Gequält
Hilfe. Gerdin und er hielten auf dem Rückweg kurz bei der Wurstbude am Kreisverkehr in Berga an, ehe sie zur Wache zurückkehrten und von dort aus CleanSwedenNow anriefen.
»Wieso haben die einen englischen Namen, wenn alle Schwedisch sprechen?«, überlegte Gerdin, als er die Nummer wählte.
Er wurde mehrmals weiterverbunden, bis er eine Person am Apparat hatte, die seine Fragen beantworten konnte.
»Wir wissen nur, dass sie Mona heißt«, sagte Gerdin, »und dass sie mit einem Conny Bladh liiert war. Eigentlich geht es uns um ihn … Nein, niemand hat etwas verbrochen.«
Er ließ sich von seinem Kollegen einen Stift geben.
»Höstgatan 4 in Bjuv, ja. Haben Sie auch eine Telefonnummer? Sie geht nicht dran? Okay, danke.«
Gerdin legte auf und wandte sich an Karlsson.
»Er sagte, wenn wir sie erreichen, könnten wir ihr ausrichten, sie sei entlassen. Sie hat seit drei Tagen nicht von sich hören lassen und geht auch nicht ans Telefon.«
Karlsson reckte sich und gähnte ausgiebig, als das Telefon seines Kollegen klingelte. Gerdin ging ran, hörte zu und setzte sich auf.
»Noch einmal. Weder auf der Patronenhülse noch auf dem Magazin? Und nur eine Patrone? Eigenartig. Gut, ich weiß Bescheid. Wir setzen die hiesige Ermittlung fort. Ich rufe an, wenn ich mehr weiß. Moment, da wäre noch was. Henk hat letzten Sonntag kurz vor Mittag seine Schwester angerufen. Aber sie hat seine Anrufe nicht angenommen, wir wissen also nicht, was er wollte.«
Gerdin hörte zu.
»Das ist seltsam«, meinte er schließlich. »Ja, ja, wir bleiben in Kontakt.«
Gerdin beendete das Gespräch und wandte sich an Karlsson, der neugierig vorgebeugt auf der Kante seines Stuhls saß.
»Jönköping«, sagte Gerdin. »Henk hatte kein Handy bei sich.«
»Und das bedeutet?«
»Dass er es entweder weggeworfen hat, ehe er sich erschoss, oder dass es ihm jemand weggenommen hat. Was angesichts des leeren Magazins und der fehlenden Fingerabdrücke nicht ganz unwahrscheinlich klingt.«
»Unglaublich.«
Gerdin erhob sich.
»Zeit für einen Ausflug nach Bjuv.«
19
»Und plötzlich hat man alle Hände voll zu tun.«
Karlsson betrachtete die Leiche resigniert.
»Wie bei der Renovierung eines alten, baufälligen Hauses«, meinte Gerdin. »Fängt man einmal damit an, gibt’s Arbeit ohne Ende.«
Sie hatten geklingelt, und niemand hatte geöffnet. Dann hatten sie durch den Briefkastenschlitz gerufen und den Gestank bemerkt. Ein Schlosser hatte geöffnet.
»Sie hat letzten Montag gearbeitet«, meinte Gerdin und konzentrierte sich darauf, durch den Mund zu atmen. »Am Dienstag ist sie nicht mehr aufgetaucht.«
Mona Björklund saß gefesselt auf einem Lehnstuhl. Sie sah aus wie ein Ballontier, ihr Körper war aufgedunsen, und ihr Kopf sah wie aufgeschraubt aus.
»Seltsam, wie schnell das geht«, meinte Gerdin.
»Was?«
»Die Verwesung. Als wäre der Körper voller Dreck, der nur darauf wartet, dass das Herz seine Arbeit einstellt.«
Die Kriminaltechniker trafen ein und lösten sie ab. Für Karlsson und Gerdin gab es nichts mehr zu tun, sie waren eher im Weg.
»Wann wurde Henks Leiche denn entdeckt?«, fragte Gerdin.
»Letzten Montag, aber da war er bereits vierundzwanzig Stunden tot.«
»Und Mona arbeitete letzten Montag noch. Henk ist also zuerst gestorben.«
Gerdin schüttelte den Kopf.
»Sie hat nicht einmal eine Strafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung. Sie putzt bei Leuten zu Hause.«
»Vielleicht eine Dreiecksgeschichte? Conny Bladh ist wie durch ein Wunder nicht antreffbar. Er kann sich doch nicht einfach in Luft auflösen. Wie oft hat er gesessen?«
Gerdin blätterte erneut in seinen Papieren.
»Fünf Mal. Zum ersten Mal2001 , zuletzt von 2009 bis 2010. Das war die lange Haftstrafe.«
»Ich will wissen, mit wem er gesessen hat. Es muss jemanden geben, mit dem wir uns unterhalten können.«
20
Margit Svensson arbeitete bei einem Verpackungsunternehmen. Sie stand an einer Maschine, die Schlüsselringe, Bücher, DVDs und andere Beigaben für Illustrierte in Folie verpackte. Die Arbeit war monoton, aber sie gefiel Margit. Die eintönigen Bewegungen verursachten nur selten Schmerzen, und nur wenige Minuten nach Schichtbeginn schaltete ihr Gehirn auf Ruhemodus, und sie konnte sich ihren Tagträumen über Dinge, die nichts mit der Arbeit zu tun hatten, hingeben. Manchmal hatte sie fast das Gefühl, frei zu haben, obwohl sie arbeitete und bezahlt wurde.
Sie fing um sieben an und hörte um vier auf. Um halb zwölf war
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