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Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Geraeuschkiller - Mutige Liebe

Titel: Geraeuschkiller - Mutige Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Severini
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Glühbirne in den Lüster
gehängt. Sie verbreitete ein trübes Licht. Schwere Vorhänge aus erdbeerrotem
Samt reichten bis zum Boden und verhüllten das einzige Fenster des Raumes.
    Clara stand
an der Türschwelle und zögerte einzutreten, aber Dragu schob sie sanft zum Bett
hinüber. Und sie war zu erschöpft, um zu fragen oder zu protestieren. Schlafen,
nur noch schlafen, dachte sie und ließ sich auf das Bett fallen. Es roch
süßlich nach Moder und Staub. Sie war zu müde, um sich zu ekeln.
    Es tat so
gut, dass Dragu sie behutsam zudeckte. Er zupfte die Bettdecke sorgsam über
ihre Füße und über ihre Schultern, und im Nu war sie eingeschlafen.

Der Fremde
     
    Ein
Schnauben, Saugen und Summen riss Clara aus dem Schlaf. Sie blinzelte. Es war
stockdunkel.
    Das
Geräusch wurde immer lauter und vermischte sich mit rastlosen Schritten, unter
denen die Dielen knarrten. Durch das Schlüsselloch drang Licht.
    Clara
tappte auf Zehenspitzen zur Tür. Vorsichtig drückte sie die Klinke nach unten.
Abgeschlossen! Dragu hatte sie eingesperrt! Sie presste ein Auge auf das
Schlüsselloch. Er hatte den Schlüssel abgezogen, und sie konnte in die
Bibliothek spähen.
    Sie sah nur
den Tisch. Auf ihm stand aufgeklappt der schwarze Koffer. Das Schnauben und
Saugen kam von dort. Jetzt klappte Dragu den Deckel zu und schob den Koffer
unter den Tisch.
    Was hatte
er vor? Machte er sich daran, den Menschen die Sprache zu stehlen? Sie drückte
das Auge fester an das Schlüsselloch, aber sie konnte nicht mehr erkennen.
Dragus Verhalten verriet große Unruhe. Er ging hastig in der Bibliothek auf und
ab.
    Plötzlich
kamen andere, schwerfällige Schritte hinzu. Jemand betrat den Raum, jemand, der
hörbar ein Bein nachzog.
    »Es ist uns
also wieder jemand in die Falle gegangen?«, hörte sie den nächtlichen Besucher
fragen. Ihr Magen krampfte sich zusammen beim Klang seiner Stimme.
    Sie schaute
wieder durch das Schlüsselloch. Umsonst, sie musste sich damit begnügen zu
lauschen.
    »Willst du nicht
antworten?«, fragte der nächtliche Besucher.
    »Es ist ein
Mädchen, fast noch ein Kind«, murmelte Dragu und schwieg. Offenbar wollte er
nicht mehr preisgeben.
    »Aha, hat
wieder mal eine kleine Göre angebissen«, sagte der Fremde und lachte gellend.
»Und – wie ist sie?«, bohrte er weiter.
    »Bis jetzt
hat sie alle Geräusche erraten.«
    Dragu log!
Er wollte sie schützen! Clara wurde ganz leicht ums Herz.
    »Soso, dann
ist es diesmal die Richtige – vielleicht.«
    »Sieht so
aus.« Dragu blieb wortkarg.
    »Arme
Goldschnute, wirst diesmal kein frisches Seelchen zu knabbern kriegen«, der
Fremde humpelte auf den Tisch zu.
    Clara
presste das Auge wieder ans Schlüsselloch. Aber der Mann trat nicht in ihr
Blickfeld.
    »Mach den
Koffer auf«, befahl er. »Ich werde Goldmund schon mal präparieren.« Er lachte
höhnisch. »Für den Ernstfall. Man kann ja nie wissen.«
    »Nein! Du
wirst Goldmund nicht auf sie ansetzen. Ich lass es nicht zu, dass du dem
Mädchen etwas antust!«
    Durch das
Schlüsselloch sah sie Dragus Rücken, er verdeckte den unheimlichen Gast.
    »Was du
nicht sagst«, zischte der. »Das sind ja ganz neue Töne. So was habe ich ja von
dir noch nie gehört.« Und lauernd fragte er: »Was ist mit Ramida? Was passiert
mit deiner Liebsten … he?«
    Clara sah Dragus
Schultern zusammenzucken, als hätte er einen Peitschenhieb bekommen.
    »Aha, so
ist das also«, sagte der Fremde. »Du erinnerst dich auch wieder an Ramida! Hast
also dein Gedächtnis wieder! Die Göre muss richtig gut sein – errät nicht nur
die Geräusche, sie errät sogar deine Geschichte! Was weißt du denn alles über
dich?«
    Dragu
antwortete nicht.
    »Erinnerst
du dich auch an unseren Pakt? Entweder Ramida oder ein Mensch, der alle
Geräusche des versiegelten Smaragg erraten kann. Wenn du mir einen Menschen herbeischaffst,
der das fertig bringt, dann kriegst du im Tausch Ramida zurück. Das war unser
Pakt.«
    Dragu
schwieg.
    »Daran
erinnerst du dich wohl nicht, was!«
    Er bekam
keine Antwort.
    »Mach den
Koffer auf«, befahl der Mann.
    Dragu
rührte sich nicht.
    »Wird’s bald«,
zischte der Fremde.
    »Ich kann
es nicht«, sagte Dragu tonlos. »Ich möchte diesen Pakt … abändern.«
    »Abändern!«
Der Fremde lachte. »Abändern will er den Pakt! Du hast eine Schwäche für die
Kleine, was? Lässt Ramida fallen für die Göre. Muss ja ein besonderes
Dingelchen sein, die Kleine.«
    Seine
Neugier wuchs.
    »Ich werde
Ramida niemals aufgeben.« Dragu

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