mochte. Vielleicht deshalb, weil sie sich so hartnäckig geweigert hatte, Angst zu zeigen.
    Vielleicht würde er sich morgen gar nicht mehr die Mühe machen und bei ihr vorbeischauen.
    Vielleicht gab es ja jemand anderen, der eine Lektion nötig hatte?

    Was Menschen Übles tun, das überlebt sie; das Gute wird oft mit ihnen begraben.
    William Shakespeare

Dienstag

8:40
    Nick rieb sich die Augen. Sein Mund war staubtrocken, und sein Schädel hämmerte. Schlimmer noch, seit vierzig Minuten saß er in diesem blitzblanken, viel zu stark heruntergekühlten Büro und musste sich das Geseier von Sturz und Abrahams anhören. Sturz ging ja noch, aber Abrahams – mehr aalglatter Karrierist als Polizeibeamter – war selbst an den besten Tagen schwer zu ertragen, ganz zu schweigen an so einem Morgen.
    Â»Detective Inspector, Sir, wie gesagt, ich halte Ihren Vorschlag nicht für die derzeit effektivste Nutzung der Einsatzkräfte«, beharrte Nick zum zweiten Mal.
    Â»Und Sie müssen mich immer noch vom Gegenteil überzeugen, Detective Sergeant Kennedy«, tönte Abrahams zurück. »Sie haben offensichtlich nichts Greifbares in der Hand. Was wollen Sie und Ihre Männer denn tun, außer die Umgebung um das Jefferson-Anwesen zu durchkämmen?«
    Â»Der gestrige Regen hat alle Spuren verwischt. Damit ist der Einsatz von Spürhunden völlig sinnlos. Und der Kerl hat ja wohl inzwischen mitgekriegt, dass Mary auf und davon ist. Der hat bestimmt den Tatort längst gesäubert.«
    Sie saßen in Abrahams Behelfsbüro, einem mittelgroßen
Raum mit einer Sitzgruppe und einem Sofatisch. Das Sitzarrangement wirkte auf den ersten Blick zwanglos, doch das täuschte. Auch hier herrschte eine subtile Hierarchie. Die beiden anderen saßen dicht nebeneinander und bildeten, jeder mit einem leeren Kaffeebecher vor sich, eine geheime Front. Im Gegensatz zu Nick hatten sie sowohl die Tür als auch das durch Jalousien halb verdunkelte Fenster im Blick. Doch keiner der beiden schaute aus dem Fenster. Zwei Paar Augen waren durchdringend auf Nick gerichtet.
    Abrahams, offensichtlich unbeeindruckt von Nicks Argumenten, beugte sich mit einer energischen Bewegung nach vorne. Nick fragte sich unwillkürlich, ob ihn der Mann auf diese Entfernung wohl riechen konnte. Ob er wohl so schlecht roch, wie er sich fühlte?
    Â»So wie Sie uns die Sache zuvor geschildert haben, könnte der Mistkerl gut und gerne tot sein!«
    Nick schüttelte den Kopf.
    Â»Das glaube ich nicht, Sir. Und Mary glaubt das auch nicht.«
    Abrahams warf sich in den Sessel zurück, auch dies eine theatralische Geste, mit der er, wie Nick wusste, sein Gegenüber einschüchtern wollte.
    Â»Das behaupten Sie! Ich dagegen meine, dass das wiederholte Aufschlagen eines Kopfs auf einer Betonfläche sehr wohl zum Tod führen kann, oder zumindest zu einer längeren Bewusstlosigkeit. Befolgen Sie meinen Ratschlag, und Sie werden wahrscheinlich noch vor Einbruch der Dunkelheit den Tatort finden – vielleicht sogar den Täter! Und wir könnten ihn sofort in Gewahrsam nehmen.«
    Diesmal presste Nick die Fingerknöchel in seine Augenhöhlen. Ein Drink weniger und er wäre dem heutigen Tag
besser gewachsen gewesen. Er hasste sich für seine Schwäche und noch mehr dafür, dass er, wäre es nicht um Mary, sondern um irgendein x-beliebiges Opfer gegangen, dem Inspector vermutlich seinen Willen gelassen hätte. Das wäre der einfachste Weg. Dann könnte er sich zurücklehnen und zuschauen, wie der Typ alles vermasselte. Abrahams mochte früher einmal ein guter Kriminalbeamter gewesen sein – was

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