Geraeuschkiller - Mutige Liebe
Aufgeregte, nervöse Stimmen.
»Keine
Panik«, sagte ein Mann im Radio.
»Das ist
Papa!«, rief Pedro. »Das ist eine Talkrunde mit Papa!«
»Wir müssen
Ruhe bewahren. Herr Sandhuber, Sie als Umweltminister – wie schätzen Sie die
Lage ein?«
»Wir
unternehmen alles Menschenmögliche, um dem Geräuschsterben auf den Grund zu
gehen. Wir kriegen das in den Griff. Da bin ich ganz unbesorgt!«
»Kann der
Gesundheitsminister das bestätigen?«
»Aber
sicher doch! Aber sicher. Wir sind auf einem guten Weg. So wie es aussieht,
greift das Virus wohl nur Schallwellen an. Gesundheitliche Störungen bei Mensch
oder Tier konnten nicht beobachtet werden.«
»Sie
sprechen von einem Virus?«
»Ja. Ein
Virus. Ähm. In der Tat ein Virus.«
»Wie kommen
Sie darauf?«
Ȁhm. Nun
ja. Genaues wissen wir nicht. Aber man kann davon ausgehen, dass es sich um ein
Virus handelt.«
»Das ist
also nur eine Vermutung?«
»Nun ja,
wenn Sie so wollen …«
Der
Umweltminister fügte hinzu: »Wir planen derzeit mit den Regierungen aller
Länder der Welt eine grenzübergreifende, globale Kommission, um der Sache auf
die Spur zu kommen.«
»Dampfplauderer!«,
sagte Pedro.
»Hast Recht.
Da können wir bis zum Sankt Nimmerleinstag warten, bis sich da was tut«, murrte
Knut.
Pedros
Vater hakte nach: »Wie lange wird das dauern?«
»Nun ja,
wir sind schon im Gespräch. – Ich bin zuversichtlich, dass …«, sagte der
Umweltminister.
»Entschuldigen
Sie, ich muss Sie kurz unterbrechen. Gerade kommt eine aktuelle Agenturmeldung
herein«, sagte Pedros Vater.
Und nach
einer Pause, die endlos zu dauern schien, fuhr er fort: »Liebe Hörerinnen und
Hörer.« Sein Tonfall verriet Angst. »Hier ist die neueste Meldung.« Er
räusperte sich. »Auf der ganzen Erde schweigen die Meere. Regen und Donner sind
verstummt. Die Glocken in den Kirchtürmen läuten nicht mehr und ... « Er
kämpfte mit einem Frosch im Hals.
»Die Meere?
Der Donner?«, sagte der Umweltminister tonlos.
Knut
schnaufte. »Weltweit! Kinder, das ist nicht nur vor unserer Haustür passiert!«
Knuts Handy
vibrierte. Er fischte es aus seiner Hosentasche.
»Was ist
mit meinem Handy los? Bimmelt nicht. Hallo? ... Anna!«, sagte Knut. »Ja, Clara
ist da. Es geht ihr gut, keine Sorge. Ich kümmere mich um sie ... Ja, Pedro ist
auch da. Was ist los? – Nein! Das gibt’s nicht!« Er kratzte sich am Kopf. »Die
Apparate bei euch im Krankenhaus sind alle kaputt? – Auch auf der Intensivstation?
Heilige Landratte ... ein Patient ... Nein! ... Ist er tot?« Er schaute
entsetzt zu Clara und Pedro hinüber. »Klar kann sie hier bleiben. – Augenblick,
ich gebe sie dir!«
Er reichte
Clara den Hörer. »Hallo Mama! Was ist los? – Ja, mir geht’s gut! Aber Mama,
stell dir vor ... das Meer ... das Meer ist ... es hat keine Geräusche mehr!
Und der Regen auch! ... Doch, Mama, doch, das gibt es. Wir haben es gerade
selber erlebt! ... Totales Chaos bei euch? ... Nein! Ist er tot? Noch einmal
Glück gehabt! Gott sei Dank! ... Du kommst heute nicht heim? ... Ja,... ich
bleibe bei Knut. ... Ja, ich pass auf.«
Sie legte
den Hörer auf und schlug die Hände vors Gesicht. »Mama sagt, auf der
Intensivstation ist beinahe ein Patient gestorben, weil die
Überwachungsapparate keinen Alarm mehr geben! Sie konnten ihn gerade noch
rechtzeitig wiederbeleben!«
Pedro
fragte: »Dann ist der Geräuschtod jetzt auch im Krankenhaus?«
»So was hab
ich mein Lebtag nicht gehört!« Knut ließ die Arme hängen. »Nu hab ich so viele
Jahre auf dem Buckel. Zur See hab ich die ganze Welt gesehen!« Er kratzte sich
am Hinterkopf. »Aber so was! Kinder, Kinder – wie soll das bloß weitergehen?«
Er drückte
beide fest an sich. »Aber ... «, er räusperte sich, »... irgendwie wird schon
alles in Ordnung kommen! Das verspreche ich euch.«
»Versprich
lieber nichts«, sagte Pedro leise.
»Also nu
hört mal gut zu, Kinder, nichts ist unmöglich, wenn ihr feste dran glaubt! Das
sagt euch euer alter Meerwolf. Und wenn’s noch so duster aussieht, Kinder, gebt
nie auf!« Und er grummelte noch in sich hinein: »Ist eine alte Weisheit der
Samurai. So wahr ich Knut Osorg heiße!«
Plötzlich
hörten sie ein heiseres, abgehacktes Knurren. Unterbrochen von einem
erbärmlichen Gewinsel. Es klang so fremd, so unheimlich, dass sie erschauerten.
Pedro
schrie: »Mitch!«
Der Hund
war aufgesprungen. Er fletschte die Zähne, zog den Schwanz ein und machte einen
Buckel wie eine Katze. Das Rückenfell stand steil
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