Gequält
Mittag. Es gab zwei Kaffeepausen, eine um halb zehn vormittags und eine um halb zwei nachmittags, beide Male eine Viertelstunde.
Sie verbrachte die Pausen mit Katta. Abgesehen von ihrer Prahlerei war Katta okay.
Oft waren es Kleinigkeiten über die Erfolge ihrer Kinder, über eine besondere Entdeckung im Internet oder einen Film, den sie im Kino gesehen hatte. Erzählte Margit von einem Film im Fernsehen, hatte Katta ihn bereits gesehen, und erstand Margit einen Mantel im Sonderangebot, hatte Katta ihn woanders noch billiger gesehen.
Von dem Haus von Kattas Mutter in Torekov ganz zu schweigen. Das war laut Katta Millionen wert, und Kattas Bruder wollte es behalten, aber Katta würde ihn zum Verkauf zwingen, wenn ihre Mutter den Löffel abgab.
»Dann rühre ich keinen Finger mehr, so viel steht fest, und kaufe eine Wohnung in Spanien oder so. Du kannst mich ja mal dort besuchen kommen. Das tut dir sicher gut, so wie du dich abrackerst. Ich glaube, das wäre eine gute Investition. Der Euro ist nichts mehr wert, und die haben diese Krise. Eine Zweizimmerwohnung mit Aussicht aufs Mittelmeer müsste spottbillig zu haben sein. Was übrig bleibt, reicht allemal zum Leben, und wenn es für mich an der Zeit ist, weiterzuziehen, dann kann ich die Wohnung ja den Kindern vererben.«
Kattas Leben klang in ihren eigenen Beschreibungen immer großartig und ließ das der anderen im Vergleich dürftig erscheinen.
Deswegen zahlte Margit es ihr gerne heim, wenn sich die Gelegenheit bot. Wie jetzt, als Margit die zweite Tasse eingegossen hatte und Katta in einer Abendzeitung blätterte. Margit blieb neben ihr stehen und deutete auf Anders Malmbergs Foto unter einem der Artikel.
»Das ist Kents Freund von früher«, sagte sie.
Katta blickte rasch zu ihr hoch, aber lang genug für Margit, um zu sehen, dass der Pfeil ins Schwarze getroffen hatte.
»Aha«, erwiderte Katta und vertiefte sich wieder in die Zeitung.
Margit nahm ihr gegenüber Platz und genoss den Augenblick.
»Sie sind in eine Klasse gegangen«, fuhr sie fort. »Der Journalist, der mich interviewt hat, hat mir Grüße von ihm ausgerichtet.«
Katta fehlten die Worte. Sie hielt den Blick auf den Artikel gerichtet und tat so, als würde sie lesen. Nach einer ewig währenden Sekunde faltete sie die Zeitung zusammen.
»Tja, Papier ist geduldig«, seufzte sie und schaute auf die Uhr. »Zeit, wieder zur Tagesordnung überzugehen.«
Von der Pause waren noch gute zwei Minuten übrig, aber Katta erhob sich, nahm ihre Tasse und stellte sie in die Spülmaschine.
»Ich muss noch mal auf die Toilette«, sagte sie, als sie einsah, dass sie zu früh aufgestanden war.
21
»Ja?«
»Mein Name ist Karlsson. Ich bin Kriminalkommissar bei der Polizei Helsingborg. Dies hier ist mein Kollege Gerdin.«
Der ehemalige Knacki Björn Stenman betrachtete Karlssons ausgestreckte Hand, als handele es sich um eine Giftschlange.
»Worum geht es?«
»Wir ermitteln in einem Mordfall und würden gerne ein paar Fragen stellen.«
»Jetzt ist aber mal genug. Ich habe nun schon zwei Jahre lang nichts mehr angestellt. Ich arbeite und zahle Unterhalt.«
Karlsson hob beide Hände.
»Nur keine Panik. Der einzige Grund, weswegen wir hier sind, ist, dass Sie mit Conny Bladh in einer Zelle gesessen haben.«
»Ist Conny tot?«
»Warum sollte Conny tot sein?«
»Sie sagten, es ginge um einen Mord … «
Björn verstummte.
»Geht es etwa um sie?«, sagte er dann. »War das seine Freundin, über die in der Zeitung berichtet wurde? Die tot in ihrer Wohnung in Bjuv gefunden wurde?«
»Dürfen wir reinkommen?«
Björn hielt die Tür auf und ließ sie eintreten.
»Ziehen Sie aber bitte die Schuhe aus. Ich habe heute Morgen gesaugt.«
Die Polizisten kamen seinem Wunsch nach und folgten ihm dann ins Wohnzimmer. Sie schauten sich um und nickten anerkennend. Es war erstaunlich gemütlich eingerichtet, an den Wänden hingen gerahmte Bilder, vor den Fenstern standen Topfpflanzen und im Regal Bücher. Björn deutete auf die Couch und nahm selbst auf dem Sessel Platz. Er schüttelte den Kopf.
»Ich traue ihm so etwas nicht zu«, sagte er. »Klar, Conny ist in vielerlei Hinsicht ein ungemütlicher Zeitgenosse, der gerne seine Umgebung nervt, aber er ist nie gewalttätig. In der Zeitung stand, sie sei erdrosselt worden?«
Karlsson antwortete mit einer Gegenfrage.
»Sie wissen also nicht, wo er ist?«
»Keine Ahnung. Wir haben keinen Kontakt. Ich glaube, ich habe ihn nun schon über ein Jahr nicht mehr
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