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Gequält

Gequält

Titel: Gequält Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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ihm zum Trost gelegentlich einen Knochen hin. Jetzt hatte sie ihre Unzufriedenheit erkennen lassen.
    Matte erhob sich, um zu gehen.
    Du hast sicher recht.
    Das bedeutete das Gegenteil. Es war verdammt falsch und feige. Der Schreiberling dieser Abendzeitung hatte seine Mutter und seinen toten Bruder beleidigt. Und Matte wollte nichts dagegen unternehmen? Sara hatte ihr Erstaunen ausgedrückt, als hätte sie mehr von ihm erwartet. Das war nicht gut. Sobald sie seiner überdrüssig wurde, lebte er gefährlich. Und vermutlich hatte sie recht. Dieser Journalist hatte eine Grenze überschritten. Der Text war ganz und gar geschmacklos. Von einem erwachsenen Mann verfasst, der für eine der größten Zeitungen des Landes schreiben durfte? Ein kleines, dummes Arschloch war das.
    Matte drehte sich in der Tür um.
    »Ist es okay, wenn ich ein oder zwei Tage freinehme?«
    »Wozu?«
    »Um einen kleinen Abstecher nach Stockholm zu machen.«
    Sara sah ihn an, ohne den Kopf von ihren Papieren zu heben.
    »Klingt klug«, sagte sie.
    »Ich könnte ja mal mit ihm reden«, meinte Matte und lächelte versuchsweise.
    Sara ließ das Lächeln unbeantwortet.

45
    Keine weiteren Exzesse. Conny Bladh hatte eine letzte Chance erhalten, einmal in seinem Leben etwas Anständiges zu vollbringen. Wer nichts Gutes beizutragen hatte, musste sich darauf konzentrieren, das Schlechte zu beseitigen.
    Er war unvorsichtig gewesen. Das Telefongespräch vom Hotel hatte verraten, wo er sich befand. Wenn er seinen großartigen Plan in die Tat umsetzen wollte, musste er besser aufpassen.
    Im Augenblick hatte er keinerlei Schmerzen. Der Gedanke daran, dass er schon bald sterben musste, war nur sehr schwer zu begreifen. Zwischendurch bildete er sich manchmal ein, dass die Ärzte sich geirrt hatten.
    Er hatte Belgien erreicht, als er anhalten und tanken musste. Er aß eine Bockwurst an der Tankstelle und betrachtete die anderen Kunden. Das Leben ging weiter, und er war ein Teil davon. Zwar nur als Zuschauer, aber immerhin. Er bunkerte Softdrinks und Süßigkeiten und kaufte eine CD mit Schlagern. Dann setzte er sich schwungvoll ins Auto, drehte die Lautstärke auf und sang die Refrains mit.

46
    »Anders.«
    Er drehte sich um.
    »Gute Glosse.«
    »Danke.«
    Beschwingt setzte Anders Malmberg seinen Weg durch die Redaktion fort. Er ging wie auf Wolken und musste sich regelrecht ermahnen, damit ihm das Lob nicht zu Kopf stieg. Anders legte seine Computertasche auf den Schreibtisch und hängte seine Jacke über den Stuhl.
    »Kaffee«, sagte er laut, während er nachdachte.
    Auf dem Weg zur Küche bemühte er sich um ein bescheiden lässiges Auftreten. Das war schwer. So schwer, wie sich ob der verzückten Begeisterung ausländischer Touristen über die Aussicht von der Stockholmer Fjällgatan das Lachen zu verkneifen oder unberührt zu bleiben.
    Er nahm eine Tasse aus dem Schrank, stellte sie unter den Automaten und wählte die noch erträglichste Alternative aus dem breiten Angebot, worauf die Maschine mit lautem Fauchen und Zischen zum Leben erwachte.
    Anders nahm die Tasse, hob sie an den Mund, nippte vorsichtig, drehte sich um und stieß mit der dreiundzwanzigjährigen Praktikantin zusammen, die hinter ihm stand und darauf wartete, an die Reihe zu kommen.
    »Ich wollte dir keinen Schrecken einjagen«, sagte sie.
    »Kein Problem.«
    Anders schüttelte den Kaffee ab, der ihm über die Hand gelaufen war.
    »Jetzt muss ich wenigstens nicht mehr eine ganze Tasse von dieser Plörre trinken.«
    Die Praktikantin lächelte ihn an, als hätte er etwas Lustiges gesagt. Es gefiel ihm, dass sie ihm zum Kaffeeautomaten gefolgt war und nicht umgekehrt. Kein Mann in der Redaktion ließ seinen Blick auf den Monitor gerichtet, wenn die Praktikantin vorbeiging.
    »Ich habe deine Fernsehglosse gelesen«, sagte sie. »Du schreibst witzig.«
    »Danke.«
    Natürlich hätte er an dieser Stelle gehen sollen, statt stehen zu bleiben, blöd zu grinsen und sich was einzubilden. Es hatte keinen Sinn, um die Gunst einer Frau zu betteln. Schönheiten waren grundsätzlich belegt, das hatte er inzwischen gelernt, obwohl es bis zu seinem Dreißigsten noch ein paar Jährchen hin waren.
    Dreh dich um und geh, ermahnte er sich selbst. Mach dir keine Hoffnungen, fordere das Schicksal nicht heraus, sei zufrieden. Anders lächelte entschuldigend, ging an seinen Schreibtisch, schaltete den Computer ein und surfte uninteressiert auf den mit einem Lesezeichen versehenen Seiten.
    Manchmal war das Leben

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