Geraeuschkiller - Mutige Liebe
Seit er sich vor 15 Jahren
für den Beruf des Talkmasters entschieden hatte, trainierte er täglich vor dem
Spiegel für seine Auftritte.
»Na – was
hältst du von der Idee, Pedro?«
»Nein!«,
sagte Pedro.
Clara fuhr
zusammen unter seinem schneidenden Ton. Sie beobachtete Pedro verstohlen, der
neben ihr auf der pinkfarbenen Ledercouch saß. Er kniff die Lippen zusammen,
sein Kinn ragte scharfkantig nach oben, er umklammerte Mitch, als wollte jemand
ihm seinen Hund entreißen.
»Lalala –
lelele – lilili – Wohlklang der Stimme, Sohnemann, darauf kommt es an!« Miguel
holte tief Luft und intonierte: »Aaa-eee-iii-ooo-uuu-Aaa-eee-iii..,
Stimmtraining ist alles, mein Sohn, merk dir das!« Er verbeugte sich mit einem
charmanten Lächeln vor seinem Spiegelbild.
»Du hast
den Stillekoller«, sagte Pedro.
»Was habe ich?«
»Die Leute,
die davon befallen sind, labern nonstop wirres Zeug vor sich hin – bloß damit
sie die Stille nicht hören!«
»Sag mal,
was hast du eigentlich für einen Ton drauf! Ich bin der populärste Talk…«
»Die Nummer
eins der Nation«, äffte Pedro ihn nach. »Ich weiß, Papa.«
»Du
könntest froh sein, wenn du auch nur einen Fingerhut von meiner Redegewandtheit
mitbekommen hättest. Stattdessen bist du wie deine Mutter. Stumm wie ein
Fisch!«
»Was weißt
du schon von Mama!«
»Den
verkniffenen Zug um den Mund hast du auch von ihr!«
Pedro
beugte sich nach vorne. »Mama hast du auch vertrieben…!«
Clara hielt
die Luft an. Miguel löste sich von seinem Spiegelbild und wandte sich langsam
seinem Sohn zu.
»Wie redest
du eigentlich mit mir! Bin ich vielleicht schuld daran, dass sie nach
London durchgebrannt ist?«
Pedros
Augen blitzten. »Du nervst!«
»Schämst du
dich nicht, vor deiner kleinen Freundin in diesem Ton mit deinem Vater zu reden?«,
sagte Miguel. »Wenn der Herr Sohn dann mal sein Schweigen bricht, wenn er dann
mal mit der Sprache rausrückt – dann wird er beleidigend!«
»Ach Papa,
mach nicht so viel Gedöns!«
»Sag mal,
Clara, redest du auch so mit deinen Eltern?«
Clara
drückte sich tiefer in das Sofa und schwieg.
»Möchte mal
wissen, was mit dir los wäre, wenn du mal einen Tag lang nichts reden
könntest«, sagte Pedro. »Weißt du, was dann los wäre mit dir?«
»Vorsicht,
Junge. Lass es nicht darauf ankommen, dass mir die Geduld reißt!«
»Nicht vor
deiner kleinen Freundin!«, ätzte Pedro. »Soll ich dir sagen, was los wäre mit dir?«
Miguel
verdrehte theatralisch die Augen.
»Durchknallen
würdest du – weil du dich nämlich selber nicht aushalten kannst. Deshalb
quasselst du am laufenden Band! Nicht mal eine kleine Gesprächspause hältst du
aus.«
»Jetzt mach
aber mal einen Punkt – meine Talks sind ... «,
»Manno!
Papa, sei doch ehrlich. Dich interessiert doch null, was deine Gäste sagen.
Hauptsache, du kommst mit deiner Klappe groß raus bei deiner Show!«
Pedro
presste seinen Hund noch fester an sich. »Aber nicht mit Mitch! Und nicht mit
mir! Keine zehn Pferde bringen mich in deine Talkshow!«
Er stand
abrupt auf, hob Mitch hoch und sagte: »Komm Clara, wir gehen!«
»Okay,
Sohnemann. Dann lass es bleiben. Ich kann dich nicht zwingen.«
Clara
folgte Pedro, da packte Miguel sie am Arm und hielt sie fest. »Aber mit dir ist
das anders, nicht wahr, Clara? Du weißt ja, was deine Mutter und ich besprochen
haben.«
Clara
nickte. Anna hatte ihr von Miguels Plan erzählt. Er wollte sie als
Geräuschkünstlerin in seiner Talkshow vorstellen. In Zeiten wie diesen, sei man
das den Leuten schuldig, meinte er. Nach einigem Überlegen hatte Claras Mutter
zugestimmt. Auch Clara war einverstanden gewesen. Gestern. Aber jetzt, nach dem
Streit zwischen Pedro und Miguel?
»Also,
kleine Geräuschfee, was ist?«
Pedro brauste
auf: »Clara … was soll das?« Sein Blick schleuderte Blitze.
Miguel
stänkerte: »Hey Clara, du wirst doch diese Kratzbürste nicht um Zustimmung
fragen müssen?«
Clara nagte
an ihrer Unterlippe.
»Also was
ist?«, drängte Miguel. »Ich muss es wissen. Und zwar bald. Wenn du nein sagst,
muss ich ruckzuck andere Studiogäste organisieren!«
»Ich mache
mit«, sagte sie leise. »Pedro, bitte sei mir nicht böse!«
Miguel
strahlte. »Hey, das ist megastark, Geräuschprinzessin! Ich bring dich ganz groß
raus.« Er breitete die Arme aus und deklamierte:
»›Die
Geräusche kehren zurück!‹ – Ist das nicht eine Mordsschlagzeile?«
Clara wurde
rot bis zum Hals.
Pedro
presste Mitch fest an sich,
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