Gequält
er ihn zudrehte.
»Ich hoffe, dass ich nie mehr was von dir höre. Das hier ist nur eine Kostprobe dessen, was dich erwartet, wenn du weitermachst. Kapierst du, was ich sage? Noch ein Wort von dir, und ich bin nicht mehr so nett.«
Er wischte die Türklinke mit seinem Pulloverärmel ab, öffnete die Tür und schloss sie hinter sich.
48
»Söderkrankenhaus.«
»Hallo, ich heiße Calle Collin und hätte gerne einen Arzt von der Notaufnahme gesprochen.«
»Was haben Sie für Beschwerden?«
»Das ist es nicht. Ich versuche nur einen Mann zu erreichen, den ich vor etwa einer Woche kennengelernt habe. Ich weiß nur, dass er David heißt und in der Notaufnahme arbeitet. Er ist Arzt.«
»Und worum geht es?«
»Das ist privat.«
»Dann schlage ich vor, dass Sie ihn zu Hause anrufen.«
»Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, wo er wohnt. Ich kenne nicht einmal seinen Nachnamen. Ich würde ihn gerne bitten, zurückzurufen.«
»Einen Augenblick.«
Er wurde zur Notaufnahme durchgestellt und brachte sein Anliegen erneut vor.
»David ist gerade beschäftigt. Kann ich ihm etwas ausrichten.«
Calle nannte seinen Namen und seine Telefonnummer.
»Und er weiß, worum es geht?«
»Nein.«
»Aber er weiß, wer Sie sind?«
Calle zögerte.
»Ich hoffe es«, sagte er unsicher und legte auf.
Er betrachtete sein Handy und spürte sein Herz schlagen. Was für eine dämliche Idee, vollkommen idiotisch von Anfang bis Ende. Und alles war wie immer Jörgens Schuld. Was mischte er sich in Calles Leben ein?
Calle gefiel die Vorstellung gar nicht, wie der bornierte Doktor seine Nachricht erhielt, während er mit um den Hals baumelndem Stethoskop durch die Gänge hastete, eine Krankenschwester auf den Fersen.
»Doktor David, ein Calle Collin hat für Sie angerufen.«
Sie musste rennen, damit er sie nicht abhängte.
»Wer?«, fragte David, ohne sie anzusehen.
»Calle Collin. Er klang verwirrt.«
Sie befanden sich jetzt in einem Behandlungszimmer, in dem Doktor David einem todkranken Kind das Leben rettete.
»Ich kenne keinen Calle Collin.«
Die Krankenschwester wich zurück und machte einen untertänigen Knicks. Doktor David eilte an ihr vorbei aus dem Behandlungszimmer, um den nächsten Patienten zu retten.
Calle kontrollierte, dass sein Handy nicht auf lautlos geschaltet war, trat ans Fenster und schaute hinaus. Schönes Wetter. Schon wieder. Und er stand da wie ein unsicherer Teenager.
Das Telefon klingelte. Calle eilte zur Kommode. Unterdrückte Nummer. Er schluckte und wartete das zweite Klingeln ab, um nicht eifrig zu wirken.
»Calle«, sagte er so würdevoll wie möglich.
»Hallo, Calle, hier ist David.«
»Na so was«, erwiderte Calle, als wäre der Anruf eine vollkommene Überraschung.
»Du hast angerufen.«
»Ja, genau.«
Calle fehlten die Worte, er hatte sich einige Sätze zurechtgelegt und sogar vor dem Badezimmerspiegel geübt, aber das war alles wie weggeblasen.
»Hallo?«, sagte David.
»Ich bin noch dran.«
»Witzig, ich wollte dich eigentlich längst anrufen, aber neulich hast du so desinteressiert gewirkt.«
»Ach so, nein, ich war einfach nur müde.«
»Ist dein Freund gut nach Hause gekommen?«
»Ja, ja, absolut.«
»Das war ein netter Abend.«
»Ja, absolut.«
Wiederholung, verdammt ungeschickt. Und das ihm, dessen täglich Brot die Sprache war.
»Also, was wolltest du?«
Calle zögerte.
»Ich wollte einfach nur fragen, ob du Lust auf ein Bier hättest oder so.«
»Ein Bier?«, erwiderte David.
»Ja.«
»Nein, mindestens ein Abendessen, sonst können wir es gleich bleiben lassen.«
Calle lachte erleichtert.
»In Ordnung.«
»Was ist eigentlich für Wetter? Ich war den ganzen Tag noch nicht draußen.«
»Es ist schön. Die Sonne scheint.«
»Es gibt ein nettes Lokal am Årstaviken, am Wasser, fast bei Eriksdal. Kennst du das?«
»Eigentlich nicht.«
»Okay, aber du weißt, wo das Söderkrankenhaus ist?«
»Absolut.«
Das dritte Mal.
»Gut, gegen vier Uhr vor dem Haupteingang, dann gehen wir zusammen.«
»Absolut.«
Verdammt, schon wieder.
»Gut, abgemacht.«
Calle beendete das Gespräch und begann zu tanzen. Er hatte vier Mal absolut gesagt, aber das war egal. Er hatte endlich mal was Unüberlegtes getan. Er schaute auf die Uhr, bis zu seiner Verabredung waren es noch einige Stunden. Was tun? Zum Arbeiten fehlte ihm die Muße. Was sollte er anziehen? Er öffnete den Kleiderschrank und stellte fest, dass sein bestes Hemd in der Wäsche lag. Egal, er konnte ein
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